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Kommunalabgabenrecht – Teil 12 – Gebührenprinzipien

1.1 Gebührenprinzipien

Das gesamte Kommunalabgabenrecht unterliegt festen Gebührenprinzipien. Diese Gebührenprinzipien folgen teilweise unmittelbar aus der Verfassung, entstehen teilweise aber auch durch einfaches Recht entstehen.

1.1.1 Kostendeckungsprinzip

Das Kostendeckungsprinzip orientiert sich an den tatsächlichen entstehenden Kosten für den Verwaltungsaufwand einer öffentlichen Leistung. So sollen die Kosten dafür zwar gedeckt, aber nicht überschritten werden, sodass der Weg zu einer Gewinnerzielung versperrt ist. Dies ist allerdings kein verfassungsrechtliches Prinzip, sondern ist Sache der Bundesländer. Es obliegt dem jeweiligen Landesgesetzgeber eines Bundeslandes, ob er ein solches normiert oder nicht, wobei der Großteil der Bundesländer (12 an der Zahl) davon Gebrauch gemacht hat.

Bundesländer mit Kostendeckungsprinzip: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein.

Bundesländer ohne Kostendeckungsprinzip: Bayern, Bremen, Saarland, Thüringen.

Das Kostendeckungsprinzip wirkt nicht individualisierend, sondern generalisierend. So sind für die Gebührenbemessung nicht die durch die einzelne Inanspruchnahme entstehenden Kosten maßgeblich, sondern es ist lediglich verboten, die Gebühren insgesamt so zu kalkulieren, dass das Gebührenaufkommen höher als die Kosten ist. Die konkrete Ausgestaltung in den Ländern mit Kostendeckungsprinzip sieht zudem nicht zwingend vor, dass Überschüsse generell unzulässig wären. So kann durchaus ein Gebührenbemessungszeitraum von etwa drei Jahren festgesetzt werden, bei dem aufgrund der Kalkulation im ersten Jahr ein Überschuss erzielt wird, in den beiden Folgejahren dieser Überschuss allerdings durch Verluste wieder ausgeglichen wird. Außerdem kann es vorkommen, dass trotz kostendeckender Kalkulation doch ein Überschuss entsteht.

Beispiel[1]
Die Stadt H betreibt ein Museum, für dessen Besuch eine Gebühr fällig wird. Aufgrund vieler hochkarätiger Ausstellungen kommen deutlich mehr Besucher in das Museum als erwartet. Am Schluss des Geschäftsjahres entsteht daher ein Überschuss von 3 %.

In diesem Beispielsfall ist die Stadt H nicht verpflichtet, allen Gebührenzahlern eine Summe X zurückzuzahlen - was praktisch auch unmöglich sein dürfte -, sondern sie darf die Mehreinnahmen zweckgebunden für die jeweilige Einrichtung behalten. In einem vergleichbaren Fall hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eine Überschreitung von 3 % akzeptiert. Auch wird dadurch der Gebührentarif nicht grundsätzlich rechtswidrig. Allerdings haben einige Bundesländer einen Ausgleichszeitraum vorgesehen, in dem der Überschuss zugunsten der Beitragspflichtigen verwendet werden muss (etwa durch weitere Investitionen in die Ausstattung des Museums). Fernerhin kann die jeweilige Rechtsaufsichtsbehörde (etwa bei den kreisangehörigen Gemeinden der Landkreise) bei jahrelanger Überschusserzielung aufsichtsrechtlich tätig werden, indem sie etwa eine Beanstandung ausspricht und eine Anpassung des Gebührentarifs nach unten verlangt.

1.1..2 Äquivalenzprinzip und Gleichheitsgrundsatz

Das Äquivalenzprinzip besagt, dass zwischen einer Leistung der Verwaltung und dem dafür in Anspruch genommenen Entgelt kein offensichtliches Missverhältnis bestehen darf.[2] Das Äquivalenzprinzip stellt als solches eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar und ist daher unmittelbar von der Verfassung vorgegeben. Was zunächst als engmaschiger Maßstab erscheint, ist in der Praxis jedoch nur selten von den Gerichten als verletzt angesehen worden. Zur Anwendung kommt hier eine eher kursorische Angemessenheitsprüfung, die lediglich grobe Willkür ausschließen möchte und, erst bei evidenter Unverhältnismäßigkeit verletzt ist. Der Satzungsgeber muss also nicht den jeweils "zweckmäßigste[n], vernünftigste[n], gerechteste[n] oder der Wirklichkeit am nächsten kommende[n] Maßstab"[3] anwenden. Gewisse Gebührenunterschiede zwischen den Kommunen sind daher möglich, sodass vor allem die besonderen örtlichen Verhältnisse bei der Gebührenhöhe berücksichtigt werden dürfen. Zudem ist eine Differenzierung bei der Gebührenhöhe u. U. auch zwischen Einwohnern und Auswärtigen zulässig.

Beispiel[4]
Die Stadt A betreibt eine gut laufende Musikschule. Um die Kosten für die Musikschüler, die direkt in A wohnen, gering zu halten, gibt sie pro Musikschüler jedes Jahr einen großzügigen Zuschuss i.H.v. 40 % der Gesamtkosten. Alle auswärtigen Musikschüler erhalten diesen Zuschuss nicht, sondern müssen die volle Gebühr selbst bezahlen.

Auch dieses Beispiel zeigt, dass sich die mit dem Äquivalenzprinzip vom Gesetzgeber bezweckte Steuerungswirkung vielfach nicht realisiert. Unterhalb der durch das Äquivalenzprinzip gezogenen Obergrenze ist der Gleichheitssatz zu beachten, der das ortsgesetzgeberische Ermessen einschränkt und lenkt. Maßgeblich ist dabei insbesondere die Typengerechtigkeit. So ist es zulässig, die gebührenrechtlichen Regelungen in der Weise zu gestalten, dass durch Verallgemeinerungen und Pauschalierungen an Regelfälle eines Sachverhalts angeknüpft wird und die Besonderheiten des Einzelfalls außer Betracht bleiben. Dabei ist jedoch nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts darauf zu achten, dass nicht mehr als 10 % aller Gebührenschuldner dem "Typ" widersprechen.

Praktisch wichtig ist zudem, dass teilweise Gebührenzuschläge erhoben werden können. So steht zudem nicht im Widerspruch zum Äquivalenzprinzip, wenn für Abwasser mit schwer abbaubaren Schadstoffen ein "Starkverschmutzerzuschlag" erhoben wird.[5]


[1] Fußnote

[2] Fußnote

[3] Fußnote

[4] Fußnote

[5] Fußnote

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kommunalabgabenrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Patrick Christian Otto, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-62-5.


 

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Kontakt: olaf.buehler@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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