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Bankzulassungsrecht – Teil 16 – Erlaubnispflichtige Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen nach dem ZAG

3.3.4 weitere Ausnahmen nach § 2 KWG

Aus § 2 Abs. 10 KWG ergeben sich weitere Ausnahmen für die Anlageberatung, Anlagevermittlung, Abschlussvermittlung und für Platzierungsgeschäfte. Finanzinstitute nach § 1 Abs. 1a S. 2 KWG gelten lediglich als Finanzunternehmen nach § 1 Abs. 3 KWG, wenn:

  • keine Bankgeschäfte, sondern nur die aufgeführten Finanzdienstleistungen erbracht werden
  • ausschließlich Geschäfte für Rechnung und unter Haftung eines einzigen Kreditinstitutes oder Wertpapierunternehmen ausgeführt werden
  • das Kreditinstitut oder Wertpapierhandelsunternehmen seinen Sitz im Inland hat oder im Inland tätig ist
  • der BaFin die Haftungsübernahme von dem haftenden Institut angezeigt wird.

Mit Erfüllung dieser Voraussetzungen, wird die Tätigkeit der Finanzdienstleistungsinstitute den haftenden Instituten oder Unternehmen zugerechnet. Die sog. vertraglich gebundenen Vermittler können natürliche oder juristische Personen sein.

Nach Ansicht der BaFin handelt der Vermittler für Rechnung eines einzigen Kreditinstitutes oder Wertpapierhandelsunternehmen, wenn er rechtlich und wirtschaftlich im Rahmen der eingegangenen Vertragsbeziehung in dessen Vertriebsorganisation eingegliedert ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn das haftende Institut seine Kontroll- und Weisungsrechte ordnungsgemäß ausübt. Der Vermittler muss dagegen offen darlegen, dass er in Vertretung agiert. Darüber hinaus werden die Geschäfte unter der Haftung eines Instituts oder Unternehmen ausgeführt, wenn der Kunde im Haftungsfall bei einer Pflichtverletzung des Vermittlers einen unmittelbaren zivilrechtlichen Anspruch gegen das haftende Institut hat und sich daraus in voller Höhe befriedigen kann. Über einen solchen Anspruch muss der Kunde informiert werden.

Beispiel
Die X-GmbH führt Anlageberatungen und -vermittlungen für das Wertpapierhandelsunternehmen SUBA AG aus. Der Mitarbeiter der X-Bank, Herr Bauer, klärt die Kundin, Frau Roth, bei der Beratung nicht richtig über die hohe Risikohaftigkeit der ausgewählten Finanzprodukte auf. Infolgedessen entsteht Frau Roth ein Schaden in Höhe von 10.000 EUR. Hätte sie von den Risiken gewusst, hätte sie die Finanzprodukte nicht erworben. Bei dem Beratungsgespräch wurde ihr mitgeteilt, dass sie sich in einem etwaigen Haftungsfall an die SUBA AG wenden soll.

  • Für Frau Roth war erkennbar, dass die X-Bank in Vertretung des Herrn Bauer für die SUBA AG handelt. Da die SUBA AG die Haftung für etwaige Pflichtverletzungen der X-Bank übernommen hat, kann sich Frau Roth bei ihr schadlos halten.

4 Erlaubnispflichtige Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen nach dem ZAG

Mit der Verabschiedung der europäischen Richtlinie Payment Services Directive (PSD) am 13.11.2007 wurde der Zahlungsverkehr im europäischen Zahlungsverkehrsraum vereinheitlicht und die Gleichbehandlung von Zahlungsdienstlern in der Union sichergestellt. Daneben wurden die aufsichtsrechtliche Kontrolle für Zahlungsdienstleister weiterentwickelt und die Sicherheit von Zahlungsdiensten verbessert. Die Richtlinie wurde in Deutschland im KWG und im Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG) umgesetzt. Im Vergleich zum KWG ist die Hürde für eine Erlaubnispflicht im Bereich des ZAG nicht ganz so hoch. Zur Förderung des nationalen und europäischen Wettbewerbs dürfen mit der Richtlinie nun auch sog. „Zahlungsinstitute“ Dienstleistungen im Zahlungsverkehr anbieten, ohne selbst Kreditinstitut zu sein oder die gesamte Angebotspallette eines Kreditinstituts abdecken zu müssen.(Fußnote) Damit wurde primär ein Rechtsrahmen für die neue Arten, der im Internet tätigen Zahlungsdienstleister geschaffen und die Stellung des Zahlungsdienstnutzers verbessert. Des Weiteren wurde die Beaufsichtigung von Girogeschäften und Finanztransgeschäften aus dem Katalog der erlaubnispflichtigen Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte nach dem KWG herausgenommen und dem Regelwerk des ZAG unterworfen.(Fußnote)

Das ZAG regelt die Beaufsichtigung der Zahlungsinstitute und Zahlungsdienstleistern. Nach dem ZAG können Unternehmen Zahlungsdienste erbringen und das E-Geld-Geschäft nach § 1a Abs. 2 ZAG betreiben, wenn sie die Voraussetzungen des ZAG beachten, ohne dass sie eine Erlaubnis nach dem KWG benötigen. Das E-Geld ist neben dem Zentralbankengeld und dem Buchgeld die neuste Erscheinungsform von Geld. Dieses sog. elektronische Geld wird auf Chip oder Magnetstreifen einer Kunststoffkarte gespeichert. Im Handel kann der monetäre Gegenwert des elektronischen Geldes für Kleinbetragszahlungen eingesetzt werden. Dazu gehört beispielsweise die Geldkarte, auf die an Geldautomaten Beträge bis zu 200 EUR geladen werden können.

4.1 Praktische Anwendung des ZAG

Im Vergleich zum KWG berührt das ZAG Bereiche aus dem täglichen Leben, die man auf den ersten Blick nicht mit dem Bank- und Kapitalmarktrecht in Verbindung bringen würde.

Die Voraussetzungen zur Erteilung der Erlaubnis nach dem ZAG stellen für große Kreditinstitute oder große Anbieter im Onlinemarkt keine unüberwindbare Hürde dar. Aus diesem Grund konnte in den letzten Jahren eine zunehmende Nachfrage nach entsprechenden BaFin-Lizenzen nach dem ZAG beobachtet werden. Aber auch für Finanztransfergeschäfte, Start-Ups sowie für Anbieter von Kunden- oder Prepaidkarten ist die Lizenzvergabe verhältnismäßig überschaubar.(Fußnote) Der stetige Handel von Waren und Dienstleistungen in Internet entwickelte sich in den letzten Jahren so weit, dass nun auch die Abwicklung der Bezahlungen einfach über das Internet möglich ist. Der Käufer muss dafür weder seine Bank für eine solche Überweisung selbst beauftragen, noch sind die Banken bei einer Bezahlung über das Internet unmittelbar beteiligt.

So sind beispielsweise Bonuskarten aus der heutigen Verbraucherwelt nicht wegzudenken. Die Anbieter solcher Bonuskarten erfüllen unter gewissen Umständen den Tatbestand eines erlaubnispflichtigen E-Geld- Instituts, der eine Erlaubnispflicht nach § 8 ZAG nach sich zieht.(Fußnote) Eine solche Erlaubnispflicht nach dem ZAG kommt in Betracht, wenn sich mehrere Händler zusammenschließen, um einen gemeinsamen Bonuspunkteverbund zu gründen. Eine Online- Verbuchung der Bonuspunkte oder eine Speicherung auf der Karte selbst, stellt regelmäßig sog. E-Geld nach § 1a III ZAG dar. E-Geld definiert jeden elektronisch, darunter auch magnetisch gespeicherten monetären Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge durchzuführen. Wie sich aus dieser Definition ergibt, handelt es sich lediglich um virtuelles Geld. Sobald das E-Geld als Bargeld ausgezahlt wird, verliert es seinen Charakter. Bei Bonuskarten tritt eine solche Veränderung praktisch nie ein, da ihr Sinn darin besteht, ein Guthaben in virtueller Form aufzubauen. Gleichzeitig verkörpert das angesammelte Geld einen monetären Wert in Form von Eurobeträgen oder Punkten. Die gesammelten Punkte lassen sich meistens problemlos in Euro umrechnen.

Betreibt jemand ein Bonuskartensystem nach den Voraussetzungen des ZAG ohne eine Erlaubnis nach § 8 a Abs. 1 ZAG, kann dies schwerwiegende Folgen nach sich ziehen bis zu einer strafrechtlichen Verfolgung gem. § 31 I Nr. 2a, II ZAG.

Das ZAG kann aber auch in anderen Fällen ungewollt zur Anwendung gelangen. Die unzähligen gemeinnützigen Vereinigungen, wie die Caritas-Stiftung, die Max-Planck-Förderstiftung und die gemeinnützige Stiftung unter dem Motto „Deutschland rundet auf“ haben eines gemeinsam, sie üben Finanztransfergeschäfte aus, die der Erlaubnispflicht nach dem ZAG unterliegen können.(Fußnote)

Der Finanztransfer beinhaltet in den meisten Fällen aber nur gemeinnützige Mittel. Eine Erlaubnispflicht nach dem ZAG lässt sich umgehen, wenn die Vereine ihre Zahlungsdienste nicht in einem gewerbsmäßigen Umfang oder in einem solchen Umfang erbringen, der einen in kaufmännische Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Der Betrieb darf nicht auf gewisse Dauer angelegt sein und mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt werden. Bei den typischen gemeinnützigen Förderungsvereinen ist davon nicht auszugehen.

Größere Mittelbeschaffungskörperschaften werden sich üblicherweise nicht auf die fehlende Gewerblichkeit ihres Handels berufen können. Daher sollten sie ihre Organisationsstruktur entsprechend gestalten, um der Erlaubnispflicht zu entgehen. Gem. § 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG liegen z.B. keine Zahlungsdienste vor, wenn die Zahlungsvorgänge über einen Handelsvertreter oder Zentralregulierer erfolgen, der befugt ist, den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers auszuhandeln bzw. abzuschließen. Ratsam ist daher die Spende vom Spender über eine Mittler an die Spendenorganisation zu transferieren.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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Normen: § 2 KWG, § 8 ZAG

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