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Bankzulassungsrecht – Teil 15 – kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb

3.3.2.3 Gelegentliche Finanzdienstleistungen durch Freiberufler

Erbringt ein Angehöriger freier Berufe nur gelegentlich Finanzdienstleistungen (z.B. Anlage-, Abschlussvermittlung, Anlageberatung, Platzierungsgeschäft, Finanzportfolioverwaltung, Eigenhandel) unterliegt er nicht der Erlaubnispflicht des KWG. Die Finanzdienstleistungen dürfen allerdings nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses und nicht gewerbsmäßig erbracht werden. Der Freiberufler muss einer Berufskammer angehören.

Daher gehören zu den Fällen der gelegentlichen Finanzdienstleistung durch Freiberufler z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, wenn sie Vermögen im Rahmen einer Pflegschaft, Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung oder Insolvenzverwaltung verwalten.[1]

3.3.2.4 Ausnahmen bei Eigengeschäften, Sortengeschäften und Eigenhandel

Ein Eigengeschäft ist nach § 2 Abs. 6 Nr. 11 KWG von der Erlaubnispflicht befreit, wenn es von einem Unternehmen vorgenommen wurde, das

  • Eigengeschäfte in Finanzinstrumenten betreibt oder
  • Finanzdienstleistungen ausschließlich in Bezug auf Derivate erbringt (z.B. Anlagevermittlung,-beratung, Platzierungsgeschäft, Abschlussvermittlung) und
  • nicht Teil einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns ist, dessen Haupttätigkeit in der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäften liegt
  • die Finanzdienstleistungen des Unternehmens auf der Ebene der Unternehmensgruppe von untergeordneter Bedeutung im Verhältnis zur Haupttätigkeit der Unternehmensgruppe sind.

Ebenso sollen Sortengeschäften gem. § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 12 KWG nicht der Aufsicht unterliegen, wenn ein Unternehmen diese Geschäfte als einige Finanzdienstleistung erbringen und das auch nur als Neben- oder Hilfsgeschäft. Diese Freistellung kommt in erster Linie Hotels, Reisebüros und Kaufhäusern zu Gute.

Der Handel auf eigene Rechnung mit Waren oder Warenderivaten (Eigenhandel) ist nach § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 13 KWG erlaubnisfrei, wenn es für das tätig werdende Unternehmen seine Haupttätigkeit bildet. Gehört das Unternehmen einer Unternehmensgruppe an, darf deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Finanzdienstleistungen iSd. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1-4 lit. a-c oder dem Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2, 8 KWG bestehen.

3.3.2.5 Leasing- Objektgesellschaften

Grundsätzlich sind Finanzierungsleasingverträge als Finanzdienstleistungen nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 10 KWG erlaubnispflichtig. Leasing- Objektgesellschaften sind von dieser Erlaubnispflicht ausgenommen, wenn sie lediglich das Finanzierungsleasing als einzige Finanzierungsdienstleistung betreiben und folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Leasing-Objektgesellschaft wird nur für ein einzelnes Leasing- Objekt tätig
  • Die Leasing-Objektgesellschaft trifft keine eigenen geschäftspolitischen Entscheidungen * Die Gesellschaft wird von einem Institut mit Sitz in der EU verwaltet, welches nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaates die Finanzierungsleasingverträge schließen darf.

3.3.3 kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb

Wird das Bankgeschäft oder die Finanzdienstleistung so ausgeführt, dass kein Umfang erreicht wird, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, besteht keine Erlaubnispflicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb vorliegt, ist der Umfang der Geschäfte.

Die Beurteilung kann an Hand folgender Merkmale vorgenommen werden:

  • der Umsatz
  • der Gewinn
  • die Zahl der getätigten Geschäfte
  • das Eigenkapital
  • die Mitarbeiteranzahl
  • das Auftreten des Unternehmens sowie
  • die eigene Finanzierung.

Die Grenze, ab der ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb vorliegt, hängt von dem Bankgeschäft bzw. der Finanzdienstleistung ab. Dabei kommt es nicht auf jedes Bankgeschäft bzw. jede Finanzdienstleistung für sich an, sondern es sind alle getätigten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen zusammen zu beurteilen.

Grundsätzlich ist es so, dass die Grenze relativ niedrig ist, um einen effektiven Schutz der Kunden zu gewährleisten. Entscheidens ist allerdings stets der Einzelfall. In Zweifelsfällen entscheidet die BaFin nach § 4 KWG.

Beispiel
Herr Luckmann möchte sein eigenes Kreditinstitut in Mannheim gründen. Nach einiger Zeit beschäftigt er zehn Mitarbeiter, erzielt ein Jahresumsatz von 500.000 EUR und beabsichtigt weitere Betriebstätten zu eröffnen.

  • Die Analyse des Unternehmens zeigt, dass der Gewerbebetrieb von Herr Luckmann nach Art und Umfang ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb vorliegt.

Für einige Konstellationen hat die BaFin ein erlaubnisfreies Bagatellgeschäft angenommen, wenn die Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen nicht gewerbsmäßig, d. h. insbesondere nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden.

Ein Bagatellgeschäft liegt danach vor, wenn folgenden Grenzen für Bank- und Finanzdienstleistungen unterschritten werden:

  • Einlagen: 25 angenommene Einlagen oder ein Gesamtvolumen von 12.500 EUR an noch nicht zurückgezahlten Einlagen. Ist das Gesamtvolumen höher als 12.500 EUR, führt das dann noch nicht zu einer Erlaubnispflicht, wenn sich dieses Volumen auf weniger als sechs Einzeleinlagen bezieht.(Fußnote) Die Grenze zum erlaubnispflichtigen Bankgeschäft ist überschritten, wenn 18 Einleger und ein Kapital von 1,09 Mio. EUR gegeben ist. So hat auch der BGH bei einem Darlehensvolumen von 2 Mio. EUR bei 150 Darlehensgebern entschieden.(Fußnote)
  • Kreditgeschäft: Gesamtvolumen noch nicht abgewickelter Darlehen bis zu einer Höhe von 500.000 EUR bei maximal 21 Einzeldarlehen oder bis zu 100 einzelnen Darlehen. Ist das Volumen höher als 500.000 EUR, liegt Bagatellgeschäft unschädlich vor, wenn sich die Darlehenssumme auf weniger als 21 einzelne Darlehen bezieht.(Fußnote)
  • Diskontgeschäft: 100 diskontierte, im Bestand befindliche und noch nicht eingelöste Wechsel oder Schecks oder Gesamtdarlehensvolumen von bis zu 500.000 EUR. Das Gesamtvolumen kann überschritten werden, ohne dass eine Erlaubnispflicht entsteht, wenn es sich um weniger als 21 Wechseln oder Schecks handelt.(Fußnote)
  • Depotgeschäft: Bestand von bis zu fünf Depots oder 25 einzelnen Wertpapieren.(Fußnote)
  • Garantiegeschäft: Gesamtvolumen in Höhe von bis zu 500.000 EUR bei maximal 21 Einzelgarantien oder bis zu 100 einzelne Garantien.(Fußnote)
  • Finanzportfolioverwaltung nach Abs. 1 a Satz 2 Nr. 3 KWG: bis zu drei Portfolios oder bis zu einem Gesamtvolumen von 500.000 EUR. (Fußnote)
  • Abschlussvermittlung nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 2 KWG: wenn im Durchschnitt innerhalb von einem Zeitraum von sechs Monaten weniger als 25 Einzeltransaktionen ausgeführt werden.[Fußnote)
  • Eigenhandel als Dienstleistung nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 4 KWG: wenn im Monat durchschnittlich weniger als 25 Einzeltransaktionen durchgeführt werden.(Fußnote)
  • Drittstaateneinlagenvermittlung nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 5 KWG: wenn im Monat durchschnittlich weniger als sechs Einzeleinlagen und weniger als 12.500 EUR vermittelt werden. Unabhängig von der vermittelten Summe liegt ein Bagatellgeschäft vor, wenn weniger als 25 Einzeleinlagen vermittelt werden.(Fußnote)

Bei der Kombination von Geschäfte, gelten folgende Grenzen:

  • Einlagen- und Kreditgeschäft: bis zu 25 Einzelfälle (Kreditfälle werden nur mit 25 Prozent angesetzt) oder ein Volumen von bis zu 12.500 EUR (Kreditvolumen wird nur mit 2,5 Prozent angerechnet).[Fußnote)
  • Kredit- und Depotgeschäft: bis zu 25 Einzelfälle (Kreditfälle sind nur mit 25 Prozent zu berücksichtigen).(Fußnote)
  • Kredit-, Diskont- und Garantiegeschäft: 100 Einzelfälle oder ein Volumen von 500.000 EUR. Das Volumen kann überschritten werden, ohne dass eine Erlaubnispflicht besteht, wenn es insgesamt bei 21 Fällen bleibt.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
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Normen: § 2 Abs. 6 Nr. 11 KWG, § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 10 KWG

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