Baumängel vor und im Prozess – Teil 16 – Gewährleistungsrechte nach dem BGB-Werkvertrag, Die am häufigsten auftretenden Baumängel
4. Kapitel
Gewährleistungsrechte nach dem BGB-Werkvertrag
4.1. Allgemein zu den Gewährleistungsrechten
Auch nach dem BGB sind Gewährleistungsrechte gegeben. Diese lehnen sich stark an denen des Kaufvertrags an. Hierzu sind unter anderem die §§ 634, 437 BGB heranzuziehen. Liegen nach dem Werkvertragsrecht Mängel vor, kann der Auftraggeber auch hiernach einen Anspruch auf Nacherfüllung geltend machen. Ist dieser erfolglos oder wird er seitens des Unternehmers zurückgewiesen, hat der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer ferner einen Anspruch auf Rücktritt, Minderung des Werklohns oder aber auf Schadensersatz. Nicht außer Acht zu lassen sind zwei weitere Gewährleistungsrechte, die dem Auftraggeber zustehen können, es ist das Recht zur Selbstvornahme und der damit verbundene Aufwendungsersatzanspruch.
4.2. Gewährleistungsrechte vor der Abnahme
Der Bauunternehmer trägt bis zur Abnahme die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Werk mangelfrei ist. Die Mängelgewährleistungsrechte gemäß §§ 634 ff. BGB finden vor der Abnahme noch keine Anwendung. Als Ausnahme gilt nur der Sachverhalt, dass der Auftragnehmer die Leistung erfüllt hat und der Erfüllungsanspruch des Auftraggebers ohne die Abnahme konkretisiert, dadurch die Gefahr auch übergegangen ist.(Fußnote) Dies ist bei dem Annahmeverzug durch den Bauherrn möglich.
4.3. Gewährleistungsrechte nach der Abnahme
Dem Bauherrn stehen nach der Abnahme die Rechte aus §§ 634 ff. BGB zur Verfügung. Nach §§ 634 Nr.1, 635 BGB kann dem Auftraggeber ein Nacherfüllungsanspruch zustehen. Der Auftragnehmer kann demnach entscheiden, ob er das Werk nach der Abnahme neu herstellen möchte oder nur den Mangel beseitigt. Übersteigen die Kosten der Nacherfüllung mehr als deutlich den Werklohn, darf der Unternehmer diese gemäß § 635 Abs.3 BGB verweigern.(Fußnote) Wie bei den Gewährleistungsrechten bei einem VOB/B-Vertrag, sind auch hier weiterhin die Minderung oder die Selbstvornahme (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB) möglich. Der Rücktritt vom Vertrag oder auch die Kündigung sind weitere Möglichkeiten des Auftraggebers. Hierzu muss er dem Auftraggeber zuvor eine Nachfrist für die Herstellung des Werkes gesetzt haben.
4.4. Schadensersatzanspruch Bauherr gegen Bauunternehmer
Schadensersatz bei mangelhafter Errichtung des Werkes kann der Auftraggeber vom Auftragnehmer gemäß gemä§ 634 Nr.4, 280 BGB verlangen. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um Mangelschäden oder auch sogenannte Mangelfolgeschäden handelt.
Mangelschäden sind Schäden, die direkt am Werk durch ein fehlerhaftes Werksteil entstehen kann.
Mangelfolgeschäden sind dagegen Schäden an anderen Gegenständen, welche durch das mangelhafte Werk entstehen können.(Fußnote)
Der Mietausfall, welcher sich zum Beispiel für den Bauherrn durch die nicht pünktlicher Fertigstellung des Bauobjektes ergeben kann, kann bei Erfüllen weiterer Voraussetzungen u. U. einen solchen Mangelfolgeschaden darstellen.
4.5. Schadensersatzanspruch des Bauunternehmers gegen Bauherrn
In den Fällen der Eigenleistungen durch den Bauherrn können sich wiederrum auch Schadensersatzansprüche zu Gunsten des Bauunternehmers entwickeln. Dazu müsste eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden sein, dass der Bauherr vertraglich zur Mitwirkung der Werkserstellung verpflichtet ist. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, hat der Auftragnehmer das Recht den Vertrag zu kündigen oder beispielsweise erhöhte Lohnkosten durch Überstunden bzw. zusätzliche Arbeitskräfte in Form eines Schadensersatzanspruches geltend machen.
5. Kapitel
Die am häufigsten auftretenden Baumängel
Es gibt eine sehr umfangreiche und vielseitige Auflistung von Baumängeln, welche der Bauherr möglicherweise kennt und die am zahlreichsten auftreten. Um auf die häufigsten Mängel vorbereitet sein zu können, folgt eine Auflistung mit entsprechender Erläuterung dazu.
5.1. Risse am Mauerwerk oder Putz
Risse am Mauerwerk oder Putz entstehen durch unsachgemäße Anwendung von Baustoffen, die zudem ungeeignet sein können. Auch nicht aufeinander abgestimmte Baumaterialien können ursächlich für diesen Mangel sein.
5.2. Fensterlaibungen durchfeuchtet
An Bauteilen mit geringer Oberflächentemperatur kommt es in diesem Fall zu Kondensatbildung und in deren Folge zu Durchfeuchtungen und Schimmelbildung.(Fußnote) Die Anschlussstellen zwischen Fenster und Putz sind unsachgemäß durchgeführt. Somit können Wind und Regen durchdringen und zu Schäden an den Fensterlaibungen führen.
5.3. Dampfsperre undicht
Eine Dampfsperre wird mit dem Ziel eingebaut, Wasserdampf aus Gebäuden fernzuhalten. Es ist ratsam, den sogenannten Blower-Door-Test(Fußnote) durchführen zu lassen, um eventuelle Lecks und Löcher umgehend aufzudecken.
5.4. Keller undicht
Hierfür gibt es diverse Ursachen. Nicht nur eine unsachgemäße Ausführung, sondern auch Planungs- und Materialfehler. Beispielsweise kann eine undichte Heizungsleitung, welche unter dem Estrich im Keller geführt wird, zu einem undichten Keller führen.
5.5. Risse in Estrich und Holz
Wenn Dehnungsfugen zu begrenzenden Bauteilen nicht hinreichend dimensioniert oder an der falschen Stelle gesetzt werden, kann dies zu Rissen im Estrich führen. Risse im Holz können ein Sicherheitsrisiko darstellen, da sie die Stabilität eines Bauteils beeinträchtigen können. Ursache ist meist, dass Holz verbaut wurde, das nicht genug trocknen konnte: Durch den Minderung beim Trocknen entstehen diese Risse.
5.6. fehlerhafte Entwässerung der Außenanlagen
Bauherren schenken der Entwässerung von Außenanlagen nicht genügend Beachtung, wie es eigentlich notwendig wäre. Die Bauherren sollten sich von Fachleuten einen Entwässerungsplan erstellen lassen. Das ist bei Hausbauverträgen mit Hausbauplänen in der Regel nicht im Vertrag enthalten. Wenn bei Außenanlagen die Entwässerung nicht genügend gewährleistet wird, kann das Wasser nicht abfließen und es drohen bleibende Feuchtigkeits- und Frostschäden.
Beispiel einer ordnungsgemäßen Baubeschreibung zur Entwässerung:
Sämtliche Schmutzwasserleitungen werden in den erforderlichen Nennweiten bis zur Außenkante des Gebäudes geführt. Bei Häusern mit Keller werden diese Leitungen unterhalb der Kellerdecke verlegt und in frostsicherer Tiefe in den Arbeitsraum geführt. Die Dachentwässerung beinhaltet auch die Fallleitungen bis zum vorhandenen Erdreich.
5.7. undichte Lüftungsanlagen
Es kommt vor, dass Lüftungsanlagen nicht dicht eingebaut werden. Häufigster Mangel ist die Verklebung von Stoßstellen mit ungeeigneten Materialien und der undichte Einbau von Wanddurchführungen. So entstehen Luftströme an der falschen Stelle, was wiederum das Energiesparpotenzial von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung mindert.(Fußnote)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.
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