Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 20 – Zuzahlungen ins Privatvermögen, Verhältnis von § 24 UmwStG zu § 6 Abs. 3 und 5 EStG
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.3.5.2 Zuzahlungen ins Privatvermögen
In den bisher behandelten Fallkonstellationen hat ein in die neu zu gründende Gesellschaft eintretender Gesellschafter, der weder einen Betrieb, Teilbetrieb noch einen Mitunternehmeranteil einbringt, eine Barzahlung ins Gesellschaftsvermögen als Geldeinlage geleistet. Damit wird das eingezahlte Kapital Gesamthandsvermögen der neu zu gründenden Personengesellschaft.
Grundsätzlich besteht daneben jedoch auch die Möglichkeit, dass der Geldgeber seine Einlage nicht auf das betriebliche Bankkonto der zu gründenden Personengesellschaft, sondern auf das private Bankkonto desjenigen zahlt, der einen Betrieb oder einen Mitunternehmeranteil einbringt. Einer derartigen Zahlung gleichgestellt wäre die Übernahme einer privaten Schuld des einbringenden durch den zweiten Gesellschafter.
In diesen Fällen richtet sich die steuerliche Behandlung wiederum danach, ob die Gesellschafter die Buchwertfortführung oder den Ansatz des gemeinen Wertes wünschen.
5.3.5.2.1 Einbringung zu Buchwerten
Eine Buchwertfortführung kommt in diesen Fällen grundsätzlich nur insoweit in Betracht, wie der einbringende Gesellschafter im Anschluss an der Personengesellschaft beteiligt ist. Eine Zuzahlung des Geldgebers in das Privatvermögen führt insoweit zu einer Veräußerung der Anteile an den Wirtschaftsgütern des Betriebes des Einbringenden. Die Einbringung des Betriebes stellt dann in Höhe der Beteiligungsquote des Geldgebers (veräußerte Anteile = gemeiner Wert) eine Einlage für Rechnung des zuzahlenden Gesellschafters dar.
Die anteilige Veräußerung an den Geldgeber stellt einen Geschäftsvorfall des einzubringenden Betriebs dar. Dabei wird folgender Ablauf fingiert:
Der durch die Veräußerung erzielte Veräußerungserlös wird vor der Einbringung zum Betriebsvermögen entnommen. Anschließend wird der restliche Betrieb so eingebracht, wie er sich nach der Entnahme des Veräußerungserlöses noch darstellt. Der Gewinn, der durch die Zuzahlung ins Privatvermögen entsteht, kann nicht durch eine negative Ergänzungsbilanz vermieden werden, der Veräußerungsgewinn ist als laufender Gewinn voll der Besteuerung zu unterwerfen, da kein Vorgang i.S. des § 16 EStG vorliegt. Die Vergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG kommen folglich ebenfalls nicht zu Anwendung, da nicht alle stillen Reserven aufgedeckt wurden. Diese wurden nur anteilig in Höhe des Anteils des Geldgebers aufgedeckt.
Beispiel
A ist Einzelunternehmer, sein Betriebsvermögen beträgt zum 31.12.01 200.000 € (Buchwerte) bzw. 600.000 € (gemeiner Wert). Zum Privatvermögen des A gehört auf diesen Stichtag ein Girokonto bei der Bank, das einen Saldo von -100.000 € ausweist. Mit Ablauf des 31.12.01 wird das Einzelunternehmen des A in die mit B auf diesen Stichtag gegründete A & B oHG eingebracht. Da A und B zu je 50 % an der oHG beteiligt sein sollen, leistet B am 31.12.01 eine Zahlung von 300.000 € auf das Girokonto des A bei der Bank.
In der Eröffnungsbilanz der oHG werden die eingebrachten Wirtschaftsgüter mit den gemeinen Werten angesetzt. Zusätzlich wird eine negative Ergänzungsbilanz für A aufgestellt, in der in Höhe der Mehrwerte, die sich aus dem Ansatz des gemeinen Werts in der Bilanz gegenüber den bisherigen Buchwertansätzen ergeben, Passivposten und ein entsprechendes Minderkapital ausgewiesen werden. Auf diese Weise soll das Entstehen eines Einbringungsgewinns vermieden werden.
- Da die Zuzahlung des B in das Privatvermögen des A geleistet wurde, erfolgt die Einbringung des Betriebes des A anteilig für Rechnung des B. Insoweit stellt sie sich als Übertragung von anteiligen Wirtschaftsgütern gegen Entgelt dar, so dass § 24 UmwStG keine Anwendung findet. § 24 UmwStG erfasst nur solche Einbringungen von Betriebsvermögen, die für eigene Rechnung des Einbringenden vollzogen werden, d.h. nur insoweit, als der Einbringende durch die Einbringung die Rechtsstellung eines Gesellschafters und Mitunternehmers der neuen Personengesellschaft erlangt.
- Soweit der Gewinn durch die Einbringung für eigene Rechnung des A entstanden ist, lässt § 24 Abs. 2 UmwStG die Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz zu. Der Wert der (nichtbegünstigten) Zuzahlung beträgt 300.000 €, bezogen auf den gemeinen Wert des eingebrachten Betriebes (600.000 €), also 50 %. Vom Gewinn aus der Einbringung in Höhe von 400.000 € sind deshalb 50 % = 200.000 € als Veräußerungsgewinn nicht neutralisierbar. Die andere Hälfte der aufgedeckten stillen Reserven darf zulässig durch eine Ergänzungsbilanz für A neutralisiert werden. Bei dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 200.000 € handelt es sich um einen laufenden Gewinn.(Fußnote)
- In derartigen Fällen nimmt die Finanzverwaltung im Einzelfall missbräuchliche Gestaltungen an. Dies insbesondere dann, wenn ein Betrieb zu Buchwerten und auch die Geldzahlung zunächst in das neue Betriebsvermögen eingebracht werden, der Einbringende jedoch kurze Zeit später die eingebrachte Geldzahlung in sein Privatvermögen entnimmt bzw. nach gesellschaftsrechtlicher Vereinbarung größere Entnahmen tätigen darf. In diesem Fall gilt die Zahlung des Geldgebers als direkt in das Privatvermögen geleistet.(Fußnote)
5.3.5.2.2 Einbringung zum gemeinen Wert
Wird das eingebrachte Betriebsvermögen bei der übernehmenden Personengesellschaft mit dem gemeinen Wert angesetzt, werden die in dem eingebrachten Betrieb gebildeten stillen Reserven in vollem Umfang aufgedeckt, selbst wenn die Zuzahlung des Geldgebers in das Privatvermögen des Einbringenden erfolgt. Deshalb sind die Tarifbegünstigungen gem. § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 16 Abs. 4 und § 34 EStG grundsätzlich anwendbar.
Der Bundesfinanzhof hat diesen Fall so gesehen, dass zunächst das gesamte Einzelunternehmen in die Personengesellschaft eingebracht wird und anschließend der bisherige Einzelunternehmer einen Teil seines Mitunternehmeranteils veräußert hat.(Fußnote) In diesem Fall werden die gesamten stillen Reserven aufgedeckt, so dass dem Grundsatz nach ein begünstigter Veräußerungsgewinn gem. den §§ 16, 34 EStG vorliegt. Dies gilt jedoch nicht, soweit ein Gesellschafter an sich selbst veräußert (hier also zu 50%), vgl. § 24 Abs. 3 Satz2 UmwStG iVm. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG.
Der nichtbegünstigte Gewinn in Höhe von 50 % ist als laufender Gewinn zu versteuern, für die andere Hälfte des Veräußerungsgewinns kann der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 und ggf. der Freibetrag gem. § 16 Abs.4 EStG in Anspruch genommen werden.
Der Fall ist somit als Einbringung des gesamten Betriebsvermögens zu gemeinen Werten in die neue Personengesellschaft anzusehen. In einem zweiten Schritt wird dann der 50 %ige Anteil an der Personengesellschaft an den Gesellschafter B veräußert, da dies gedanklich nach Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt, entsteht insoweit kein weiterer Veräußerungsgewinn.
5.3.5.3 Verhältnis von § 24 UmwStG zu § 6 Abs. 3 und 5 EStG
Die §§ 24 UmwStG, 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG ermöglichen alle steuerneutralen Umstrukturierungsvorgänge zu Buchwerten. Da im Grundsatz unterschiedliche Umstrukturierungsvorgänge von den genannten Vorschriften erfasst werden, ergeben sich grundsätzlich keine Überschneidungen. Problematisch kann jedoch das Verhältnis zwischen § 24 UmwStG und § 6 Abs. 3 EStG in den Fällen werden, in denen es um die unentgeltliche Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen geht.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
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Carola Ritterbach
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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