Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 21 – Entgeltliche Aufnahme eines Gesellschafters
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.4 Entgeltliche Aufnahme eines Gesellschafters
Bei der entgeltlichen Aufnahme eines Gesellschafters handelt es sich um die erstmalige Gründung einer Personengesellschaft, wenn die entsprechende Person in das Einzelunternehmen seines zukünftigen Mitgesellschafters eintritt. In diesen Fällen ist im Rahmen der Gründung auf die Vorschrift des § 24 UmwStG zurückzugreifen.
Sofern ein zusätzlicher Gesellschafter in eine bereits bestehende Personengesellschaft gegen Entgelt eintreten soll, wird die Identität der aufnehmenden Personengesellschaft zivilrechtlich nicht berührt. Handelsrechtlich ist aus diesem Grund keine neue Eröffnungsbilanz mit Eintritt des neuen Gesellschafters zu erstellen.
Steuerlich ist dagegen zu beachten, dass § 24 UmwStG auch in den Fällen zur Anwendung kommt, in denen ein neuer Gesellschafter in eine zivilrechtlich bereits bestehende Gesellschaft eintritt. Der Grundgedanke des § 24 UmwStG liegt in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, dass mit Eintritt des neuen Gesellschafters die Alt-Gesellschafter ihre jeweiligen Mitunternehmeranteile einbringen und diese Einbringung zu der „Gründung“ einer neuen Personengesellschaft führt, auch wenn diese zivilrechtliche identisch mit der bereits bestehenden Gesellschaft ist.
Beispiel
Die A und B oHG erstellt folgende Schlussbilanz zum 31.12.01: Auf der Aktivseite befindet sich das Anlagevermögen von 200.000 und das Umlaufvermögen von 150.000 mithin eine Bilanzsumme von 350.000. Bei der Passivseite befindet sich Kapital A von 175.000 und Kapital B von ebenfalls 175.000 mithin eine Bilanzsumme von 350.000.
A und B sind zu jeweils 50 % am Gewinn und an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt. Mit Wirkung zum 01.01.02 soll C als weiterer Gesellschafter in die oHG eintreten. Aus diesem Grund erstellen A und B zunächst folgende Vermögensbilanz, in der die einzelnen Wirtschaftsgüter mit ihren Teilwerten angesetzt werden: Das Anlagevermögen mit 500.000, Firmenwert mit 100.000 und Umlaufvermögen mit 200.000 mithin eine Bilanzsumme von 800.000. Auf der Passivseite befindet sich Kapital A und B von jeweils 400.000 mithin eine Bilanzsumme von 800.000.
Ab dem 01.01.02 sollen alle Gesellschafter zu jeweils einem Drittel am Gewinn und an den stillen Reserven beteiligt werden, der neu hinzutretende Gesellschafter C soll eine Einlage von 400.000 € ins Gesellschaftsvermögen leisten. Er kommt seiner Verpflichtung dadurch nach, dass er ein vor 15 Jahren erworbenes unbebautes Grundstück (Verkehrswert 400.000 €) aus seinem Privatvermögen in die Personengesellschaft einlegt.
- A und B bringen ihre Mitunternehmeranteile an der A & B oHG in die „neue“ Personengesellschaft (ABC oHG) ein. Dieser Einbringungsvorgang ist nach § 24 UmwStG zu bewerten. Die „neue“ Personengesellschaft hat deshalb die Wahl, die eingebrachten Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert, dem gemeinen Wert oder einem Zwischenwert anzusetzen.
- C bringt dagegen ein Grundstück aus seinem Privatvermögen ein, dies ist gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG mit dem gemeinen Wert zu aktivieren, da die Übertragung im Rahmen eines tauschähnlichen Vorgangs erfolgt. Es liegt kein Spekulationsgeschäft i.S. des § 23 EStG vor, da die 10-Jahres-Frist überschritten wurde.
- In dieser Fallkonstellation ist es zweckmäßig, hinsichtlich der Eröffnungsbilanz die Teilwerte anzusetzen, damit aus der Gesamthandsbilanz ohne weiteres die Beteiligungsverhältnisse ersichtlich sind. Die ABC oHG stellt daher folgende Eröffnungsbilanz auf den 01.01.02 auf:
- Das Anlagevermögen wird mit 500.000, der Firmenwert mit 100.000 und das Umlaufvermögen mit 200.000 angesetzt. Auf der Passivseite ist das Kapital von A, B und C jeweils mit 400.000 anzusetzen. Mithin ergibt sich eine Bilanzsumme von insgesamt 1.200.000.
- A und B wollen die Versteuerung ihrer stillen Reserven vermeiden, so dass die ABC oHG den Antrag auf Buchwertfortführung stellt. Dies führt dazu, dass zum Ausgleich der erhöhten Kapitalkonten (negative) Ergänzungsbilanzen für die Gesellschafter A und B zu erstellen sind. Für die Gesellschafter A und B ist jeweils folgende negative Ergänzungsbilanz auf den 01.01.02 aufzustellen: In der Ergänzungsbilanz sind auf der Aktivseite einerseits das Minderkapital von 225.000 anzusetzen und andererseits auf der Passivseite der Minderwert für das Anlagevermögen von 150.000, dem Firmenwert von 50.000 und dem Umlaufvermögen von 25.000. Mithin ergibt sich eine Bilanzsumme von 225.000. Bei keinem der Gesellschafter entsteht ein Gewinn, dies wäre anders zu beurteilen, wenn A und B keine negativen Ergänzungsbilanzen aufstellen und keinen Antrag auf Buchwertfortführung stellen. In diesem Fall läge ein Veräußerungsvorgang zum gemeinen Wert vor, der insgesamt zu einem Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG in Höhe von 450.000 € führen würde. Dieser wäre nach § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG nur zu einem Teil nach § 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 1 und 3 EStG begünstigt, nämlich nur in der Höhe, in der A und B nicht an sich selbst veräußert haben.
- A und B waren bisher zu je 50 % an der „alten“ oHG beteiligt, an der „neuen“ Personengesellschaft sind sie zu jeweils einem Drittel beteiligt. Daraus folgt, dass jeder Gesellschafter ein Drittel seiner Beteiligung an den neuen Gesellschafter C veräußert und zwei Drittel seiner bisherigen Beteiligung behält. Aus diesem Grund sind die Gewinne von A und B in Höhe von je 225.000 € zu jeweils zwei Drittel (= je 150.000 €) als nichtbegünstigter laufender Gewinn und zu jeweils einem Drittel (= je 75.000 €) als ein nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
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Carola Ritterbach
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Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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