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Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 20 – Gütergemeinschaftsmodell, Gütertrennungsmodell

3.6.3.1 Gütergemeinschaftsmodell

Durch das Gütergemeinschaftsmodell wird eine Zusammenführung der Vermögensmassen der Ehepartner erreicht. Jeder Ehepartner überträgt sein bereits vorhandenes Vermögen hälftig auf den jeweils anderen.

Ist der überlebende Ehegatte kein Elternteil der Abkömmlinge, wird durch die Gütergemeinschaft die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge reduziert. Dies rührt daher, dass durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft zunächst die erbrechtliche Stellung des Ehegatten nach § 1931 Abs. 1 BGB herbeigeführt wird, wonach er neben Kindern des Erblassers zu 1/4 am Nachlass beteiligt ist. Aufgrund der Vergemeinschaftung des Vermögens der Ehegatten relativiert sich der Anteil am Nachlass für die Abkömmlinge des Erblassers. Werden diese vom Erblasser enterbt, können sie zwar einen Pflichtteil verlangen, doch dieser ist im Verhältnis zum Pflichtteil, den sie bei dem Bestehen der Gütertrennung oder der Zugewinngemeinschaft erhalten hätten, geringer.

Die Gefahr eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Abkömmlinge aufgrund der Vereinbarung der Gütertrennung besteht nicht. Grund dafür ist, dass die Übertragung des Vermögens im Rahmen der Gütergemeinschaft aus zivilrechtlicher Sicht keine "Schenkung" darstellt, die sonst nach § 2325 Abs. 1 BGB zum Pflichtteilsergänzungsanspruch führt.[1] Maßgeblich für eine Schenkung ist nämlich die Freiwilligkeit der Vermögensverschiebung. Zwar beruht die Vermögensübertragung mittelbar auf der freiwilligen und einvernehmlichen Entscheidung der Ehegatten, das Vermögen zu vergemeinschaften, doch wird die Rechtsfolge durch Gesetz ausgelöst. Die Vermögenszusammenführung stellt also keinen freiwilligen, auf dem unmittelbaren Willensentschluss des Unternehmers beruhenden Vermögensübergang dar. Die Ehegatten vereinbaren damit keine unentgeltliche Vermögensübertragung im zivilrechtlichen Sinne, sondern der Vorgang des Güterstandswechsels stellt einen familienrechtlichen Vertrag dar, der auf der Ehevertragsfreiheit beruht und daher keine Pflichtteilsergänzungsansprüche auslöst.[2]

Beispiel
Unternehmer U hat ein Vermögen von 9.000.000 EUR. Seine Ehefrau F, mit der er zunächst in Gütertrennung lebt, hat kein nennenswertes Vermögen. U hat ein Kind K, aus einer vorherigen Ehe; mit F hat er keine Kinder. K soll im geringsten Maße an dem Vermögen des U nach seinem Tod teilhaben. U und F vereinbaren Gütergemeinschaft, wodurch die 9.000.000 EUR gemeinschaftliches Vermögen werden.

  • Nach dem Tod des U ist die F neben K zu 1/4 erbberechtigt. Sie erhält von 4.500.000 EUR 1/4 und K 3/4. Hätten U und F beim Erbfall in Gütertrennung gelebt, wäre K zu 3/4 an den 9.000.000 EUR erbberechtigt. Wenn U den K enterbt, kann er einen Pflichtteilsanspruch gelten machen, der 3/8 von 4.500.000 EUR beträgt. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch aufgrund der "verlorenen" 4.500.000 EUR, die im Rahmen der Gütergemeinschaft zwischen F und U vergemeinschaftet wurden, scheidet aus.

Bei dieser Konstellation stellt es sich aber als problematisch dar, dass der Unternehmer zum Schutz des Unternehmervermögens vor Pflichtteilsansprüchen von seinen Abkömmlingen dieses auf seinen Ehegatten im Wege der Gütergemeinschaft übertragen muss. Auch dieser Vorgang ist ein unternehmerisches Risiko und muss deshalb im Vorfeld abgewogen werden.

3.6.3.2 Gütertrennungsmodell

Durch den Wechsel von der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung wird ein vorzeitiger Zugewinnausgleichsanspruch fällig. Der vermögendere Ehegatte muss dem weniger vermögenden Ehegatten den während der Ehe erwirtschafteten Zugewinn ausgleichen. Dadurch wird, wie bei der Vereinbarung der Gütergemeinschaft, Vermögen zwischen den Ehegatten verschoben. Erbrechtliche Konsequenz ist, dass der überlebende Ehepartner bei bestehender Gütertrennung neben Abkömmlingen des Erblassers zu gleichen Teilen am Nachlass berechtigt ist (§ 1931 Abs. 4 BGB). Besteht die Konstellation, dass der vermögendere Ehegatte Kinder hat, denen er so wenig wie möglich Anteile an seinem Nachlass zukommen lassen möchte und sind diese Kinder mit dem anderen Ehegatten nicht verwandt, kann die Vereinbarung der Gütertrennung mit der Pflicht zum vorzeitigen Zugewinnausgleich ein gutes Mittel sein, um Pflichtteilsansprüche wertmäßig zu reduzieren. Stirbt nämlich der vermögendere Ehegatte zuerst, ist sein Nachlass wertmäßig geringer, als wenn in diesem Zeitpunkt noch die Zugewinngemeinschaft bestanden hätte. Damit sind auch das Erbe und somit auch der Pflichtteil der Abkömmlinge geringer. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch scheidet aus, da es sich bei der Vereinbarung und Änderung von Eheverträgen nicht um ein unentgeltliches Geschäft im Sinne des § 2325 Abs. 1 BGB handelt.[3]

Beispiel
Unternehmer U und seine Frau F leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie haben keine Kinder, aber U hat aus einer vorangegangenen Ehe zwei Kinder, S und T. U hat während der Ehe mit F einen Zugewinn von 10.000.000 EUR erwirtschaftet, F ist nicht erwerbstätig und weist demnach keinen Zugewinn auf. U und F vereinbaren die Gütertrennung, weshalb die Zugewinngemeinschaft aufgelöst werden muss und F 5.000.000 EUR erhält.

  • Stirbt U und will er seine Kinder S und T nicht am Erbe teilhaben lassen, erbt die F nach § 1931 Abs. 4 BGB 1/3 neben den Kindern S und T. Da die Kinder aber von der Erbfolge ausgeschlossen sind, können sie nur einen Pflichtteilsanspruch geltend machen, womit sie jeweils 1/6 von 5.000.000 EUR erhalten. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch steht ihnen nicht zu.

Nicht außer Acht gelassen werden darf aber der Fall, dass es unerwartet zu einem früheren Todesfall des nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten kommt. Dann ist das auf diesen übertragene Vermögen möglicherweise aufgrund des Güterstandes der Gütertrennung sogar erhöhten Pflichtteilsrisiken ausgesetzt. Angedacht werden kann deshalb, dass eine nach Eintritt der Gütertrennung baldige Rückkehr in den Ausgangsgüterstand der Zugewinngemeinschaft vorgenommen wird. Insoweit ist aber zu beachten, dass ein solches Vorgehen (Güterstandsschaukel), das offensichtlich nur dem Zweck der Pflichtteilsreduzierung diente, als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden und somit gerichtlich angreifbar sein kann.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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