Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 22 – Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertangaben
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
8.2 Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertangaben
In den Fällen der unentgeltlichen Wertabgaben fehlt es an einem Entgelt. Abhängig von der Art der Wertabgabe wird die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG über Ersatzwerte bestimmt.
8.2.1 Der Lieferung gleichgestellte Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b UStG
Bei einer der Lieferung gleichgestellten Wertabgabe bestimmt sich gemäß § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG die Bemessungsgrundlage nach dem Einkaufspreis zzgl. Nebenkosten für den Gegenstand oder einen gleichartigen Gegenstand oder - mangels eines Einkaufspreises - nach den Selbstkosten. Abzustellen ist jeweils auf die Preisverhältnisse im Zeitpunkt der Entnahme.
Vom Einkaufspreis zzgl. Nebenkosten und von den Selbstkosten wird alles umfasst, was der Unternehmer aufwenden muss, um das Wirtschaftsgut von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Auch die Selbstkosten umfassen die Nebenkosten, wie z.B. Verpackungs-, Beförderungs-, Provisions- und Versicherungskosten.
Die USt auf die gleichgestellte Lieferung gehört nach § 10 Abs. 4 S. 2 UStG ebenso wenig zur Bemessungsgrundlage wie die an Vorunternehmer geleistete Umsatzsteuerbeträge, die als Vorsteuer abziehbar sind und deshalb keinen Kostenfaktor darstellen.
In der Regel entspricht der Einkaufspreis den Wiederbeschaffungskosten. Dies ist der Betrag, den der Unternehmer für die Wiederbeschaffung des Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt der Entnahme aufwenden muss. Ab dem Zeitpunkt der Anschaffung eingetretene Preisänderungen sind somit zu berücksichtigen.
Von den Selbstkosten sind alle durch den betrieblichen Leistungsprozess entstehenden Kosten für das Wirtschaftsgut umfasst, die sich aus der Kostenrechnung des Betriebes ergeben.
Beispiel
Der Karlsruher Einzelhändler Herr M nimmt aus seinem Supermarkt Waren mit, die er kurz zuvor für 100 € + 19 € USt = 119 € erworben hat, mit nach Hause. U hat einen Vorsteuerbetrag in Höhe von 19 € abgezogen.
- Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der USt beträgt 100 €. Die Wiederbeschaffungskosten entsprechen den Anschaffungskosten, weil die Waren unmittelbar nach der Beschaffung entnommen wurden und keine Einkaufspreisänderung stattgefunden hat.
8.2.2 sonstige Leistungen gem. § 3 Abs. 9a UStG
Bei den einer sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9a UStG gleichgestellten Wertabgaben sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 UStG die bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Dies sind die Aufwendungen, die im Sinne des Einkommensteuergesetzes den Gewinn mindern (z.B. Personalkosten, Telefonkosten, Materialeinsatz).
Abziehbare Vorsteuerbeträge gehören ebenso wenig wie kalkulatorische Kosten (z.B. der Unternehmerlohn) zur Bemessungsgrundlage, da diese keinen Aufwand und damit keinen Kostenfaktor für den Unternehmer darstellen.
Beispiel
Der Karlsruher Bauherr Herr S baut für seinen Bruder ein kleines Haus. Er verwendet dabei Material aus seinem Lager in Höhe von 10.000 € netto. Auf seinen Mitarbeiter, der beim Bau mithilft, entfällt Arbeitslohn und Lohnnebenkosten in Höhe von 2.500 €.
- Die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche sonstige Leistung beträgt 12.500 €.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017