Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 23 – Qualifizierte Nachfolgeklausel, Eintrittsklausel
3.7.2.1.1.2 Bestimmung der Geschäftsführerbefugnis
Zudem kann vereinbart werden, welchem neu eintretenden Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertreterstellung zukommen sollen.
Damit kann sichergestellt werden, dass nur die Gesellschafter leitenden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können, die auch mit Interesse am Gesellschaftserfolg und entsprechender Kompetenz ihre Gesellschafterstellung innehaben.
3.7.2.1.1.3 Bestimmung des Stimmrechts
Außerdem kann vereinbart werden, welche neu eintretenden Gesellschafter ein volles oder auf bestimmte Bereiche beschränktes Stimmrecht haben sollen.
Angelehnt an die obige Problematik kann geregelt werden, ob ein gesellschaftsrechtliches Stimmrecht vollständig ausgeschlossen oder auf konkrete Bereiche beschränkt werden soll. Zu überlegen wäre z.B., einen nicht ausgebildeten Gesellschafter die Einflussnahme auf sich finanziell auswirkende Entscheidungen zu verbieten, ihm aber die Möglichkeit der Beteiligung an übrigen Entscheidungen, wie bspw. die Aufnahme eines neuen Gesellschafters, zu belassen.
3.7.2.1.2 Qualifizierte Nachfolgeklausel
Die qualifizierte Nachfolgeklausel ermöglicht es, das Interesse des Unternehmens an der Fortführung mit einem oder mehreren konkreten Erben gesellschaftsvertraglich durchzusetzen. Damit wird die Gesellschafterstellung durch die Klausel im Gesellschaftsvertrag nur für denjenigen vererbbar, der in dieser Klausel ausdrücklich genannt ist.
Beispiel
Unternehmer U hat eine Gesellschaftsbeteiligung an der Y-OHG. Durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zwischen U und den übrigen Gesellschaftern wurde der Sohn des U, S, als qualifizierter Nachfolger des U bestimmt.
- Nur S kann nach dem Tod des U in die Gesellschafterstellung einrücken. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass U den S auch zum Erben einsetzt bzw. die gesetzliche Erbfolge eintritt und S automatisch berücksichtigt wird.
Beerben den Unternehmer mehrere Erben, kann es zu der Situation kommen, dass der zur Erbmasse gehörende Gesellschaftsanteil des Erblassers mehr wert ist, als dem Gesellschaftserben nach seiner Erbquote zukommen soll. Der Gesellschaftserbe erhält die Gesellschaftsstellung als Ganzes und nicht anteilig, entsprechend seiner Erbquote.(Fußnote) Entsteht dadurch ein Ungleichgewicht, muss er den nicht berücksichtigten Erben einen Ausgleichanspruch in der Höhe, in der die Gesellschaftsbeteiligung wertmäßig über der Erbquote des Gesellschaftserben liegt, bezahlen.(Fußnote)
Dieser Ausgleichsanspruch kann je nachdem, wie hoch die konkrete Forderung ist, die Gesellschafterstellung finanziell stark belasten. Um dieser Liquiditätsbelastung aus dem Weg zu gehen, kann der Erblasser den Gesellschaftsanteil dem Gesellschaftserben im Wege eines Vorausvermächtnisses zukommen lassen.(Fußnote) Dadurch würde dem Unternehmensnachfolger der Ausgleichsanspruch erlassen. Möglich ist es, mit den Erben, denen die Gesellschafterstellung nicht zugewiesen wurde, eine Abfindungsvereinbarung zu treffen. Denkbar wäre der Inhalt, dass sich der Unternehmensnachfolger und die übrigen Erben auf eine bestimmte Abfindung oder über einen bestimmten Wert der gesellschaftlichen Beteiligung einigen. Dadurch könnten Schwierigkeiten bei der Erbauseinandersetzung vermieden werden.
3.7.2.1.3 Eintrittsklausel
Eine Eintrittsklausel gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren empfiehlt sich dann, wenn nicht ein Erbe eines verstorbenen Gesellschafters, sondern ein Dritter an die Stelle des Ausgeschiedenen treten soll. Der in der Klausel genannte Dritte hat gegen die Gesellschaft einen Anspruch als Gesellschafter aufgenommen zu werden, womit das Erbrecht bei dieser Regelung keine Rolle spielt. Zudem ist es möglich, dass die konkrete Person des Dritten bis zum Tod des Gesellschafters offen bleibt und daraufhin von einem Dritten bestimmt werden kann. Da die Eintrittsklausel dem Berechtigten aber nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eintritt in die Gesellschaft einräumt, ist damit noch nicht entschieden, dass dieser dieses Recht wahrnehmen wird. Eine gewisse Unsicherheit, wie die Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters weitergeführt wird, ist mit der Eintrittsklausel unumgänglich verbunden.(Fußnote)
Selbstverständlich kann dem Erben des Unternehmers statt eines automatischen Einrückens über eine Nachfolgeklausel auch ein schuldrechtlicher Anspruch auf Eintritt in die Gesellschaft durch eine Eintrittsklausel zugesprochen werden. Hat der verstorbene Gesellschafter Erben, die durch diese Klausel nicht bedacht wurden, steht diesen nach §§ 736, 738 Abs. 1 BGB gegen die Gesellschaft ein Ausgleichsanspruch zu.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017