Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 22 – Unternehmensbezogene Nachfolgeregelungen
3.7 Unternehmensbezogene Nachfolgeregelungen
Je nach Unternehmen bestehen unterschiedliche Regelungen.
3.7.1 Einzelkaufmann
§ 22 HBG besagt, dass ein Einzelhandelsgeschäft vererblich ist. Es fällt mit seinen Aktiva und Passiva in den Nachlass des Erben.
3.7.2 Im Gesellschaftsvertrag
Unternehmer und Gesellschafter haben aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihrer Erfahrenheit und wegen des gesellschaftlichen Zusammenhalts eine Sonderstellung. Vordergründig steht der Zusammenschluss der Gesellschafter, der auf Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung beruht. Damit ist die Personengesellschaft in besonderem Maße an einem Zusammenhalt der personellen Struktur, das heißt am Erhalt oder an der Beteiligung über die Auswahl des Gesellschafterbestands, interessiert.
Deshalb besteht eine Nachfolgeproblematik, wenn es darum geht, einen Unternehmer oder Gesellschafter aufgrund seines Todes durch einen anderen "zu ersetzen". Aufgrund dieser besonderen Stellung gibt das Handels- und Gesellschaftsrecht Grenzen vor, die im Rahmen der erbrechtlichen Nachfolgegestaltung einzuhalten sind. Damit kann nur das erbrechtlich zulässig und zielführend sein, was handels- und gesellschaftsrechtlich oder durch Gesellschaftsvertrag erlaubt ist. Deshalb gilt grundsätzlich: Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht.(Fußnote)
Wenn ein Gesellschafter verstirbt, sehen die verschiedenen Gesellschaftsformen jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen vor:
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): § 727 Abs. 1 BGB ordnet die Auflösung der Gesellschaft an. Diese Rechtsfolge kann nur durch eine abweichende vertragliche Regelung abgewendet werden. Dies ist empfehlenswert, um eine auf Dauer angelegte Gesellschaft aufrechtzuerhalten.(Fußnote)
- KG und OHG: Scheidet ein persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) von Todes wegen aus, wird die Gesellschaft nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB (für die KG in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB) nicht aufgelöst. Auf die übrig gebliebenen Gesellschafter wächst der Komplementäranteil des Verstorbenen an (§ 738 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 105 Abs. 3 HGB). Für die Erben entsteht ein Abfindungsanspruch, den sie gegen die Gesellschaft geltend machen können. Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich also, dass die Komplementärstellung nicht an andere weitergegeben werden soll, also nicht vererblich ist. Stirbt ein Kommanditist ordnet § 177 HGB die weitere Fortsetzung der KG mit den Erben des Erblassers an.
- AG und GmbH: Die Aktien sind vererbbar, sodass bei Tod eines Aktionärs die Aktien auf die Erben übergehen können. Der GmbH-Anteil kann von Todes wegen auf einen solchen übergehen. Besonderheiten bei einer Erbenmehrheit sind in den § 18 Abs. 1 GmbHG und in § 69 Abs. 1 AktG geregelt. Danach können die sich aus der Gesellschaftsbeteiligung ergebenden Rechte nur in Gemeinschaft bzw. durch gemeinschaftliche Vertretung ausgeübt werden.(Fußnote)
3.7.2.1 Personengesellschaften
Bei Personengesellschaften bestehen folgende Nachfolgeklauseln:
- einfache Nachfolgeklausel
- qualifizierte Nachfolgeklausel
- Eintrittsklausel
- rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel
- Fortführung unter Ausschluss der Erben
3.7.2.1.1 Einfache Nachfolgeklausel
Bei einer einfachen Nachfolgeklausel wird im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass der Gesellschaftsanteil bei Tod eines Gesellschafters automatisch auf dessen Erben übergeht.(Fußnote)
Beispiel
Gesellschafter U der X-GbR vereinbart mit den übrigen Gesellschaftern folgende Klausel, die in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird:
Wenn ein Gesellschafter der X-GbR verstirbt, wird diese nicht aufgelöst. Eine Fortsetzung der Gesellschaft soll dadurch erfolgen, dass der Erbe des Verstorbenen in dessen Gesellschafterstellung eintritt.
Die einfache Nachfolgeklausel knüpft also an die Erbenstellung der Nachfolger an. Wenn eine Person vom Gesellschafter nicht als Erbe eingesetzt wurde, kann auch die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel nicht für diese Person gelten.
Wenn der Erblasser mehrere Erben hat, fällt die Gesellschafterstellung denjenigen zu, die durch die Nachfolgeklausel berufen wurden. Der Übergang der Gesellschafterstellung geht auf den oder die durch die Klausel Begünstigten im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge über. Nicht die ganze Erbengemeinschaft wird Gesellschaftsmitglieder, sondern nur der entsprechend durch die Klausel Begünstigte. Wenn mehrere Erben in der Nachfolgeklausel genannt sind, wird der Unternehmensanteil entsprechend der jeweiligen Erbquote unter diesen aufgeteilt.(Fußnote)
Durch eine einfache Nachfolgeklausel wird die Möglichkeit eröffnet, dass ein, der Gesellschaft unangenehmer, Erbe oder gar eine Erbengemeinschaft Mitgliedschafts- und Kontrollrechte ausüben kann.(Fußnote) Etwa kann der unliebsame Sohn und Erbe des verstorbenen Gesellschafters, der kein Interesse an der Gesellschafterpflicht und keine unternehmerische Kompetenz hat, Gesellschafterbeschlüsse blockieren, in dem er entweder die Abstimmung verweigert oder grundlos gegen das Gesellschaftswohl stimmt. Denkbar ist auch die Situation, in der die Gesellschafterstellung an mehrere Erben quotenmäßig übertragen wird und diese sich aufgrund interner Unstimmigkeiten gegen die Gesellschaft stellen. Solche Konstellationen behindern die Gesellschaft in ihrer Tätigkeit.
Um diese Problematik zu umgehen ist es empfehlenswert, die Mitgliedschaftsrechte der Erben gesellschaftsvertraglich einzuschränken.(Fußnote)
3.7.2.1.1.1 Bestimmung der Gesellschafterstellung der Erben
Im Gesellschaftsvertrag kann zum Beispiel vereinbart werden, welche Gesellschafterstellung der/die Erbe/n erhalten sollen.
Wenn einen Komplementär einer KG mehrere Erben beerben, kann der Gesellschafter bestimmen, wem die Komplementärstellung und wem eine Stellung als Kommanditist zugewiesen wird. Damit hat der Kommanditist keine gesellschaftliche Vertretungsbefugnis (§ 170 HGB). Weitere Folge einer vorzeitigen Zuweisung einer Kommanditistenstellung ist, dass das Vermögen der Gesellschaft geschützt wird. Nach § 139 Abs. 1 HGB hat nämlich jeder Erbe, der durch gesellschaftsvertragliche Regelungen in die Stellung eines Komplementärs einrückt, das Recht, dass diese Gesellschafterstellung von einer unbeschränkt haftenden Komplementärstellung in eine beschränkt haftende Kommanditistenstellung verwandelt wird. Dieser Anspruch ist gegen die Gesellschafter zu richten. Wenn diese den Anspruch nicht erfüllen, hat der neue Gesellschafter das Recht, aus der Gesellschaft auszuscheiden und damit gegen die Gesellschaft Abfindungsansprüche nach § 105 Abs. 3 BGB i.V.m. § 738 Abs. 1 BGB geltend zu machen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017