Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 24 – Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
9 Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG
Das Grundprinzip des Umsatzsteuerrechts, die wirtschaftliche Belastung des Letztverbrauchers (Konsument), kann nur dadurch erreicht werden, dass die Umsatzsteuerschuld des leistenden Unternehmers bei einem leistungsempfangenen Unternehmer in gleicher Höhe zu einer Vergütung durch den VSt-Abzug führt. Nur hierdurch wird innerhalb einer Unternehmerkette die Kostenneutralität der USt gewährleistet. Innerhalb der Unternehmerkette ist der Vorsteuervergütungsanspruch des Leistungsempfängers deshalb nichts anderes, als die Kehrseite der Umsatzsteuerschuld des Leistenden.
Während die Umsatzsteuerschuld den Ausgangsbereich des Unternehmens betrifft, entsteht der Vorsteueranspruch aufgrund einer Eingangsleistung.
Die Vorsteuer ist grundsätzlich unabhängig von der Umsatzsteuerschuld zu ermitteln und kann auch dann abgezogen werden, wenn die entsprechenden Ausgangsumsätze erst später oder überhaupt nicht erfolgen.
9.1 Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
Die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug sind in § 15 UStG geregelt. Für den Vorsteuerabzug aus Rechnungen sind dies nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG im Einzelnen:
- Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers
- Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers
- gesetzlich geschuldete Steuer des leistenden Unternehmers
- gesonderter Steuerausweis in einer Rechnung des leistenden Unternehmers
- für eine ausgeführte Leistung
- für das Unternehmen des Leistungsempfängers.
Auf den Zeitpunkt der Bezahlung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis kommt es nicht an, maßgebend ist der Zeitpunkt des Rechnungseingangs. Dies gilt auch für Unternehmer, denen die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet ist (§ 20 UStG).
Die Voraussetzungen für den VSt-Abzug sind nach § 22 Abs. 2 Nr. 5 UStG aufzuzeichnen
und durch Belege (Rechnungen) nachzuweisen.
9.1.1 Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers
Der Leistungsempfänger ist nur zum VSt-Abzug berechtigt, wenn er Unternehmer ist. Unmaßgeblich ist, ob der Unternehmer seinen Sitz oder Wohnsitz im Inland hat, auch ausländische Unternehmer sind zum VSt-Abzug berechtigt.
Eine Ausnahme gilt jedoch für Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG, für die nach § 19 Abs. 1 S. 4 UStG eine Berechtigung zum VSt-Abzug nicht besteht. Nach § 19 Abs. 2 UStG hat ein Kleinunternehmer jedoch die Möglichkeit auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG zu verzichten. Er wird dann wie ein „normaler“ Unternehmer behandelt.
9.1.2 Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG muss es sich um Steuern handeln, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt wurden, da nur dieser zur Ausstellung einer Rechnung mit USt-Ausweis berechtigt ist. Kleinunternehmer sind nach § 19 Abs. 1 S. 4 UStG auch nicht zum gesonderten USt-Ausweis berechtigt.
Grundsätzlich trägt der Leistungsempfänger das Risiko der Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs für die empfangene Leistung, da er die Beweislast für die tatsächliche Existenz des leistenden Unternehmers trägt.(Fußnote) In Ausnahmefällen kommt jedoch dem Abnehmer auch ein Gutglaubensschutz zu Gute, wenn er substantiiert nachweisen kann, dass er hinsichtlich der Existenz des leistenden Unternehmers gutgläubig war und sein durfte.
9.1.3 Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis
Die gezahlte USt ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur dann als VSt berücksichtigungsfähig, wenn sie gesondert in Rechnung gestellt worden ist. Dies bedeutet, dass die USt in einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesen sein muss. Erfüllt die Rechnung nicht die Voraussetzungen des § 14 UStG so kann der VSt-Abzug nicht erfolgen. Der Rechnungsempfänger kann jedoch verlangen, dass der Rechnungsaussteller die Rechnung nachträglich vervollständigt und dies ggf. zivilrechtlich einklagen.
Wird in der Rechnung das Entgelt und die USt in einer Summe, also brutto angegeben, so ist ein Vorsteuerabzug unzulässig. Der Rechnungsempfänger darf die USt nicht zum Zwecke des Vorsteuerabzugs aus dem Rechnungsbetrag herausrechnen. Erleichterungen gelten jedoch für Kleinbetragsrechnungen.(Fußnote)
Bei einer Gutschrift des Entgelts vor Leistungserbringung ist unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 5 UStG der Leistungsempfänger aus der Gutschrift zum VSt-Abzug berechtigt.
9.1.4 Gesetzlich geschuldeter Steuerbetrag
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer nur die von einem anderen Unternehmer gesetzlich geschuldete Steuer als VSt abziehen. Eine Einschränkung gilt für Umsatzsteuerbeträge, die von dem leistenden Unternehmer lediglich nach § 14c UStG (unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis) geschuldet werden. Mit Urteil vom 2.4.1998 hat der BFH(Fußnote) entschieden, dass in den Fällen des § 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG kein VSt-Abzug möglich ist, da die USt insoweit nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen geschuldet wird, sondern nur, weil sie gesondert in Rechnung gestellt wurde.(Fußnote)
Von § 14c Abs. 1 UStG werden die Fälle des zu hohen Steuerausweises durch Unternehmer erfasst. § 14c Abs. 2 UStG gilt für Unternehmer und Nichtunternehmer und umfasst den Steuerausweis bei fehlender Leistung oder Berechtigung.
Der Rechnungsempfänger ist nun verpflichtet, den gesonderten Steuerbetrag auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen.(Fußnote) Er kann den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag also nicht ohne weiteres als VSt geltend machen.
Nur soweit die Steuerbeträge rechnerisch richtig sind und nach den allgemeinen Vorschriften geschuldet werden, ist ein VSt-Abzug möglich.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.
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Carola Ritterbach
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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