Baumängel vor und im Prozess – Teil 27 – Koordinationsfehler, Überwachungsfehler, Planungsfehler, Gewährleistungsfristen, Überschreitung von Kosten
9.1.3. Koordinationsfehler
Unter dem Begriff Koordinationsfehler wird das „ Abstimmen von Teilaktivitäten in Hinsicht auf ein übergeordnetes Ziel und das Organisieren von gleichzeitig oder aufeinander ab folgenden Vorgängen, Abläufen und Handlungen in optimaler Reihenfolge“ verstanden.[1] Demnach ist hier die Koordination nicht mit dem Kontrollieren und Überwachen von Bauleistungserbringungen und –inhalten zu verwechseln. Der Architekt hat das Bauvorhaben beginnend im Planungsstadium und vor allem im Rahmen der Objektüberwachung (vgl. § 15 II Nr. 8 HOAI) zu koordinieren. Hier hat der Architekt unter ständiger Beachtung der Zeit und der Technik dafür Sorge zu tragen, dass ein störungsfreier Bauphasenablauf stattfinden kann, insbesondere die Leistungen der verschiedenen Baubeteiligten sowie die einzelnen Baustufen bis hin zu Abnahmen aufeinander abzustimmen.
9.1.4. Überwachungsfehler
Ein Überwachungsfehler kann vorliegen, wenn der Architekt als vertraglicher Bauleiter nicht regelmäßig die Arbeiten überwacht und dadurch auf mangelhafter Vorleistung weitergebaut wird. Ausführungsfehler sind - soweit bei ordnungsgemäßer Bauleitung erkennbar - auch Überwachungsfehler. Ein Ausführungsfehler ist beispielsweise eine fehlende Betonnachbehandlung, die zu Rissen führen kann.
9.1.5. Planungsfehler
Die Planung des Architekten ist nicht schon allein deshalb mangelhaft, weil er nicht die objektiv bestmögliche Leistung verwirklicht. Seine Leistung muss im allgemeinen brauchbar und durchführbar sein.
Ein Planungsfehler liegt dann vor, wenn die Planung des Architekten nicht mehr sachgerecht ist, weil sie die nach dem Vertrag oder der gewöhnlichen Verwendung vorausgesetzte Beschaffenheit oder die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit nicht vorweisen kann.[2]
9.1.6. Gewährleistungsfristen
Grundsätzlich läuft auch beim Architekten eine fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche ab der Abnahme der Leistung des Architekten. Die Schwierigkeit besteht oft darin, den Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistung zu bestimmen. In Ausnahmefällen kommt auch eine verlängerte Haftung des Architekten in Betracht, wenn dieser z.B. die Bauarbeiten überhaupt nicht oder völlig unzureichend überwacht hat.
Für beispielsweise den durch einen Brand einstandenen Schaden haftet der Architekt 30 Jahre, denn hierbei handelt es sich um die Haftung für sogenannte entfernte Mangelfolgeschäden. Auch für die Verletzung seiner vertraglichen Nebenpflichten, haftet der Architekt 30 Jahre. Zu diesen vertraglichen Nebenpflichten gehört neben den Beratungspflichten, der Treuepflicht, der Verschwiegenheitspflicht und der Auskunftspflicht auch die Fortbildungspflicht, die dem Architekten auferlegt, sich regelmäßig fortzubilden – ebenso wie die Fachanwälte mit einer vorgeschriebenen Zeitstundenanzahl im Jahr.
Liegt ein sogenannter Vollauftrag vor, übernimmt der Architekt die Leistungsphasen 1 bis 9. Der Umfang dieser Leistungsphasen im Bezug zu dem Honorar soll in der folgenden Tabelle kurz verdeutlicht werden.
1. Grundlagenermittlung (2% des Honorars)
2. Vorplanung (7% desHonorars)
3. Entwurfsplanung (15% des Honorars)
4. Genehmigungsplanung (3% des Honorars)
5. Ausführungsplanung (25% des Honorars)
6. Vorbereitung der Vergabe (10% des Honorars)
7. Mitwirkung bei der Vergabe (4% des Honorars)
8. Bauüberwachung (32% des Gesamthonorars)
9. Objektbetreuung & Dokumentation (2% des Honorars)
Die für die Leistungsphase 9 geltende Gewährleistungszeit betrifft:
- die gesamte Bauzeit
- die Laufzeit der Leistungsphase 9 -regelmäßig 5 Jahre-
- zusätzlich nochmals eine (mindestens) 5-jährige Frist, nach Beendigung der Leistungsphase 9.
Welche Leistungsphasen die Parteien vereinbart haben, ist von den jeweiligen Absprachen zwischen Bauherrn und Architekt abhängig. Wenn zum Beispiel die Leistungsphasen 1 - 3 Inhalt des Vertrages sind, bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass auch die Leistungsphase 4 als Leistung des Architekten anzusehen ist.
9.1.7. Überschreitung von Kosten
Ist die Kostenschätzung für das Bauvorhaben ebenfalls Inhalt des Architektenvertrags, so haftet dieser auch für eventuelle Kostenüberschreitungen.[3] Aus dem Vertrag obliegen dem Architekten Pflichten, die Kosten zu ermitteln und auch zu kontrollieren. Wenn seine Kostenermittlung sich später als fehlerhaft herausstellt, haftet der Architekt dafür. Ist ebenfalls eine konkrete und limitierte Kostenabsprache zwischen Bauherr und Architekt festgelegt worden, haftet der Architekt für deren Überschreitung auch hieraus.
[1] Bayrische Architektenkammer, Merkblatt zum Architektenrecht, Koordinationspflicht des Architekten, S. 1.
[2] http://www.baunetz.de/recht/Haftung_Lph_1-5_Planungsfehler_40595.html.
[3] Kurbos, Baurecht in der Praxis, S. 126.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.
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