Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 16 – Hinzuverdienstmöglichkeiten
5.2 Hinzuverdienstmöglichkeiten
Die Renten wegen Erwerbsminderung dienen dazu, Menschen, die aufgrund körperlicher Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt nichtmehr (voll) leistungsfähig sind, finanziell abzusichern. Entschädigt werden soll bei den Erwerbsminderungsrenten der Lohnausfall, nicht jedoch die körperliche Einschränkung. Folglich können die Renten wegen Erwerbsminderung auch nur dann ausgezahlt werden, wenn die Einkommenssituation sich aufgrund der gesundheitlichen Situation tatsächlich verschlechtert. Der Betroffene soll durch Rentenbezug nämlich nicht besser gestellt werden, als vor dem Eintritt der Erwerbsminderung (siehe dazu § 96a SGB VI i.V.m. §228a Abs. 2 S.1 SGB VI). Wenn der Betroffene jedoch weiterhin einer bezahlten Beschäftigung nachgehen kann, oder einen anderen sogenannten Hinzuverdienst erhält, kann sich dieser Hinzuverdienst auf die Erwerbsminderungsrente auswirken. Als Folge ist eine Kürzung der EM-Rente, oder auch ihr Auszahlungsstopp möglich.
Erwirtschaftet der Erwerbsgeminderte einen Hinzugewinn der über der Hinzuverdienstgrenze liegt, kann die EM-Rente gekürzt oder ihre Auszahlung gestoppt werden. Wird die Auszahlung aufgrund eines Zugewinns gestoppt, so geht der ursprüngliche Anspruch auf die EM-Rente jedoch nicht unter. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt also kein Hinzugewinn mehr vorliegt, oder dieser unter der Hinzuverdienstgrenze liegt (dazu später mehr), muss die EM-Rente wieder in der bereits zugesprochenen Höhe voll ausbezahlt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn auch weiterhin die medizinischen Voraussetzungen für die EM-Rente vorliegen.
Beispiel
Der Selbstständige S ist nach einer psychischen Erkrankung nicht mehr voll belastbar. Er bekommt deswegen seit Januar 2005 eine teilweise EM-Rente. S stellt nun einen externen Geschäftsführer ein, bleibt selbst aber Inhaber seiner kleinen GmbH. Im den Jahren 2006 und 2007 läuft das Geschäft super und S erhält hohe Dividenden. Diese liegen über der Hinzuverdienstgrenze. Die teilweise EM-Rente des S wird deswegen 2006 und 2007 nicht mehr ausbezahlt. Im Jahr 2008 läuft das Unternehmen jedoch sehr schlecht. Die Einkünfte des S liegen nun unter 450 Euro pro Monat. Ab jetzt wird ihm nun wieder die teilweise EM-Rente voll ausbezahlt.
In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass ein Erwerbsgeminderter nebeneinander Anspruch auf verschiedene EM-Renten hat. Denkbar wäre, dass beispielsweise zunächst nur eine teilweise EM-Rente vorliegt, später dann durch ein weiteres Ereignis zudem ein Anspruch auf eine volle EM-Rente entsteht. Nach § 89 Abs. 1 SGB VI wird dem Erwerbsgeminderten in diesem Fall nur die Höhere der beiden Renten ausgezahlt. Für beide Rentenarten gilt jedoch eine unterschiedliche Hinzuverdienstgrenze. So ist in diesem Fall denkbar, dass der Erwerbsgeminderte zwar die Hinzuverdienstgrenze der vollen EM-Rente überschreitet, nicht aber die der teilweisen EM-Rente. In einem solchen Fall ist die Rentenversicherung verpflichtet erneut zu überprüfen, welche Rentenart dem Erwerbsgeminderten in welcher Höhe zusteht.
Generell bleibt festzuhalten, dass die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen relativ kompliziert ist und es dabei viel zu beachten gilt. Die Deutschen Rentenversicherung empfiehlt deswegen allen Berufstätigen und besonders auch Selbstständigen sich umfassend zum Thema beraten zu lassen, um die Rentenauszahlung nicht zu gefährden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.
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Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2014