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Erbrecht für Unternehmer - Teil 26 - Erbenhaftung

7.3. Erbenhaftung

Durch den Erbfall wird der Erbe Träger zweier Vermögensmassen:

    • seines eigenen Vermögens sowie
    • des Nachlass.1

Zugunsten der Nachlassgläubiger gilt der Grundsatz der unbeschränkten Erbenhaftung.2 Damit haftet der Erbe mit seinem eigenen Vermögen für Schulden des Erblassers. Diese Haftung kann aber beschränkt werden.

7.3.1. Verbindlichkeiten für die der Erbe haftet

Der Erbe kann für unterschiedliche Verbindlichkeiten haften.

7.3.1.1. Nachlassverbindlichkeiten

Nachlassverbindlichkeiten sind die Erblasserschulden. Das sind solche Schulden, die im Moment des Erbfalls schon in der Person des Erblassers begründet waren. Da mit dem Erbfall das Vermögen des Erblassers auf den Erben übergeht und davon auch die Passiva, d.h. die Schulden, erfasst sind, wird der Erbe Schuldner der Verbindlichkeiten des Erblassers. § 1967 Abs.1 BGB ordnet an, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Der Erbe haftet persönlich, anstelle des Erblassers.3

Beispiel

Erblasser E hat vor seinem Tod sein Dach neu decken lassen. Die Handwerker sind noch nicht bezahlt. E hinterlässt einen Sohn.

    • Schlägt sein Sohn nicht das Erbe aus, gehen auch die bestehenden Schulden des E auf ihn über. Demnach muss er die Handwerker bezahlen.

Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen die Erbfallschulden, das sind solche, die den Erben aus Anlass des Erbfalls treffen. Dazu zählen beispielsweise die Verpflichtungen aus dem Pflichtteilsrecht, Vermächtnisse und Auflagen, § 1967 Abs. 2 BGB.5 Für diese haftet der Erbe persönlich.

7.3.1.2. Nachlasserbenschulden

Nachlasserbenschulden sind solche Verbindlichkeiten, welche ein Erbe nach dem Erbfall eingeht, um den Nachlass zu verwalten. Der Erbe haftet mit seinem Eigenvermögen und dem Nachlass, außer es besteht eine entsprechende Vereinbarung mit den Gläubigern, die die Haftung auf den Nachlass beschränkt. Die Schulden entstehen als Eigenschulden des Erben erst nach dem Erbfall. Deshalb haftet der Erbe mit seinem eigenen Vermögen, wie ein normaler Schuldner.6

Beispiel

Erblasser E hinterlässt seinem Sohn ein baufälliges Haus. Der Sohn lässt das Haus nach dem Erbfall herrichten.

  • Der Sohn haftet für die Forderungen der Handwerker mit seinem Eigenvermögen. Dies hätte er ausschließen können, indem er eine Regelung mit diesen getroffen hätte, dass er nur mit der Erbmasse haftet.

7.3.1.3. Geschäftsverbindlichkeiten

Wenn zu dem Nachlass ein Handelsgeschäft gehört, dann haftet der Erbe wie bei den anderen Erblasserschulden grundsätzlich unbeschränkt. Führt der Erbe die frühere Firma fort, muss sich der Erbe so behandeln lassen, als ob er ein Handelsgeschäft unter Lebenden erworben hat. Damit haftet er für sämtliche Geschäftsverbindlichkeiten unbeschränkt, ohne die Haftung auf den Nachlass beschränken zu können.

Beispiel

Erbe S erbt ein Einzelunternehmen seines Vaters. Er führt das Geschäft fort und geht neue Verbindlichkeiten ein.

    • S kann seine Haftung für die Verbindlichkeiten nicht auf den Nachlass beschränken. Er haftet unbeschränkt.

Um den Erben zu schützen, wird ihm eine Frist von drei Monaten nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft eingeräumt, um zu überlegen ob er die Firma fortführen möchte oder nicht, § 27 Abs. 2 HGB.7

Beispiel

Erbe S erbt das Einzelunternehmen seines Vaters. Vier Monate nach Kenntnis von dem Erbfall entscheidet er sich, die Firma nicht fortzuführen.

    • Das Gesetz räumt dem Erben nur eine Zeit von drei Monaten ein. Hätte S sich innerhalb der drei Monate entschieden, das Unternehmen aufzugeben, dann hätte er nur beschränkt gehaftet. So haftet er für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers.

Für die Verbindlichkeiten, die der Erbe während der Weiterführung neu eingegangen ist, haftet er unbeschränkt. Er kann allerdings mit jedem einzelnen Gläubiger vereinbaren, dass die Haftung auf den Nachlass beschränkt wird.

7.3.1.4. Bestattungskosten

Bestattungskosten sind Erbfallschulden, welche der Erbe zu tragen hat, § 1968 BGB. Unter die Bestattungskosten fallen in der Regel nicht die Aufwendungen für die Grabpflege.8 Wer sich um das Grab kümmern muss, ergibt sich in der Regel aus den Friedhofssatzungen der Städte und Kommunen. Schreibt die örtliche Friedhofssatzung eine Grabpflege durch den Eigentümer der Grabstätte vor und kommt dieser der Pflege nicht nach, kann die Friedhofsverwaltung die Grabpflege bei einem Gärtner in Auftrag geben. Für die Kosten muss dann der Eigentümer aufkommen.

7.3.2. Beschränkungen der Erbenhaftung

Das Gesetz räumt dem Erben die Möglichkeit ein, die grundsätzlich unbeschränkte Haftung für die Nachlassschulden auf den Nachlass zu beschränken.

Für eine solche Beschränkung existieren verschiedene Möglichkeiten:

    • Inventarerrichtung
    • Nachlassverwalter
    • Nachlassinsolvenzverfahren
    • Einrede der Dürftigkeit bei dürftigem Nachlass
    • Aufgebotsverfahren
    • Verschweigungseinrede
    • Einrede des nicht geteilten Nachlasses

7.3.2.1. Inventarerrichtung

Bei der Inventarerrichtung wird ein Verzeichnis über den Nachlass, das Inventar, errichtet. Dieses Verzeichnis dient dem Überblick über den Bestand des Nachlasses sowie etwaiger Verbindlichkeiten. Sowohl der Erbe als auch etwaige Gläubiger können einen Antrag auf Erstellung des Verzeichnisses beim Nachlassgericht stellen. Ein Notar oder ein zuständiger Beamter erstellt dann das Verzeichnis. Die Erstellung eines solchen Verzeichnisses dient auch Beweiszwecken. Es sagt aus, dass sonst kein Inventar vorhanden ist sowie ob ein Nachlassverwalter eingesetzt werden sollte. Der Nachlassverwalter trennt das Vermögen des Erben von dem Nachlass und befriedigt die Nachlassgläubiger.

Zudem gibt es noch die Verpflichtung des Erben, auf Antrag eines Nachlassgläubigers bei dem zuständigen Nachlassgericht ein Inventarverzeichnis zu errichten. Das Gericht legt dann eine Frist fest, innerhalb der das Nachlassverzeichnis erstellt werden muss. Erstellt der Erbe innerhalb dieser Zeit kein Verzeichnis, haftet er unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten. Die Frist soll mindestens einen Monat und maximal drei Monate betragen.

7.3.2.2. Nachlassverwaltung

Bei der Nachlassverwaltung wird ein Nachlassverwalter auf Antrag des Erben oder der Gläubiger vom Nachlassgericht angeordnet, um das Vermögen des Erben und des Erblassers zu trennen. Damit wird die Haftung des Erben auf den Nachlass bewirkt. Zudem kann der Nachlassverwalter die Nachlassverbindlichkeiten der Nachlassgläubiger befriedigen. Der Nachlass muss ausreichen, um das Verfahren und die Nachlassverbindlichkeiten zu decken. Entscheidet sich der Erbe für die Anordnung eines Nachlassverwalters verliert er jegliche Prozessführungsbefugnis sowie Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass. Ausgenommen davon sind nur höchstpersönliche Rechte des Erblassers, wie z.B. seine Rechte als Gesellschafter.

Neben den Erben kann jeder Nachlassgläubiger den Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung stellen, wenn die Befriedigung durch ein Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet ist.

Die Nachlassverwaltung endet mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder wenn das Nachlassgericht die Nachlassverwaltung aufhebt, weil sämtliche Nachlassschulden berichtigt sind.

7.3.2.3. Nachlassinsolvenzverfahren

Bei dem Nachlassinsolvenzverfahren findet eine Verwertung des Nachlasses als Sondervermögen statt. Der Unterschied zu der Nachlassverwaltung liegt darin, dass keine vollständige, dafür aber eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger mit dem überschuldeten Nachlass stattfindet.

Eröffnungsgründe für ein Insolvenzverfahren sind

    • Zahlungsunfähigkeit
    • Überschuldung und
    • drohende Zahlungsunfähigkeit.

Erlangt der Erbe Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses, muss er unverzüglich den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Neben dem Erben gibt es weitere Antragsberechtigte, wie bspw. der

    • Erbschaftskäufer
    • Nachlassverwalter
    • Testamentsvollstrecker oder
    • Nachlassgläubiger.

Der Antrag kann sowohl vor Annahme der Erbschaft als auch nach Aufteilung des Nachlasses unter den Miterben gestellt werden. Der Erbe kann die Erbschaft trotz Insolvenzverfahrens ausschlagen oder die Annahme der Erbschaft anfechten, sofern die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Erbe selbst kann Insolvenzgläubiger sein, wenn er noch offene Forderungen gegen den Erblasser hat. Sonstige Nachlassgläubiger können Gläubiger von Forderungen sein, die noch vom Erblasser begründet wurden oder aber von neuen Forderungen die aus Anlass des Erbfalls entstanden sind.

Bei den beiden vorgenannten Möglichkeiten - Nachlassinsolvenz und Nachlassverwaltung - wird der Erbe Nachlassgläubiger. Sein und das Vermögen des Erblassers verschmelzen nicht, sondern werden getrennt. Das schützt den Erben vor Zugriffen durch die Nachlassgläubiger auf sein eigenes Vermögen.


[1] Brox, § 37 Rn. 639.

[2] Brox, § 37 Rn. 647.

[3] Brox, § 37 Rn. 638 f.

[4] Brox, § 37 Rn. 656.

[5] Brox, § 37 Rn. 658.

[6] Brox, § 37 Rn. 659.

[7] Brox, § 37 Rn. 656.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
  • Der überschuldete Nachlass: Nachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede oder Ausschlagung ?
  • Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten
  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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