Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 23 – Fremdanzeige, Selbstanzeige von Ordnungswidrigkeiten nach § 378 Absatz 3 AO
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
8.2 Die Fremdanzeige nach § 371 Absatz 4 AO
Die Fremdanzeige nach § 371 Absatz 4 AO bezieht sich direkt auf § 153 AO. In § 153 AO geht es um die Berichtigung von Erklärungen vor Ablauf einer Festsetzungsfrist. Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist unrichtige oder unvollständige Angaben, die eine Steuerverkürzung zur Folge haben (könnte), so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und richtig zu stellen. § 371 Absatz 4 AO ordnet unter Berufung auf diese Norm an, dass auch jeder Dritte die vorgesehene Anzeige erstatten kann. Sofern diese rechtzeitig und ordnungsgemäß erstattet wird, wird ein Dritter, der die in § 153 AO bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt. Der Zweck der Regelung besteht darin, dass ein nach § 153 AO zur Anzeige Verpflichteter dann in einen Interessenkonflikt geraten würde, wenn er mit seiner Anzeige nach § 153 AO eine ihm nahestehende Person der strafrechtlichen Verfolgung aussetzen würde.(Fußnote)
8.3 Die Selbstanzeige von Ordnungswidrigkeiten gem. § 378 Absatz 3 AO
Die Möglichkeit, sich selbst anzuzeigen, um Straffreiheit zu erlangen, existiert auch in Bezug auf die Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO. Eine Selbstanzeige ist bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung, also einer Ordnungswidrigkeit nach § 378 Absatz 3 AO, vorgesehen. Wie bei der Selbstanzeige bei der Steuerhinterziehung stellt die Selbstanzeige hier einen persönlichen Bußgeldaufhebungsgrund dar. Allerdings gibt es im Gegensatz zu § 371 Absatz 2 AO nur einen Sperrtatbestand, der eine wirksame Selbstanzeige der Ordnungswidrigkeit verhindern könnte: Der Täter muss aktiv geworden sein, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Insoweit ist die zu erfüllende „Schwelle“ der Selbstanzeige einer leichtfertigen Steuerverkürzung geringer als die der Selbstanzeige aufgrund einer Steuerhinterziehung nach § 371 AO. Die Vorschrift des § 370 AO gilt nur für die leichtfertige Steuerverkürzung nach §§ 378 Absatz 1, 370 Absatz 1, Absatz 4 bis 7 AO. Nicht erfasst sind im Gegensatz dazu alle anderen Steuerordnungswidrigkeiten, wie z.B. die Steuergefährdung nach § 379 AO oder die Gefährdung der Abzugsteuer nach § 380 AO.
Die Voraussetzungen der Selbstanzeige von Ordnungswidrigkeiten nach § 378 Absatz 3 AO sind wie folgt:
- Die Selbstanzeige kann sowohl vom Täter selbst wie auch von einem zuvor ausdrücklich dazu beauftragten und bevollmächtigten Dritten erstattet werden.(Fußnote) Insoweit ähnelt die Vorschrift der des § 371 AO. Da die Vorschrift nur einen Sperrtatbestand kennt, kann eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige der Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO auch noch gegenüber einem Außenprüfer während der Prüfung für alle Steuerarten und Prüfungszeiträume wirksam erstattet werden. Eine solche Anzeige muss aber über das bloße Anerkennen der Feststellungen des Außenprüfers hinausgehen.(Fußnote)
- Daneben muss der Täter für eine wirksame Bußgeldbefreiung die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten Frist nachentrichten.
Auf die Vorschrift des § 371 Absatz 4 AO wird entsprechend verwiesen, insoweit gilt das dort Erwähnte bezüglich einer möglichen Fremdanzeige durch einen Dritten auch für die Selbstanzeige einer Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO (siehe Kapitel 8.2).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.

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Monika Dibbelt
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Carola Ritterbach
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Stand: Januar 2016