Datenschutzstrafrecht – Teil 17 – § 205 StGB – Strafantrag bei Verletzung des Geheimbereichs
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
9 § 205 StGB – Strafantrag
(1) In den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 und der §§ 202, 203 und 204 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Dies gilt auch in den Fällen der §§ 201a, 202a, 202b und 202d, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(2) Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über; dies gilt nicht in den Fällen der §§ 202a, 202b und 202d. Gehört das Geheimnis nicht zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten, so geht das Antragsrecht bei Straftaten nach den §§ 203 und 204 auf die Erben über. Offenbart oder verwertet der Täter in den Fällen der §§ 203 und 204 das Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen, so gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß.
9.1 Allgemeines
§ 205 StGB schreibt vor, dass in den aufgezählten Delikten ein Strafantrag erforderlich ist. Nach einer anerkannten Definition ist der Strafantrag „die ausdrückliche oder durch Auslegung zu ermittelnde Erklärung, des nach dem Gesetz zum Strafantrag Befugten, dass er die Strafverfolgung wünsche.“ (Fußnote) Der nach dem Gesetz zum Strafantrag Befugte ist in der Regel der Verletzte selbst, § 77 I StGB. Das Strafantragserfordernis ändert aber nichts daran, dass sich der Täter nach dem entsprechenden Delikt strafbar gemacht hat. Er wird ohne entsprechenden Strafantrag eben nur nicht dafür zur Verantwortung gezogen.
Zivilrechtliche Ansprüche können grundsätzlich auch dann geltend gemacht werden, wenn kein Strafantrag gestellt wurde.
9.2 Erfasste Delikte
Von den oben behandelten Delikten konstatiert § 205 I 1 StGB ein absolutes Strafantragserfordernis für §§ 202, 203, 204 StGB. Hier bedarf es also unter allen Umständen eines Strafantrags des dazu Befugten. Ein Grund hierfür ist, dass es in Händen des Geschädigten liegen soll, ob seine Geheimnisse, die durch die Tat ohnehin schon offenbart worden sind, durch eine öffentliche Strafverfolgung noch weitergehende Publizität erfahren sollen.
Nach § 205 I 2 StGB gilt das Strafantragserfordernis auch für §§ 202a und 202b. Hier besteht allerdings die Möglichkeit für die Strafverfolgungsbehörden, auch ohne Strafantrag einzuschreiten, wenn sie dies wegen eines besonderen öffentlichen Interesses für geboten hält (hierzu sogleich).
Nicht erfasst ist § 202c, die Verletzung dieser Norm wird also immer, auch ohne Antrag, verfolgt.
9.3 Strafantragsberechtigter
Wer strafantragsberechtigt ist, richtet sich nach § 77 I StGB danach, wer Verletzter ist. Dies wiederum hängt davon ab, welche Norm verwirklicht wurde. Wurde § 202 StGB verletzt, ist diejenige strafantragsberechtigt, die das Bestimmungsrecht hinsichtlich des Schriftstücks oder der Abbildung nach § 202 III StGB innehat.
Bei einer Verletzung von §§ 202a oder 202b StGB muss der Strafantrag von der verfügungsberechtigten Person (siehe hierzu 3.1.2.) kommen. Im Falle der §§ 203, 204 StGB ist der Geheimnisberechtigte antragsberechtigt. Unstreitig ist, dass dies derjenige sein kann, der dem Täter ein eigenes Geheimnis anvertraut hat oder den das Geheimnis betrifft. In der Literatur umstritten ist der Fall des Drittgeheimnisses. Einige Stimmen billigen hier nur dem betroffenen Dritten die Antragsberechtigung zu (Fußnote), während andere auch einen Strafantrag des Anvertrauenden gelten lassen wollen (Fußnote).
Beispiel
Mandant M vertraut seinem Anwalt A im Rahmen der Mandantschaft auch Geheimnisse von seiner Frau F an.
- Würde A nun die Geheimnisse des M offenbaren, wäre allein M zum Strafantrag berechtigt. Sollte A einzig Geheimnisse der F offenbaren, wäre jedenfalls die F selbst strafantragsberechtigt. Von der Rechtsprechung noch nicht geklärt wurde, ob in diesem letzten Fall auch ein alleiniger Strafantrag des M ausreichen würde.
9.4 Tod des Berechtigten
Stirbt der Verletzte, bevor die Antragsfrist (diese beträgt nach § 77b I, II StGB drei Monate ab Kenntniserlangung von der Tat), so ist nach § 205 II StGB zu differenzieren:
Grundsätzlich geht das Antragsrecht auf die Angehörigen des verstorbenen Verletzten über. Diese müssen nicht mit den Erben identisch sein. Die Reihenfolge bestimmt sich nach § 77 II StGB: Zunächst geht die Antragsberechtigung auf den Ehegatten und die Kinder über. Gibt es die nicht (mehr), sind die Eltern antragsberechtigt. Sollten diese ebenfalls vorverstorben sein, sind die Geschwister und Enkel des verstorbenen Verletzten an der Reihe.
Dies gilt allerdings nicht für die Fälle der §§ 202a, 202b StGB, sodass eine Strafverfolgung dann nur noch bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses möglich ist.
Eine weitere Ausnahme gilt für die §§ 203, 204 StGB. Da die Verfügungsbefugnis nach § 203 IV StGB grundsätzlich beim Verstorbenen verbleibt und die Erben sie nur für ihn ausüben, geht die Strafantragsberechtigung in diesen Fällen auf die Erben über.
Diese Ausführungen gelten nach § 205 II 3 StGB sinngemäß, wenn der Verletzte bereits vor der Tat verstorben ist.
9.5 Besonderes öffentliches Interesse
In den Fällen der §§ 202a, 202b StGB ist ein Strafantrag entbehrlich, wenn die Strafverfolgungsbehörde, sprich die Staatsanwaltschaft, ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung feststellt. Wann ein solches vorliegt, lässt sich aus Nr. 86 II RiStBV ableiten. Demzufolge muss der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit sein.
Anhaltspunkte, die ein besonderes öffentliches Interesses annehmen lassen können, sind etwa ein hohes Ausmaß der Verletzungen, die Stellung des Geschädigten im öffentlichen Leben und ob die Tat in einem weiten Umfeld wahrgenommen wurde.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.
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Harald Brennecke
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Brennecke Rechtsanwälte
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Datenschutzstrafrecht
- Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme
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Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Weiler berät und schult Arbeitgeber und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Seine umfassende Lehrerfahrung ermöglicht es ihm, Fachanwälte für Arbeitsrecht in Spezialthemen wie der Arbeitnehmerüberwachung fortzubilden.
Als Trainer ist Guido-Friedrich Weiler bei diversen Dax-30-Unternehmen anerkannter Spezialist, wenn es um arbeitsrechtliche Fragen von Datenschutz, Innenrevision oder Compliance geht. In Kooperation mit IT-Sicherheitsunternehmen und Herstellern von Antivirenprogrammen hält er regelmäßig Vorträge zu rechtskonformem Einsatz von IT-Security.
Er publiziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere zu Fragen der Arbeitnehmerüberwachung.
Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.
Guido Friedrich-Weiler ist
- Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
- Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
- Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
- Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
- Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
- Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
- Lehrbeauftragter bei dem Bildungszentraum der Bundeswehr Mannheim
Ferner ist Herr Weiler Referent für
- Management Circle
- Haub & Partner
- IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
- W.A.F. Betriebsrätefortbildung
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- Datenschutz und Compliance
- Arbeitnehmerdatenschutz
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