Datenschutzstrafrecht – Teil 16 – § 204 StGB – Verwertung fremder Geheimnisse
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
7.6 Geltungsbereich
Grundsätzlich gilt das deutsche Strafrecht nur für Taten, die auf deutschem Hoheitsgebiet begangen wurden. Für die Strafbarkeit nach § 203 StGB ist es nach § 5 Nr. 7 StGB ausnahmsweise unerheblich, wo das Geheimnis verraten wurde, wenn der Geheimnisträger ein im Geltungsbereich des StGB liegender Betrieb oder ein Unternehmen ist, das dort seinen Sitz hat.
Beispiel
Die BASF (Sitz: Ludwigshafen am Rhein) beauftragt den amerikanischen Anwalt A zur Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Patentstreit mit einem amerikanischen Unternehmen vor dem dort zuständigen Gericht. Nach dem Prozess tritt G, der Geschäftsführer der mit der BASF konkurrierenden K Inc. (Sitz: New York) an den A heran und bietet ihm eine hohe Summe für die Offenbarung einiger Patente der BASF.
- Obwohl die Tat hier in den USA begangen wurde, macht sich A aufgrund des § 5 Nr. 7 StGB nach § 203 StGB strafbar. Darüber hinaus erfüllt er die Qualifikation nach § 203 V StGB.
8 § 204 StGB – Verwertung fremder Geheimnisse
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach § 203 verpflichtet ist, verwertet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 203 Abs. 4 gilt entsprechend.
8.1 Objektiver Tatbestand – Verwertung fremder Geheimnisse
8.1.1 Tatobjekt
Tatobjekt kann alles sein, was als Geheimnis im Sinne des § 203 StGB zu verstehen ist, das hierzu gesagte gilt entsprechend (siehe oben, 7.1.1. und 7.1.2.). Die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden lediglich beispielhaft angeführt. Zu beachten ist allerdings, dass das Geheimnis wirtschaftlich verwertbar sein muss. Ist dies nicht der Fall, wird es bereits nicht als Geheimnis im Sinne von § 204 StGB verstanden.
8.1.2 Täter
Auch bei § 204 StGB muss der Täter besonders zur Geheimhaltung verpflichtet sein, was durch einen entsprechenden Verweis auf § 203 StGB verdeutlicht wird. Folglich gilt das oben zu den potentiellen Tätern Gesagte auch hier (siehe oben, 7.1.3. bis 7.1.4.3.).
8.1.3 Tathandlung – Verwerten
Der Täter muss das Geheimnis verwerten. Hierunter ist jedes Ausnutzen zur Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinns zu verstehen.
Beispiel (Fußnote)
Mandant M vertraut Patentanwalt P Patente an.
- Dies sind Geheimnisse. Würde er diese Geheimnisse an Konkurrenten des M verkaufen, wäre er nach § 203 I Nr. 3, V StGB strafbar, da er sie gegen Entgelt offenbart und damit verwertet hätte.
- Somit werden alle Fälle, in denen der Täter durch das Offenbaren der Geheimnisse einen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, bereits von § 203 I, V StGB erfasst, sodass für § 204 nur noch Fälle verbleiben, in denen ein wirtschaftlicher Vorteil aus dem Geheimnis gezogen wird, ohne dass er offenbart wurde. Im geschilderten Fall läge dies etwa dann vor, wenn P die Patente selbst genutzt und mit dem Produkt Geld verdient hätte.
8.1.4 Unbefugt
Der Täter muss wie bei § 203 StGB unbefugt handeln, sodass hier nicht anderes gilt (siehe dazu oben, 7.1.6.)
8.2 Subjektiver Tatbestand
Zur Verwirklichung des Tatbestands reicht grundsätzlich --> dolus directus 1. Grades aus. Im Gegensatz zu § 203 V 2. Var. StGB muss es dem Täter also nicht gerade auf eine Bereicherung ankommen, obwohl dies wohl in der Regel gegeben sein dürfte. Vielmehr reicht, parallel zu § 203 V 1. Var. StGB die billigende Inkaufnahme des eigenen Vermögensvorteils.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.

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Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Datenschutzstrafrecht
- Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme
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