Datenschutzstrafrecht – Teil 24 – Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes: Objektiv, Qualifikation, Subjektiv, Rechtswidrigkeit, Einziehung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
14.1 Objektiv
Für eine Strafbarkeit muss zunächst der objektive Tatbestand des § 201 StGB erfüllt sein. Diesen kann man auf vielerlei Weise verwirklichen. Das Tatobjekt und die Tathandlung unterscheiden sich jeweils bei der jeweiligen Nummer der beiden Absätze.
14.1.1 Abs. 1 Nr. 1
14.1.1.1 Nichtöffentlich gesprochenes Wort
Das Tatobjekt für Abs. 1 Nr. 1 ist das nichtöffentlich gesprochene Wort. Zunächst muss sich also um ein „Wort“ handeln. Darunter versteht man die akustisch wahrnehmbare Artikulation von Gedankeninhalten mittels Lautzeichen, egal welcher Sprache. Nicht erfasst sind also bloße Seufzer, Gähnen oder sonstige Körperlaute, solange ihnen kein Inhalt innewohnt.
Das Wort muss gesprochen sein. Darunter fällt auch noch das „gesungene Wort“, weil Gesang insoweit lediglich als melodisch vorgetragene Worte anzusehen ist. Einer bewussten Entäußerung bedarf es nicht, sodass auch das im Schlaf oder Rausch ausgesprochene Wort geschützt ist. Der Sprecher muss nicht anwesend sein, sodass auch Telefongespräche und Tonbandaufnahmen dem Schutzbereich unterfallen. Ebenfalls geschützt ist ein vorgelesener Text, aber nur insofern er laut vorgetragen wird, nicht der Inhalt des Textes an sich oder das Schriftstück.
Die Äußerung muss nichtöffentlich sein, darf also nicht einer nach Zahl und Individualität unbestimmten Masse an Personen zugänglich sein. Ausgeschlossen sind damit also Bahnhofsdurchsagen und auch Äußerungen in öffentlichen Gerichtsverhandlungen. Ob der Wortlaut der Äußerungen tatsächlich verstanden wurde, ist irrelevant. Die Äußerungen eines Japaners, der in einer deutschen Fußgängerzone laut vernehmlich in seiner Muttersprache spricht, sind also auch dann öffentlich und damit nicht geschützt, wenn sie tatsächlich niemand verstanden hat.
14.1.1.2 Aufnehmen auf einen Tonträger
Dieses nichtöffentlich gesprochene Wort muss auf einen Tonträger aufgenommen werden. Tonträger in diesem Sinne sind alle technischen Gegenstände, die es erlauben, die Aufnahme für das menschliche Ohr wahrnehmbar wiederzugeben. Aufgenommen ist das gesprochene Wort, wenn es sich tatsächlich wiedergeben lässt. Ist dies misslungen, etwa weil die Aufnahme von zu schlechter Qualität ist, kommt immer noch ein nach § 201 IV StGB strafbarer Versuch in Betracht.
14.1.2 Abs. 1 Nr. 2
Für den Tatbestand des Abs. 1 Nr. 2 muss zunächst ein Aufnahme im Sinne von Abs. 1 Nr. 1 vorliegen. Diese Aufnahme muss gebraucht werden. Dies ist der Fall, wenn die technischen Möglichkeiten des Tonträgers genutzt werden, sei es durch Abspielen, Kopieren oder andere Weise. Der Täter muss hierbei keine Kenntnis vom Inhalt der Aufnahme nehmen. Die zweite Möglichkeit, Abs. 1 Nr. 2 zu verwirklichen ist, die Aufnahme einem Dritten zugänglich zu machen. Dies ist der Fall, sobald dem Dritten die Aufnahme körperlich übergeben wurde und er sie gebrauchen kann.
Der Täter nach Abs. 1 Nr. 2 muss nicht derjenige sein, der die Aufnahme hergestellt hat, kann es aber gleichwohl.
14.1.3 Abhören mit einem Abhörgerät nach Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Ein Abhörgerät in diesem Sinne ist eine technische Vorrichtung, die das gesprochene Wort auch noch über seinen normalen Klangbereich hinaus hörbar macht. Zweittelefone oder sonstige Mithöreinrichtung an normalen Telefonen sind nach der Rechtsprechung des BGH keine Abhörgeräte (Fußnote). Abhören ist das unmittelbare Zuhören oder Hörbarmachen durch den Täter für sich selbst oder einen Dritten. Das spätere Abhören einer aufgezeichneten Aufnahme ist nicht nach Abs. 2 Nr. 1 tatbestandsmäßig, die Aufzeichnung jedoch von Abs. 1 Nr. 1.
Das gesprochene Wort darf darüber hinaus nicht zur Kenntnis des Täters bestimmt sein. Für wen das Wort bestimmt ist, wird vom Sprechenden bestimmt.
14.1.4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
14.1.4.1 Öffentlich mitteilen
Ein nach Abs. 1 Nr. 1 aufgenommenes oder nach Abs. 2 Nr. 2 abgehörtes Wort darf zudem nicht öffentlich mitgeteilt werden, § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Öffentlich mitgeteilt wurde das Wort, wenn seinem wesentlichen Inhalt nach von einem unbestimmten Personenkreis wahrgenommen werden kann. Wer das Wort mitteilt, ist irrelevant, sodass eine Strafbarkeit sowohl nur nach § 202 II Nr. 2 StGB als auch nach § 202 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Verbindung mit einem der andern Tatbestände des § 202 StGB in Betracht kommt. Für die Strafbarkeit ebenfalls unbeachtlich ist, wie der Mitteilende an das Wort gelangt ist.
14.1.4.2 Einschränkung nach Abs. 2 S. 2
Die Tat nach Abs. 2 S. 1 Nr. 2 unterliegt der Einschränkung des Abs. 2 S. 2. Demnach ist die Tat nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen, nicht notwendigerweise des Sprechenden, zu beeinträchtigen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Betroffene durch die Mitteilung bloßgestellt würde.
14.1.5 Unbefugt
Das Merkmal „unbefugt“ gilt für alle Tatbestandsvarianten gleichermaßen. Es liegt nicht vor, wenn der Sprechende mit der Aufnahme einverstanden ist. Das Merkmal kann auch dann vorliegen, wenn der Betreffende von der Aufnahme weiß, ohne eingewilligt zu haben. Spricht er dennoch, kann eine konkludente Einwilligung in Betracht kommen.
14.2 Qualifikation
§ 201 Abs. 3 StGB sieht einen erhöhten Strafrahmen vor, wenn die Tat durch einen Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB begangen wird.
14.3 Subjektiv
--> Dolus eventualis ist erforderlich und ausreichend.
14.4 Rechtswidrigkeit
In Betracht kommen zunächst die allgemeinen Rechtsfertigungsgründe. Darüber hinaus ist die Tat nicht rechtswidrig, wenn sie gesetzlich erlaubt ist. Hier ist insbesondere an die §§ 100a ff. StPO zu denken. Darüber hinaus kommen Eingriffsnormen nach den jeweiligen Polizeigesetzen der Länder und dem Terrorismusbekämpfungsgesetz in Betracht.
Zusätzlich sieht § 201 II 3 StGB einen besonderen Rechtfertigungsgrund für die Tat nach Abs. 2 S. 1 Nr. 2 vor. Demzufolge entfällt die Rechtswidrigkeit, wenn mit der Mitteilung überragende öffentliche Interessen wahrgenommen werden.
14.5 Einziehung
Nach § 201 Abs. 5 StGB können die Tonträger und Abhörgeräte eingezogen werden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.
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Harald Brennecke
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Brennecke Rechtsanwälte
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Datenschutzstrafrecht
- Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Weiler berät und schult Arbeitgeber und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Seine umfassende Lehrerfahrung ermöglicht es ihm, Fachanwälte für Arbeitsrecht in Spezialthemen wie der Arbeitnehmerüberwachung fortzubilden.
Als Trainer ist Guido-Friedrich Weiler bei diversen Dax-30-Unternehmen anerkannter Spezialist, wenn es um arbeitsrechtliche Fragen von Datenschutz, Innenrevision oder Compliance geht. In Kooperation mit IT-Sicherheitsunternehmen und Herstellern von Antivirenprogrammen hält er regelmäßig Vorträge zu rechtskonformem Einsatz von IT-Security.
Er publiziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere zu Fragen der Arbeitnehmerüberwachung.
Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.
Guido Friedrich-Weiler ist
- Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
- Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
- Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
- Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
- Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
- Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
- Lehrbeauftragter bei dem Bildungszentraum der Bundeswehr Mannheim
Ferner ist Herr Weiler Referent für
- Management Circle
- Haub & Partner
- IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
- W.A.F. Betriebsrätefortbildung
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- Datenschutz und Compliance
- Arbeitnehmerdatenschutz
- Überwachung von Arbeitnehmern: Möglichkeiten und Grenzen
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