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Das Widerrufsrecht – Teil 10 – Widerrufsbelehrung bei Verträgen außerhalb des BGB, Versicherungsverträge, Belehrungsmuster

3.2 Widerrufsbelehrung bei Verträgen außerhalb des BGB

Die Belehrungsinhalte bei Versicherungs- und Kapitalanlageverträgen sowie bei Fernunterrichtsverträgen unterscheiden sich nur geringfügig von den bereits aufgezählten Informationspflichten. Mit teilweiser Ausnahme der Versicherungsverträge wird auf die Belehrungsinhalte des BGB zurückgegriffen.

3.2.1 Versicherungsverträge

Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer durch eine deutlich gestaltete Belehrung in Textform über alle Belehrungsinhalte unterrichten (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VVG). Die Unterrichtungspflicht umfasst:

  • das Bestehen eines Widerrufsrechts,
  • die Rechtsfolgen des Widerrufs,
  • die Identität und Anschrift des Erklärungsempfängers,
  • den Fristbeginn,
  • das Textformerfordernis der Widerrufserklärung,
  • dass der Widerruf keiner Begründung bedarf und
  • die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung zur Fristwahrung genügt.

Die Widerrufsbelehrung muss dem Versicherungsnehmer rechtzeitig zugehen. Ein fester Zeitpunkt für die Erteilung der Widerrufsbelehrung ergibt sich jedoch nicht aus dem VVG. Da der Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung darin besteht, dem Versicherungsnehmer eine Lösungsmöglichkeit vom Vertrag aufzuzeigen, sollte die Widerrufsbelehrung passenderweise bei Vertragsschluss erfolgen.(Fußnote) Dies bedeutet, dass die Widerrufsbelehrung zeitgleich mit Abgabe der Willenserklärung erfolgen soll.

Wird der Versicherungsvertrag im Fernabsatz/ elektronischen Geschäftsverkehr (Internet) oder an der Haustür geschlossen, gelten die Bestimmungen über die Informationspflichten der besonderen Vertriebsformen (§§ 312d-312d BGB, Art, 246b EGBGB). Danach ist die Widerrufsbelehrung rechtzeitig vor Vertragsschluss durchzuführen (§ 312d Abs. 2 BGB, Art. 246b Abs. 1 Nr. 12 EGBGB). Die Informationspflichten beinhalten:

  • das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts,
  • die Bedingungen (Fristen), das Verfahren und die Einzelheiten der Widerrufsausübung,
  • den Namen und die Anschrift des Erklärungsempfängers,
  • die Rechtsfolgen des Widerrufs und
  • den zu zahlenden Betrag bei bereits erbrachten Leistungen.

Eine Beweispflicht dafür, dass der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß belehrt wurde, trägt nach § 8 Abs. 2 S. 2 VGG der Versicherer. Dieser kann seine Belehrungspflicht erfüllen, indem er dem Versicherungsnehmer die Muster-Widerrufsbelehrung rechtzeitig und zutreffend ausgefüllt übermittelt (§ 8 Abs. 5 S. 1 VVG). Die jeweils aktuell gültige Muster-Widerrufsbelehrung lässt sich bei den Anlagen zu § 8 Abs. 5 S. 1 VVG im VVG finden.

3.2.2 Kapitalanalagevertrag

Bei Kapitalanlageverträgen ist der Unternehmer dazu verpflichtet, den Verbraucher über die grundlegenden Belehrungsinhalte vor Vertragsabschluss und in Textform zu unterrichten (§ 305 Abs. 2 S. 2 KAGB i.V.m. Art. 246 Abs. 3 S. 2 und 3 EGBGB). Die Unterrichtungspflicht umfasst alle nachfolgenden Informationen:

  • das Widerrufsrecht,
  • die Identität und Anschrift des Erklärungsempfängers,
  • dass der Widerruf nicht begründet werden muss,
  • die Widerrufsfrist,
  • den Fristbeginn,
  • dass die Widerrufsfrist mit rechtzeitiger Absendung der Widerrufserklärung eingehalten wird.

Die Beweislast dafür, dass der Verbraucher vom Unternehmer ordnungsgemäß belehrt wurde, trägt gem. § 305 Abs. 2 S. 3 KAGB der Unternehmer. Eine Muster-Widerrufsbelehrung existiert unter den Anlagen des KAGB nicht.

3.2.3 Fernunterrichtsvertrag

Der Teilnehmer des Fernunterrichts muss nach Maßgabe der Belehrungsinhalte der besonderen Vertriebsformen vor Vertragsschluss und in Textform unterrichtet werden (§ 4 FernUSG i.V.m. § 356 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB). Die Belehrungspflicht beinhaltet alle nachfolgenden Punkte:

  • die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs sowie die Existenz des Musterwiderrufsformulars (Art 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB),
  • die Kostentragungspflicht bei der Warenrücksendung (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 EGBGB),
  • die Versand- und Kostentragungspflicht von nicht paketversandfähiger Ware (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 EGBGB),
  • eine mögliche Wertersatzpflicht des Verbrauchers (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EGBGB),
  • ggf. das Nichtbestehen des Widerrufsrechts (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB),
  • die Möglichkeit eines vorzeitigen Verlustes des Widerrufsrechts (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB).

Handelt es ich bei dem Fernunterrichtsvertrag um einen finanzierten Vertrag (Verbundener Vertrag), so müssen dem Teilnehmer dieselben Belehrungsinhalte zuteilwerden, die bei einem Verbraucherdarlehensvertrag einschlägig wären (§ 4 S. 2 FernUSG, §§ 358 Abs. 2, 495 Abs. 1, 491a Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 13, § 6 Abs. 2 EGBGB). Die Unterrichtungspflicht umfasst alle nachfolgenden Informationen:

  • das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts,
  • die Widerrufsfrist,
  • die Rechtsfolgen,
  • die Rückzahlungspflicht inkl. Verzinsung und
  • den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag.


3.3 Belehrungsmuster

Die Verwendung eines aktuell gültigen Belehrungsmusters ist zu empfehlen, da sich der Unternehmer bei einer selber formulierten Widerrufsbelehrung leicht rechtlichen Schwierigkeiten aussetzen kann. Diese sind oft nicht ordnungsgemäß.

Keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung liegt vor, wenn diese unvollständig hinsichtlich der zu erteilenden Pflichtinformationen ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer die Widerrufsbelehrung selber formuliert hat oder eine Muster-Vorlage verwendet hat. Erwächst dem Verbraucher aus der selber formulierten oder veränderten Belehrung ein Deutungsspielraum, liegt keine ordnungsgemäße Belehrung mehr vor.

Durch die Verwendung eines Belehrungsmusters verhindert der Unternehmer, sich dem Vorwurf einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung auszusetzen. Denn die Belehrungsmuster haben eine sog. Gesetzlichkeitsfiktion. Das bedeutet, dass der Unternehmer mit der Nutzung des Musters seiner Informationspflicht nachkommt. Die Musterbelehrung ist dazu gesetzlich legitimiert. Mit der Verwendung des unveränderten und jeweils aktuell gültigen Belehrungsmusters schützt sich der Unternehmer. Durch die Verwendung des Belehrungsmusters wird unterstellt, dass der Unternehmer dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat, sodass zu seinen Gunsten die kurze Widerrufsfrist von 14 Tagen läuft.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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