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40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 21 – Hinterbliebenenversorgung: Lebenspartnerschaft, Spätehenklausel



Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


7.2. Hinterbliebenenversorgung

Die Mehrzahl der Versorgungszusagen sieht eine Hinterbliebenenversorgung vor; jedoch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet eine solche vorzusehen. Sagt der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zu, so ist sie wie die Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes zu behandeln.

Bei der Gestaltung von Bestimmungen zur betrieblichen Hinterbliebenenversorgung bedarf es besonderer Sorgfalt. Der Arbeitgeber kann daher sein Risiko durch anspruchsausschließende und beschränkende Klauseln begrenzen. Dabei ist aber zu bedenken, dass derartige Tatbestände nach der Rechtsprechung klar und unmissverständlich sein müssen.

Bei der Hinterbliebenenversorgung handelt sich um ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne der §§ 328 Abs. 1; 331 Bürgerliches Gesetzbuch. Der Begriff des Hinterbliebenen hat keinen fest umrissenen Bedeutungsinhalt. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind das die Ehepartner und nahe Verwandte. Es sind also Personen gemeint, die gemäß den §§ 46 ff. Sozialgesetzbuch VI Renten beziehen können. Dies sind Witwen und Witwer sowie Waisen und Halbweisen aber auch Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Soll die Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen werden, so müssen die Ausschlussklauseln regelmäßig eng ausgelegt werden. Das bedeutet aber nicht, dass ausschließlich der Wortlaut maßgebend ist. Die Auslegung kann etwas anderes ergeben.

Es ist deshalb auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden, wenn zwar Leistungen der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung vorgesehen sind, der Kreis der anspruchsberechtigten Dritten aber durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale begrenzt wird.

Ein Ausschlussgrund kann vorliegen, wenn der Verdacht einer Versorgungsehe vorliegt; dabei muss der Verdacht nach objektiven und nachprüfbaren Tatsachen beruhen.

Eine Versorgungszusage, nach denen die Zahlung einer Witwen-/Witwerrente von der Voraussetzung abhängig ist, dass die Ehepartner nicht dauernd getrennt leben, ist wirksam.

Der Kreis der potenziellen Hinterbliebenen im Sinne der betriebsrentenrechtlichen Vorschriften ist nicht auf den Ehegatten und die Kinder des Arbeitnehmers begrenzt. Voraussetzung für die Anerkennung der Hinterbliebeneneigenschaft ist jedoch, dass dem Arbeitnehmer bezogen auf die begünstigte Person bei typisierender Betrachtung ein Versorgungsinteresse unterstellt werden kann.

Der Arbeitgeber kann den Kreis der berechtigten Hinterbliebenen gegenüber dem gesetzlich Möglichen einschränken. Er ist berechtigt, an typisiert unterschiedliche Versorgungsinteressen des Arbeitnehmer und dabei an ein Näheverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der berechtigten Person anzuknüpfen. Die Hinterbliebenenversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes knüpft somit an das typisierte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers an und nicht an erbrechtliche Grundsätze. Es kommt darauf an, ob dem Arbeitnehmer, bezogen auf die begünstigte Person, bei typisierender Betrachtung ein Versorgungsinteresse unterstellt werden könne.

Die Nichteinbeziehung von Geschwistern in den Hinterbliebenenschutz stellt keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn sich die betriebliche Regelung der Hinterbliebenenversorgung auf das gesetzlich angelegte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers bezieht. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.

Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen eine Ehe oder eine eingetragene Lebensgemeinschaft ablehnt und deshalb auch keine Nachkommen hat. Allerdings liegt bei europarechtskonformer Auslegung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Identität vor, wenn sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner eines Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung befinden, eingetragenen Lebenspartnern im Gegensatz zu Ehegatten diese aber nicht zusteht.

Ist in einer Betriebsvereinbarung über Pensionsrichtlinien geregelt, dass Witwengeldzuschuss nicht gewährt wird, wenn der Arbeitnehmer erst nach seiner Pensionierung geheiratet hat, kann auch der Hinterbliebene eingetragene Lebenspartner des Arbeitnehmers kein Witwengeld beanspruchen, wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Pensionierung eingegangen wurde. Eine Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Identität folgt nicht daraus, dass es dem hinterbliebenen Lebenspartner und dem verstorbenen Arbeitnehmer vor der Pensionierung gesetzlich nicht möglich war eine Lebenspartnerschaft einzugehen.

Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz hat der Gesetzgeber eine rückwirkende Vergleichbarkeit zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe hergestellt. Das verstößt weder gegen die Verfassung noch gegen Gemeinschaftsrecht.

Die Möglichkeit des Verfalls widerspricht nicht dem in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz niedergelegten Grundsatz der Wertgleichheit bei Entgeltumwandlung.

In betriebsverfassungsrechtlichen Zusammenhängen handelt das Mitglied eines Betriebsverfassungsorgans nicht im Namen der Arbeitnehmer, sondern ausschließlich für den Betriebsrat als Organ. Aus Verhandlungen zwischen einem Betriebsrats-mitglied und der Geschäftsleitung kann ein Arbeitnehmer keine eigenen Ansprüche herleiten.

7.2.1. Lebenspartnerschaft

Die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung ist mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar.

Eingetragene Lebenspartner sind in der betrieblichen Altersversorgung hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung Ehegatten gleichzustellen, soweit am 01.01.2005 zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner noch ein Rechtsverhältnis bestand. Das nationale Gericht hat also zu prüfen, ob sich der überlebende Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die betreffenden Hinterbliebenenversorgung, vergleichbar ist.

Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz eine solche Differenzierung nicht.

7.2.2. Altersabstandsklausel

Nach dem Europäischen Gerichtshof sollten die Witwen, der Witwer dann keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung haben, wenn sie oder er über 15 Jahre jünger als der ehemalige Arbeitnehmer war.

Über die Zulässigkeit derartiger Klauseln bei Versterben nach Ablauf der Umsetzungsfrist, der Geltung der Rahmenrichtlinie 2007/78/EG, bis zum 02.12.2006 ist daher noch nicht entschieden worden. Sie sind nunmehr an § 10 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz zu messen.

Viele Versorgungsordnungen regeln eine solche Klausel, wonach sich eine Leistung an die Witwe oder den Witwer bei großem Altersabstand pro Jahr der Altersdifferenz um 1 % reduziert. Fraglich ist, ob eine solche Regelung noch zeitgemäß ist. Ob dagegen der völlige Ausschluss allerdings zulässig ist, erscheint zweifelhaft.

7.2.3. Spätehenklausel

Bei Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung in betrieblichen Altersversorgungen finden sich oft sogenannte Spätehenklauseln, wonach eine Leistung ausgeschlossen werden kann, wenn die Ehe erst nach Eintritt in den Ruhestand geschlossen wurde. Derartige Klauseln widersprechen nicht dem Verbot des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz. Den Ehepartnern entsteht dadurch kein Nachteil, den sie ohne Heirat nicht gehabt hätten.

Eine Versorgungszusage kann den Anspruch auf Witwen-/Witwerversorgung davon abhängig machen, dass die Ehe vor dem (vorzeitigen) Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. Die einschränkende Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, steht weder im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz noch zur gesetzlichen Unverfallbarkeitsbestimmung des § 1b Betriebsrentengesetz. Sie stellt auch keine unzulässige Benachteiligung beziehungsweise Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts dar.

Eine Spätehenklausel, nach der die Ehe mindestens 10 Jahre bestanden haben muss, wenn sie nach Vollendung des 50. Lebensjahres des verstorbenen Ehegatten geschlossen wurde, ist nach der derzeitigen Rechtslage wirksam. Sie dient einer sachlich gerechtfertigten Risikobegrenzung und besseren Kalkulierung des Arbeitgebers.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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