Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 26 – Ausschluss, Aufteilung von Vorsteuerbeträgen, Berichtigung des Vorsteuerabzuges
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
9.2.2 Ausschluss gem. § 15 Abs. 2 UStG
Der Ausschlusstatbestand des Abs. 1a berührt nur den Eingangsbereich und folgt damit der grds. Trennung in Eingangs- und Ausgangsbereich eines Unternehmens. Hinsichtlich des VSt-ausschlusses nach § 15 Abs. 2 UStG besteht jedoch zwischen beiden Bereichen eine Wechselbeziehung.
Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind solche sonst berücksichtigungsfähigen Vorsteuern für Eingangsleistungen vom VSt-Abzug ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze verwendet. Im Umkehrschluss besteht also für solche Eingangsleistungen kein Ausschluss vom VSt-Abzug, die für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Eingangsleistung für eine steuerfreie Ausgangsleistung verwendet wird, ist die erste Leistung oder die erste unentgeltliche Wertabgabe, in die die bezogene Leistung Eingang findet.(Fußnote) Findet sie hingegen keinen Eingang, da z.B. die Ware vorher verdorben ist, kommt es entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht hatte, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den VSt-Abzug ausschließen.(Fußnote)
Nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG tritt der Ausschluss vom VSt-Abzug gleichermaßen für solche Eingangsleistungen ein, die zur Ausführung von nicht steuerbaren Umsätzen im Ausland verwendet werden, die aber steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Der VSt-Abzug ist mithin ausgeschlossen, wenn die Frage, ob es sich bei einer Leistung im Inland um einen steuerfreien Umsatz handeln würde, bejaht werden kann.
Eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Ausschluss des VSt-Abzuges für Eingangsleistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier oder bestimmter nichtsteuerbarer Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 UStG), wird in § 15 Abs. 3 UStG gemacht.
Der Ausschluss des VSt-Abzuges nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG tritt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1a UStG nicht ein, wenn die Eingangsleistungen zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, die nach § 4 Nr. 1-7 UStG steuerfrei sind. Dabei handelt es sich vor allem um Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG und innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6a UStG.
Bei bestimmten nicht steuerbaren Umsätzen (im Ausland ausgeführt) tritt der Ausschluss des VSt-Abzuges nach § 15 Abs. 3 Nr. 2a UStG nicht ein, wenn der Umsatz - bei unterstellter Steuerbarkeit - nach § 4 Nr. 1-7 UStG steuerfrei wäre.
Beispiel
Herr S aus Karlsruhe vermietet ein Mehrfamilienhaus. Die Mieteinnahmen sind steuerfrei gem. § 4 Nr. 12 UStG. 2016 lässt er von Malermeister M die Fassade streichen. Herr M stellt eine Rechnung in Höhe von 10.000 € zzgl. 1.900 € USt, mithin insgesamt 11.900 €.
- Herr S kann die 1.900 € USt nicht als Vorsteuer abziehen, weil sie mit steuerfreien Umsätzen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
9.3 Aufteilung von Vorsteuerbeträgen
Verwendet der Unternehmer Leistungen sowohl für Umsätze, die zum VSt-Abzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den VSt-Abzug ausschließen, so sind die anfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG in einen abzugsfähigen und einen nichtabzugsfähigen Teil aufzuteilen.
Diese Aufteilung hat nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfolgen und kann nach einem Schlüssel vorgenommen werden, der sich aus der betrieblichen Kostenrechnung ergibt oder auf einer anderen wirtschaftlich sachgerechten Schätzungsmethode beruht (z.B. Aufteilung der VSt bei Gebäuden nach dem Verhältnis der Nutzflächen).
Beispiel(Fußnote)
Herr M ist seit 1984 Eigentümer eines Geschäftsgrundstückes in Kassel. Von der Gesamtfläche von 2.000 qm sind 1.700 qm = 85 % als Geschäftsräume an andere vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer und 300 qm als Wohnungen an Nichtunternehmer vermietet. Herr M hat auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG zulässigerweise optiert. In 2016 lässt Herr M einen Fahrstuhl in das Haus einbauen, der von allen Mietern genutzt wird. Bisher hat Herr M die Aufteilung der Vorsteuerbeträge, die auf Mischumsätze entfallen, in qm vorgenommen.
- Herr M kann von den Vorsteuerbeträgen, die im Zusammenhang mit dem Fahrstuhl-Einbau anfallen, 15 % nicht abziehen, weil sie den Ausschlussumsätzen wirtschaftlich zuzurechnen sind.(Fußnote)
9.4 Berichtigung des Vorsteuerabzuges
Für den VSt-Abzug sind nach § 15 UStG die Verhältnisse im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung maßgeblich. Ändern sich diese Verhältnisse innerhalb des Berichtigungszeitraums, so ist der VSt-Abzug nach § 15a UStG zu berichtigen. Hierdurch soll der VSt-Abzug so ausgeglichen werden, dass er den Verhältnissen entspricht, die sich für den gesamten im Einzelfall maßgeblichen Berichtigungszeitraum ergeben.
Der Berichtigungszeitraum beträgt grundsätzlich 5 Jahre (bzw. 10 Jahre, vgl. § 15a Abs. 1 S. 2 UStG), gerechnet ab dem Beginn der Verwendung. Ist die Verwendungsdauer eines Wirtschaftsgutes kürzer, verkürzt sich auch der Berichtigungszeitraum gem. § 15a Abs. 5 S. 2 UStG.
Vom Anwendungsbereich des § 15a UStG sind alle Wirtschaftsgüter erfasst, die zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, insbesondere das Anlagevermögen. Nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten werden gem. § 15a Abs. 6 UStG den ursprünglichen gleichgestellt und setzen ebenfalls einen eigenen Berichtigungszeitraum in Gang.
Bei der Durchführung der Berichtigung sind die maßgeblichen Vorsteuerbeträge nach § 15a Abs. 2 UStG gleichmäßig auf den Berichtigungszeitraum zu verteilen. Änderungen innerhalb eines Kalenderjahres sind in vollen Monaten zu berechnen (§ 45 UStDV).
Aus Vereinfachungsgründen erfolgt nach § 44 UStDV keine Berichtigung, wenn die Vorsteuer 1000 Euro nicht übersteigt und ferner, wenn die Änderung der Verwendung nicht mehr als 10% beträgt und der Berichtigungsbetrag nicht größer als 1000 Euro ist.
Beispiel(Fußnote)
Unternehmer Herr M aus Köln lässt an einem steuerpflichtig vermieteten Bürogebäude in 2016 folgende Renovierungsarbeiten durchführen.
Malerarbeiten: 5.000 € + 19% USt
neue Heizkörper: 3.000 € + 19% USt
neue Eingangstür: 500 € + 19% USt
fünf Innentüren: je 200 € + 19% USt
- Da es sich um eine Renovierungsmaßnahme handelt, muss Herr M sämtliche Leistungen zu einem Berichtigungsobjekt zusammenfassen (§ 15a Abs. 3 S. 2 UStG). Er kann z.B. nicht den Erwerb der Türen, bei denen die VSt jeweils unter der Bagatellgrenze des § 44 UStDV (1.000 €) liegt, ausnehmen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.

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Carola Ritterbach
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Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017