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Heilmittelwerbung – Teil 03 – Werbungsgegenstand

3.1 Gegenstand der Werbung

Die Gegenstände der Werbung werden in § 1 Abs.1 HWG aufgezählt. Dazu zählen Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Mittel iSd HWG.

3.1.1 Arzneimittel

Was unter einem Arzneimittel zu verstehen ist, richtet sich nach § 2 AMG. Dabei wird zwischen den sog. „echten“ und „fiktiven“ Arzneimitteln unterschieden (Fußnote). „Echte“ Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die

  • zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (Fußnote) oder
  • im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder 
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen oder zu beeinflussen oder 
b) eine medizinische Diagnose zu stellen (Fußnote).


„Fiktive“ Arzneimittel sind die in § 2 Abs. 2 AMG näher beschriebene Gegenstände, Instrumente, Stoffe und Verbandsstoffe (vgl. § 2 Abs.2 AMG). Sie werden einem Arzneimittel nach Abs. 1 gleichgestellt, weil sie in gleicher Weise mit dem Körper in Berührung kommen (Fußnote).

§ 2 Abs. 3 AMG nennt Gegenstände und Stoffe, die nicht als Arzneimittel zu qualifizieren sind. Darunter fallen Lebensmittel, Kosmetika, Tabakerzeugnisse, Stoffe zur äußeren Pflege und Reinigung von Tieren, Biozidprodukte, Futtermittel, Medizinprodukte und Organe. Eine klare Differenzierung zwischen diesen Gegenständen und Arzneimitteln ist schwierig. Die Schwierigkeit besteht insbesondere bei der Qualifizierung des Produkts als „Lebensmittel“ iSd § 2 Abs. 3 Nr.1 AMG. Lebensmittel sind Stoffe, die objektiv dazu bestimmt sind, von Menschen zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Ein Abgrenzungsproblem ergibt sich, wenn der Stoff objektiv eine Doppelnatur aufweist, d.h. einerseits zum Verzehr, andererseits auch zu arzneilichen Zwecken geeignet ist, wie z.B. Diätmittel und Nahrungsmittelergänzungen (Fußnote).
Erfolgt die Einnahme überwiegend mit dem Zweck der Schmerzlinderung, Heilung oder Vorbeugung von Krankheiten, ist das Produkt als ein Arzneimittel zu qualifizieren. Der Einnahmezweck wird anhand von objektiven Kriterien wie Erscheinungsbild und Einnahmeform ermittelt (Fußnote).
In gleicher Weise erfolgt die Abgrenzung bei kosmetischen Mitteln. Gem. § 2 Abs. 5 LFGB sind kosmetische Mittel Stoffe oder Gemische aus Stoffen, die zumindest überwiegend zur äußeren Anwendung am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle bestimmt sind. Die Anwendung sollte zur Reinigung und zum Schutz des Körpers, der Erhaltung seines guten Zustandes, Parfümierung, Veränderung des Aussehens oder Beeinflussung des Körpergeruchs erfolgen. Auch hier soll der Zweck der Verwendung ermittelt werden. Überwiegend arzneilicher Zweck liegt vor, wenn die kosmetischen Mittel überwiegend zum Zwecke der Schmerzlinderung, Heilung oder Vorbeugung von Krankheiten eingenommen werden. Der arzneiliche Zweck wurde bei Aknecremes, Brandsalben und Haarwuchsmitteln angenommen (Fußnote).

3.1.2 Medizinprodukte

Der Begriff des Medizinprodukts ist in § 3 MPG definiert. Dieser erfasst alle Instrumente, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder andere Gegenstände, die zu Erkennung und Verhütung von Krankheiten, Erkennung und Behandlung von Behinderungen, Untersuchungen und Veränderungen des anatomischen Aufbaus sowie Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind (vgl. § 3 MPG). Im Gegensatz zu Arzneimitteln iSd § 1 Abs. 1 Nr.1 HWG wirken Medizinprodukte nicht pharmakologisch oder immunologisch am menschlichen Körper. Ihre Wirkung wird auf physikalischem Wege erreicht. Zu Medizinprodukten zählen unter anderem Verbandsmittel, chirurgisches Nahtmaterial, Prothesen und Sehhilfen (vgl. Rehmann/Wagner/Rehmann MPG § 3 Rn.2 ff.).
Die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten erfolgt nicht im Wege der Schwerpunktbetrachtung. Maßgebend sind die Angaben des Herstellers iSd § 3 Nr.10 MPG, die die Verkehrsbestimmung prägen (vgl. Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPG, Häberle, §3 Rn.1; Rehmann/Wagner/Rehmann MPG § 3 Rn.2). Dabei kann der Hersteller jedoch nicht durch unrichtige Angaben seine Arzneimittel als Medizinprodukte qualifizieren. Zu beachten sind auch die wissenschaftlichen Angaben über die Wirkungsweise des Produkts (vgl. Rehmann/Wagner/Rehmann MPG § 3 Rn.1). Um die Abgrenzung in schwierigen Fällen zu erleichtern, hat die europäische Kommission Leitlinien zur Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Medizinprodukten veröffentlicht (vgl. im Einzelnen MEDDEV 2.1; Rehmann/Wagner/Rehmann MPG § 3 Rn.4).

3.1.3 Andere Mittel und Verfahren aus dem Bereich der Heilung

§ 1 Abs.1 Nr.2 HWG erstreckt den Anwendungsbereich des HWG auf „andere Mittel, Gegenstände und Verfahren“ aus dem Bereich der Heilung.

Andere Mittel sind gem. § 1 Abs. 2 S.1 HWG kosmetische Mittel iSd Art. 2 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates. Kosmetische Mittel sind danach Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers, Zähnen oder Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen. Zu den äußeren Teilen des menschlichen Körpers zählen Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen. Die Anwendung der Stoffe oder Gemische sollte ausschließlich den Zweck verfolgen, die genannten Körperregionen zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen oder ihren guten Zustand zu erhalten.

Gegenstände aus dem Bereich der Heilung sind gem. § 1 Abs. 2 S.2 HWG auch solche zur Körperpflege iSd § 2 Abs. 6 Nr.4 LFGB. Dazu zählen z.B. Kämme, Rasierer und Schwämme (Fußnote). Die Gegenstände unterscheiden sich von den kosmetischen Mitteln dadurch, dass ihr Zweck in der mehrfachen Verwendung liegt. Kosmetische Mittel sind dagegen dazu bestimmt, verbraucht zu werden (Fußnote).

Bei Verfahren und Behandlungen handelt es sich um Dienstleistungen, die am Menschen oder Tier vorgenommen werden (Fußnote). Die Dienstleistungen können diagnostischer, prophylaktischer oder therapeutischer Natur sein. Dienstleistungen iSd § 1 Abs.1 Nr.2 sind z.B. Kuren, Frischzellentherapien oder Fastenanleitungen (Fußnote). Es muss sich nicht um eine ärztliche Tätigkeit handeln. Verfahren aus dem Bereich des Heilwesens sind auch medizinische Bäder und Massagen durch Angehörige der Heilberufe (Fußnote).

Die Werbeaussage muss sich nach § 1 Abs. 1 Nr.2 HWG auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier beziehen (Fußnote).
Eine Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder Tätigkeit des Körpers oder seelischen Befindlichkeit. Die Störung kann auch unerheblicher oder vorübergehender Natur sein (Fußnote). Der Begriff der Krankheit erfasst auch Störungen im psychischen Bereich (Fußnote). Natürliche Erscheinungen wie Schwangerschaft, Müdigkeit oder hohes Alter sind keine Krankheiten (Fußnote).
Unter krankhaften Beschwerden sind vorübergehende Unpässlichkeiten oder Störungen des Wohlbefindens zu verstehen (Fußnote). Das sind z.B. Kopfschmerzen und Verdauungsstörungen (Fußnote).
Als Leiden bezeichnet man länger andauernde oder unheilbare Krankheiten (Fußnote).
Bei Körperschäden handelt es sich um angeborene oder erworbene Veränderungen des Körpers, einzelner Gliedmaßen oder Organe (Fußnote).

Das HWG findet keine Anwendung auf die sog. präventionsbezogene Werbung (Fußnote). Präventionsbezogene Werbung liegt vor, wenn sich die Werbeaussagen nur auf die Verhütung bestimmter Krankheiten etc. beziehen. Diese Werbung erkennt man an der Formulierung „beugt vor“. Sie unterliegt nur den Regelungen des UWG und § 33 LFGB Fußnote). Dies soll anhand von zwei Beispielen veranschaulicht werden: (Fußnote)


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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