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Heilmittelwerbung – Teil 11 – Werbeverbote

6.2.1.2 § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3: Werbung mit Krankengeschichten

Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht mit Wiedergabe von Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf geworben werden, wenn diese

  • in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder
  • durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann.

Die Regelung soll nicht generell die Werbung mit Krankengeschichten verbieten, sondern die Beeinflussung der Werbeadressaten durch eindrucksvolle Schilderungen einer Krankengeschichte verhindern. Der Adressat könnte sich mit dem Krankheitsverlauf identifizieren und unzutreffende Schlüsse auf den eigenen Gesundheitszustand schließen. Die möglichen Folgen der unzutreffenden Schlüsse wären falsche Selbstmedikation und Gesundheitsschädigung der Adressaten (Fußnote).

Unter einer Krankengeschichte ist eine Aufzeichnung über Vorgeschichte und Verlauf einer Krankheit unter Angabe von Behandlungsmaßnahmen zu verstehen (Fußnote). Die Schilderung der Krankheitsgeschichte muss nicht in allen Einzelheiten erfolgen. Ausreichend ist eine kurze Beschreibung des körperlichen Zustandes vor und nach Verwendung des Heilmittels (Fußnote). Die Schilderung muss dazu geeignet sein, beim Adressaten den Eindruck der Eignung des Heilmittels zur Behandlung des geschilderten Leidens hervorzurufen. Sie muss ihn zur falschen Selbstmedikation mit dem beworbenen Mittel veranlassen können (Fußnote). Die Krankengeschichte muss nicht zwingend aus ärztlichen Aufzeichnungen entstammen. Sie kann auch vom Kranken selbst verfasst werden. Damit soll der Gefahr einer Beeinflussung durch eine laienhafte Schilderung eines Genesungs-erfolgs Rechnung getragen werden (Fußnote). Auch erfundene Krankengeschichten sind von der Vorschrift erfasst. Gerade bei diesen liegt eine Täuschung besonders nahe (Fußnote).

Abstrakte Schilderungen zu Symptomen und Krankheitsverläufen erfasst die Vorschrift nicht. Sie sind nicht personenbezogen. Das Risiko der Selbstmedikation, die durch die Identifizierung mit der Krankengeschichte entsteht, besteht hier nicht (Fußnote). Die Werbung muss auf die Krankengeschichte hinweisen oder diese wiedergeben. Unter Wiedergabe ist die unmittelbare Zugänglichmachung der Krankengeschichte zu verstehen. Sie kann in jeder Form erfolgen (Fußnote). Enthält die Werbung einen Hinweis auf eine Krankengeschichte, ist die Krankengeschichte kein Bestandteil der Werbung selbst. Auch in diesem Fall ist es erforderlich, dass der Personenbezug gewahrt bleibt. Ein bloßer Hinweis auf die Anzahl erfolgreicher Heilbehandlungen genügt nicht (Fußnote). Das Verbot, mit Krankengeschichten zu werben, wird in § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3 HWG in zweifacher Hinsicht eingeschränkt.

Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3, 1. Alt HWG ist es verboten mit Krankengeschichten zu werben, wenn sie in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt. Unter „missbräuchlicher Werbung“ ist eine unangemessene, unpassende Art der Werbung zu verstehen. Der Begriff des Missbrauchs wird wegen der angestrebten Förderung des Gesundheitsschutzes und zweckmäßigen Einsatzes der Arzneimittel eng ausgelegt. Die Werbung mit Krankengeschichten ist nur dann als missbräuchlich zu qualifizieren, wenn sie in übertriebener oder unausgewogener Weise erfolgt. Die Gefahr der unsachlichen Selbstmedikation muss gerade durch die übertriebene Darstellung der Werbung begründet werden (Fußnote). Das bedeutet, dass die Werbung das Hervorrufen von unspezifischer Sorge um die Gesundheit und die Angstgefühle der Werbeadressaten auszunutzen muss (Fußnote). Kennzeichnend für eine solche Werbung ist die Verwendung von atypischen, besonders seltenen Krankheits-geschichten. Sie sind meist deutlich schwerer sind als die Krankheitsgeschichten, bei denen die Arzneimittel regelmäßig angewendet werden (Fußnote).

Unter dem Begriff „abstoßend“ sind angsterregende oder besorgniserregende Darstellungen zu verstehen. Werbung mit ekelerregenden oder unästhetisch empfundenen Darstellungen erfasst die Vorschrift grundsätzlich nicht. Sie können jedoch von der Regelung der Nr. 3 erfasst sein, wenn sie zugleich zur Verängstigung oder Beunruhigung der Adressaten beitragen (Fußnote).

Zum Begriff der Irreführung wird auf die Ausführungen zu § 3 HWG verwiesen. Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3, 2. Alt HWG ist es verboten mit Krankengeschichten zu werben, wenn sie durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann. Die Darstellung einer Krankengeschichte ist dazu geeignet, den Werbeadressaten zu einer falschen Selbstdiagnose zu führen, wenn sie es ihm ermöglicht, eine Krankheit zu erkennen und einzuordnen. Sie muss den Werbeadressaten in die Lage versetzen, selbst eine gesundheitliche Diagnose bei sich vorzunehmen, ohne einen Arzt aufsuchen zu müssen (Fußnote). Die Darstellung der Krankengeschichte muss nicht objektiv zutreffend oder vollständig sein. Auch unvollständige Angaben zu Krankheiten und ihren Behandlungsmöglichkeiten begründen die Gefahr einer falschen Selbstbehandlung (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterinmit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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