Heilmittelwerbung – Teil 32 – Werbeeinschränkungen für Arzneimittel
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
8.6 Werbeeinschränkungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, § 10 HWG
Eine gesonderte Regelung für verschreibungspflichtige Arzneimittel findet sich in § 10 HWG. Gem. § 10 Abs.1 darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Nach § 10 Abs.2 darf für Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe mit der Gefahr der Abhängigkeit enthalten, außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden. Abs.2 erfasst nur Arzneimittel, die dazu bestimmt sind bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen. Abs.2 gilt auch für Arzneimittel, die zur Notfallkontrazeption zugelassen sind.
Die Vorschrift enthält ein Publikumswerbeverbot und ein teilweises Fach-kreiswerbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Fußnote). Die Regelung bezweckt die Verhinderung der sog. „Wunschverordnungen“, d.h. des durch die Werbung ausgelösten Drangs der Patienten gegenüber Ärzten auf die Verschreibung bestimmter Medikamente. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und Patienten und die Gesundheit der Bevölkerung sollen geschützt werden (Fußnote).
Dem Zweck des Gesundheitsschutzes dient bereits die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Fußnote), indem sie die freie Erlangbarkeit der als bedenklich erachteten Mitteln einschränkt. Dadurch wird der unsachlichen und unkontrollierten Anwendung solcher Mittel Einhalt geboten. § 10 HWG ergänzt diesen Schutz (Fußnote).
8.6.1 Verschreibungspflichtige Arzneimittel
§ 10 Abs.1 HWG gilt für alle verschreibungspflichtige Arzneimittel. Das sind solche iSd § 1 Abs.1 Nr.1 HWG iVm § 2 AMG. Das Werbeverbot gilt sowohl für Fertigarzneimittel als auch Defektur- und Rezepturarzneimittel (Fußnote). Auch Tierarzneimittel werden von der Regelung erfasst (Fußnote). Die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln ist in § 48 AMG geregelt. Verschreibungspflichtige Arzneimittel lassen sich dem § 48 AMG iVm der darauf beruhenden AMVV entnehmen (Fußnote).
§ 10 Abs.1 HWG erklärt Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel für unzulässig. Werbung gegenüber den Fachkreisen ist nur gegenüber bestimmten Fachkreisen, die in Abs.1 genannt werden. Danach darf nur gegenüber Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern geworben werden. Auch Werbung gegenüber Personen, die mit diesen Mitteln erlaubterweise Handel treiben ist zulässig. Das sind z.B. Pharmaunternehmen und Großhändler (Fußnote).
Ob sich die Werbung nur an die Fachkreise oder auch an andere Personenkreise richtet, muss anhand der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden. Zu den Umständen gehören die Form, Art, Inhalt der Werbung und benutztes Werbemedium (Fußnote). Die bloße Möglichkeit, dass eine Dritte Person die Werbung zur Kenntnis nimmt, ist unschädlich, wenn die Kenntnisnahme unter normalen Umständen nicht zu erwarten ist. Handelt es sich um eine Internetwerbung, muss ein qualifizierter Zugangsschutz eingerichtet werden (Fußnote).
Eine unzulässige Werbung iSd § 10 Abs.1 HWG kann bereits vorliegen, wenn konkrete Hinweise auf den Anwendungsbereich und Wirkstoff des Medikaments genannt werden. Die Nennung eines bestimmten Produktnamens ist nicht erforderlich (Fußnote). Der Hinweis der Generikahersteller, etwas Günstiges im Angebot zu führen, kann bereits als Werbung iSd § 10 Abs.1 HWG zu qualifizieren sein (Fußnote). Auch einer Packung beigefügte „Patienten-Information“, kann in den Regelungsbereich der Vorschrift fallen, wenn sie tatsächlich getarnte Werbung enthält (Fußnote).
Anders verhält es sich bei den Informationen über ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel auf einer Internetseite. Diese Informationen sind dann nicht als Werbung iSd § 10 HWG zu qualifizieren, wenn diese Informationen
- nur denjenigen zugänglich sind, die sich selbst um sie bemühen und
- wortgetreue Wiedergabe der Umhüllung / Packungsbeilage oder von der zuständigen Behörde genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Mittels bestehen (Fußnote).
Die Zulässigkeit solcher Informationen ergibt sich daraus, dass sie dem Verbraucher, der das Präparat erwirbt, ohnehin zugänglich gemacht werden. Sie werden dem Verbraucher nicht unaufgefordert übermittelt, sodass dieser sich um die Informationen selbst bemühen muss. Die generelle Gefahr der Selbstmedikation und Fehlgebrauchs besteht in diesem Fall nicht (Fußnote).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.
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