Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 03 – Zugewinnausgleichsanspruch der Ehegatten
2.1.5 Zugewinnausgleichsanspruch
Auszugleichender Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen (§ 1375 BGB) das Anfangsvermögen (§ 1374 BGB) des ausgleichungspflichtigen Ehegatten übersteigt.
Das Anfangsvermögen berechnet sich zum Zeitpunkt des Eingehens des Güterstands nach dem jeweilig vorhandenen Vermögen der Ehegatten nach Abzug von Verbindlichkeiten (§ 1374 Abs. 1 BGB). Das Anfangsvermögen kann negativ sein (§ 1374 Abs. 3 BGB).
Für die Berechnung des Endvermögens eines jeden Ehegattens ist der Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags maßgeblich (§ 1384 BGB). Das Endvermögen setzt sich aus dem während der Ehe erworbenen Vermögen zusammen, wobei die bestehenden Verbindlichkeiten abzuziehen sind (§ 1375 Abs. 1 BGB).
Wenn der Zugewinn an Vermögen während der Ehe wertmäßig den des anderen Ehegatten übersteigt, besteht für den Ehegatten, der einen geringeren Zugewinn während der Ehe erzielt hat, ein Anspruch auf Zugewinnausgleich. Der ausgleichungspflichtige Ehegatte ist verpflichtet, dem ausgleichsberechtigen Ehegatten die Hälfte des Überschusses zu bezahlen (§ 1378 Abs. 1 BGB).
In einer Unternehmerehe unterfällt die Wertsteigerung des Unternehmens während der Dauer der Ehe dem Zugewinnausgleich. Das bedeutet, dass der unternehmerisch tätige Ehegatte dem geschiedenen Ehepartner die Hälfte der Wertsteigerung in Geld ausbezahlen muss.
Beispiel
Der Alleinunternehmer U und die Sekretärin F heiraten 1999. Sie schließen keinen Ehevertrag und leben damit im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Ehe geht 2013 in die Brüche, U und F trennen sich. Im November 2016 wird die Ehe geschieden.
U hatte bei Eintritt in die Ehe ein Vermögen von 1.000.000 EUR und Verbindlichkeiten in Höhe von 200.000 EUR.
Sein Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 1 BGB bemisst sich also auf 800.000 EUR.
Da das Unternehmen des U in den Jahren der Ehe gut lief, seinen Wert um 1.000.000 EUR steigern konnte und schuldenfrei blieb, beträgt das Endvermögen des U 1.800.000 EUR (§ 1375 Abs. 1 BGB).
U hat also einen Zugewinn von 1.000.000 EUR während der Dauer der Ehe erworben.
Die F war bei Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vermögenslos, sodass ihr Anfangsvermögen mit 0 EUR anzusetzen ist. Auch während der Dauer der Ehe hat sie kein eigenes Vermögen aufgebaut, sodass ihr Endvermögen dem Anfangsvermögen entspricht und damit der Zugewinn 0 EUR beträgt.
- Nach § 1378 Abs. 1 BGB steht die Hälfte des Zugewinns dem weniger vermögenden Ehegatten zu. F kann von U 500.000 EUR als Zugewinnausgleich verlangen.
In unveränderter Form ist dieser Güterstand nur empfehlenswert, wenn zu Beginn der Ehe kaum Anfangsvermögen besteht und ein moderater Zugewinn während der Ehe erwirtschaftet wird. Dann kann es nicht zu extrem hohen Ausgleichsansprüchen kommen, die aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe meist ungerecht sind. Da dies in der Regel bei einem Unternehmen nicht der Fall ist, ist die klassische Zugewinngemeinschaft für die Unternehmerehe nicht geeignet. Zudem wirkt sich die Situation des Zugewinnausgleichsanspruchs für den Unternehmer und das Unternehmen liquiditätsbelastend aus. Grund dafür ist, dass der Zugewinnausgleichsanspruch einen sofortigen Anspruch auf Auszahlung in Geld gibt. Die klassische Zugewinngemeinschaft ist vielmehr für die beispielhafte Haushaltsführungsehe gedacht.(Fußnote) Durch rechtliche Modifikationen der Zugewinngemeinschaft nach § 1408 BGB besteht für den Unternehmer allerdings die Möglichkeit, finanzielle Belastungen im Scheidungsfall abzufedern.(Fußnote)
2.1.5.1 Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen im Zugewinnausgleichsanspruch
Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen, die bei der Berechnung des Zugewinns zu berücksichtigen sind, müssen bewertet werden. Diese Bewertung ist ein nicht zu unterschätzender Konfliktpunkt bei einer Ehescheidung.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertermittlung eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung ist der Zeitpunkt, zu dem der Güterstand beendet wird (§ 1376 Abs. 2 BGB). Ausgangspunkt ist der Verkehrswert. Um diesen zu ermitteln wird überwiegend das Ertragswertverfahren angewendet. Danach sind die zukünftigen Erträge des Unternehmens maßgeblich. Diese werden für einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren geschätzt, wobei die Erträge aus den vergangenen Jahren als Orientierungshilfen dienen.(Fußnote)
Bei Unternehmensbeteiligungen muss in zwei Schritten vorgegangen werden:
- Zunächst muss der Wert des Unternehmens an sich ermittelt und
- danach der Wert der Beteiligung in Relation zum Gesamtwert berechnet werden.(Fußnote)
Um eine Wertermittlung zu ermöglichen muss der unternehmerisch tätige Ehegatte dem anderen Ehegatten erforderliche betriebliche Unterlagen überlassen. Diese Auskunftspflicht hat zudem die unangenehme Konsequenz, dass der geschiedene Ehegatte Einsicht in Vorgänge des Unternehmens an sich und in Beziehung zu Dritten hat.(Fußnote)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017