Insolvenzanfechtung - Teil 3 - Begriffe: Gläubigerbenachteiligung, mittelbare / unmittelbare Benachteiligung, Zurechnungszusammenhang, Zeitpunkt
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Das Recht der Anfechtung in der Insolvenz - die Gläubigerbenachteiligung
2.3. Gläubigerbenachteiligung
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, sobald die Gesamtheit aller Insolvenzgläubiger durch die Rechtshandlung objektiv beeinträchtigt wurde.
Achtung:
Mit Ausnahme des § 133 InsO ist dabei ein Benachteiligungsvorsatz nicht erforderlich Eine Benachteiligung der Gläubiger ist bei Beeinträchtigung der Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen zu sehen.
Dabei ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Grundlage ist die Gesamtheit aller Gläubiger. Die Benachteiligung eines einzelnen Gläubigers begründet noch kein Anfechtungsrecht.
Eine Benachteiligung ist zu sehen bei:
- Verkürzung des Schuldnervermögens
- Vermehrung der Schuldenmasse
- Erschwerung der Zugriffsmöglichkeiten auf den Vermögensgegenstand
- Erschwerung oder Verzögerung der Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes
Haftungsgegenstand in der Insolvenz ist allein das Vermögen des Schuldners. Werden Gegenstände beeinträchtigt, die nicht in das Vermögen des Schuldners fallen, ist eine Insolvenzanfechtung nicht möglich. Die Insolvenzmasse wird in diesem Fall nicht beeinträchtigt. Eine Benachteiligung des Schuldnervermögens ist z.B. nicht gegeben bei Verfügungen über:
- Ausgesonderte Gegenstände im Sinne von § 47 InsO
- Gesetzlich unpfändbare Sachen und Rechte ·
- Persönlichkeitsrechte
- Aufgabe einer Arbeitsstelle, bzw. Nichtaufnahme einer Arbeit
Achtung:
Verpflichtet eine solche Handlung den Schuldner zu einem Aufwendungs- oder Schadenersatz, kommt unter Umständen eine Gläubigerbenachteiligung durch Vermehrung der Schuldenmasse in Betracht
2.4. Mittelbare / unmittelbare Benachteiligung
Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Grundsätzlich genügt schon die mittelbare Benachteiligung. Lediglich die §§ 132 Abs. 1 und 133 Abs. 2 InsO setzen die unmittelbare Benachteiligung voraus. Als unmittelbar sind Benachteiligungen zu sehen, die sofort mit Vornahme der Rechtshandlung und ohne Hinzutreten anderer späterer Umstände eintreten. Der Nachteil wird unmittelbar aus der Rechtshandlung verursacht.
Beispiele:
- Veräußerung unter Wert
- Darlehensgewährung unterhalb des marktüblichen Zinssatzes
- Kauf zu erhöhtem Preis
Als mittelbar sind Benachteiligungen zu sehen, die zwar mit Vornahme der Rechtshandlung noch nicht unmittelbar eintreten, aber eine Grundlage für einen weiteren gläubigerschädigenden Ablauf schaffen.
Beispiele:
- Schuldner verschiebt angemessenen Kaufpreis ins Ausland
- Veräußerung von Wertpapieren zum Zeitwert, wenn später der Kurs ansteigt
- Erworbener Gegenstand wird entwertet
2.5. Zurechnungszusammenhang
Zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung muss ein kausaler Zusammenhang (der sog. Zurechnungszusammenhang) bestehen. Denkt man die Rechtshandlung hinweg und würde der betreffende Vermögensgegenstand noch weiterhin uneingeschränkt der Insolvenzmasse zur Verfügung stehen, ist der Zusammenhang zu bejahen.
Achtung:
Zu Berücksichtigen sind nur reale Gegebenheiten. Rein hypothetische Ursachen sind grundsätzlich nicht zu beachten.
2.6. Zeitpunkt der Rechtshandlung
Grundsätzlich für jede Anfechtungsfrist ist die Frage, wann die anzufechtende Handlung vorgenommen wurde. Dieser Zeitpunkt wird bei der Insolvenzanfechtung nach § 140 InsO bestimmt. Grundsätzlich gilt eine Handlung nach § 140 Abs. 1 InsO dann als vorgenommen, wenn ihre rechtliche Wirkung eintritt. Dies ist der Fall, sobald die gesamten Voraussetzungen erfüllt sind, die an die Entstehung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses gestellt sind. Bei einaktigen Rechtshandlungen ist grundsätzlich der Abschluss des Aktes maßgeblich. Bei mehraktigen Rechtshandlungen ist der letzte zur Wirksamkeit erforderliche Teilakt maßgeblich. Bei schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäften ist dies regelmäßig die Annahme, bei Erfüllungsgeschäften der letzte Übergabeakt.
Achtung Ausnahmen:
Bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von künftigen Forderungen ist maßgeblicher Zeitpunkt das Entstehen dieser Forderung. Bei bedingten oder befristeten Rechtshandlungen ist maßgeblicher Zeitpunkt der Abschluss der Rechtshandlungen. Auf den Eintritt der Bedingung oder Erreichen des Termins wird nicht abgestellt.
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Harald Brennecke
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Stand: September 2005
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
- Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts
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