Der Handelsvertreter: Die Verschwiegenheitspflicht über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 5 – Rechtsfolgen eines Verstoßes
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
2.6. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht
Die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung ergeben sich aus den Vorschriften des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Der Handelsvertreter kann aber auch gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verstoßen. Damit der Unternehmer gegen den Handelsvertreter auch Ansprüche geltend machen kann, sind bestimmte Voraussetzungen notwendig. Der Unternehmer kann in erster Linie den Dritten aus dem UWG in Anspruch nehmen.
2.6.1. Die Rechtsfolgen nach BGB
Der Handelsvertreter kann gegen die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht (§90 HGB) verstoßen. Was kann der Unternehmer in derartigen Fällen tun?
Der Unternehmer kann ggü. dem Handelsvertreter verschiedene Ansprüche geltend machen.
Er hat vier Möglichkeiten:
- Schadensersatzansprüche;
sowohl vertraglich (§ 280 I BGB), als auch deliktisch (§ 823 I, Recht am Gewerbebetrieb; § 826 BGB) - Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
- Herausgabe des Gewinns
- Ansprüche gegen den Mitteilungsempfänger
2.6.1.1. Schadensersatzanspruch des Unternehmers
Dem Unternehmer entsteht durch die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ein Schaden. Der Schaden kann vermögensrechtlicher Art, aber auch von ideeller Natur sein . Der Handelsvertreter ist nach § 280 I BGB [Schadensersatz wegen Pflichtverletzung] dem Unternehmer zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.
Bezüglich der Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruches gelten die allgemeinen Voraussetzungen des § 280 I BGB, welche im Einzelnen sind:
- Es muss ein Schuldverhältnis vorliegen (Handelsvertreterverhältnis)
- Der Handelsvertreter muss eine Pflichtverletzung begangen haben (Der Handelsvertreter hat seine Verschwiegenheitspflicht beispielsweise durch die Verwertung von Kundenlisten verletzt)
- Er muss diese Pflichtverletzung zu vertreten haben, § 280 I 2 BGB, § 276 BGB (Der Handelsvertreter muss die Pflichtverletzung entweder fahrlässig oder vorsätzlich begangen haben
- Ein Schaden muss vorliegen.
2.6.1.2. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche des Unternehmers
Verstößt der Handelsvertreter gegen die Verschwiegenheitspflicht, kann der Unternehmer den Handelsvertreter auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Was ist in diesem Zusammenhang mit „Unterlassung“ gemeint? Einfach gesagt kann der Unternehmer den Handelsvertreter auffordern die Verschwiegenheitspflicht einzuhalten. Einen Unterlassungsanspruch kann der Unternehmer schon geltend machen, wenn lediglich ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht droht.
Neben dem Unterlassungsanspruch bestehen Beseitigungsansprüche, beispielsweise bzgl. Aufzeichnungen des Handelsvertreters über Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse. Der Unternehmer kann vom Handelsvertreter verlangen, dass er bestimmte Aufzeichnungen vernichtet.
Außerdem kann der Unternehmer die Geheimhaltung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe sichern.
Beispiel:
Der Unternehmer U kann im Handelsvertretervertrag festlegen, dass der Handelsvertreter H eine Vertragsstrafe i.H.v. je 250 € zahlen muss, falls H nach Vertragsbeendigung Kundenanschriften zurückbehält.
Die Regelung über eine Vertragsstrafe ist mit dem Handelsvertreterrecht vereinbar. Es handelt sich somit um eine zulässige Regelung, die gegen keine gesetzlichen Regelungen verstößt.
2.6.1.3. Herausgabe des Gewinns an den Unternehmer
Der Handelsvertreter kann durch die verbotene Verwertung der Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse Gewinne erzielen. Hat der Handelsvertreter Gewinne erzielt, muss er die Gewinne an den Unternehmer herausgeben. Ihn trifft bzgl. der Herausgabe sogar eine Pflicht;. sie ergibt sich aus den Vorschriften des Auftragsrechts, nämlich aus § 687 II BGB [Unechte Geschäftsführung].
2.6.1.4. Ansprüche des Unternehmers gegen den Dritten
Der Unternehmer hat gegen den Dritten keinen vertraglichen Anspruch, da zwischen ihnen gem. § 311 I BGB [Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse] kein Schuldverhältnis besteht. Ein Schuldverhältnis ist aber für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 I BGB eine zwingende Voraussetzung.
Demnach können sich Ansprüche ggü. Dritten nur aus unerlaubter Handlung unter folgenden Voraussetzungen ergeben:
- Der Geheimnisverrat ist eine unerlaubte Handlung des Handelsvertreters;
- Der Dritte hat den Handelsvertreter zum Geheimnisverrat angestiftet oder ihm beim Geheimnisverrat Beihilfe geleistet;
Sind beide Voraussetzungen erfüllt, haftet der Dritte dem Unternehmer auf Schadensersatz. Der Dritte haftet aber nicht alleine, sondern gemeinsam mit dem Handelsvertreter (=auch: Haftung als Gesamtschuldner; § 840 I BGB, Haftung mehrerer).
Auch denkbar sind deliktische Ansprüche des Unternehmers gegen den Dritten (§§ 823 ff.), wenn sich im Verhalten des Dritten selbst eine unerlaubte Handlung zeigt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.
Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.
Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.
Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Provision des Handelsvertreters
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- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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