DIE HANDELSVERTRETERPROVISION - EINFÜHRUNG - Teil 10 - Wegfall des Provisionsanspruchs
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
3. Wegfall des Provisionsanspruchs
Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters kann unter bestimmten Voraussetzungen nach § 87 a Abs. 2 HGB entfallen.
- Nichtleistung des Kunden (3.2.)
- Leistungsunwilligkeit des Kunden (3.3.)
- Rückzahlung von Provision (3.4.)
- abweichenden Vertragsvereinbarungen (3.5.)
3.1. Der Anwendungsbereich
Der Anspruch auf die Die Handelsvertreterprovision entfällt gemäß § 87a Abs. 2, 1. Halbsatz HGB, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist, dass bereits ein unbedingter Provisionsanspruch entstanden ist. Das heißt, der Unternehmer muss das Geschäft bereits ausgeführt haben .Beispiel:
Der Unternehmer hat die Ware an den Kunden geliefert. Der Kunde kann oder will nicht zahlen.
Leistet der Dritte nicht, entfällt nachträglich der Provisionsanspruch des Handelsvertreters, der durch die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer bereits entstanden war. In § 87 a Abs. 2 HGB wird also eine auflösende Bedingung geregelt: .
3.2. Nichtleistung des Dritten
Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters entfällt, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet (§ 87 a Abs. 2 HGB).
Was heißt hier „Nichtleistung des Dritten“?
Der Kunde leistet nicht, wenn er die geschuldete Leistung (Beispiel: Zahlung) nicht oder nicht in vertragsgemäßer Weise erbringt und der Unternehmer die nicht vertragsgemäße Leistung zurückweist.
Beispiele:
- Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Kunden,
- Ausübung eines Rücktrittsrechts durch den Kunden.
Weiter stellt die Regelung des § 87 Abs. 2 HGB die Voraussetzung auf, dass die Nichtleistung des Dritten feststehen muss.
Wann steht die Nichtleistung des Kunden fest?
Maßgebend sind hier die Umstände des Einzelfalls. Die Feststellung, dass der Dritte nicht leistet, muss nach objektiven (nicht subjektiven!) Gesichtspunkten getroffen werden. Es reicht also nicht aus, dass der Unternehmer annimmt, der Kunde werde nicht mehr zahlen. Das Feststehen der Nichtleistung und somit auch der Untergang des Provisionsanspruches nach § 87 a Abs. 2 HGB wird in folgenden Fällen angenommen:
- Der Kunde leistet nicht. Aus einer Bank- oder Kreditauskunft ergibt sich nun die mangelnde Zahlungsfähigkeit des Kunden.
- Eine Klage auf Zahlung gegen den Kunden wäre möglich, jedoch eine Zwangsvollstreckung wegen Insolvenz des Kunden aussichtslos.
3.3. Leistungsunwilligkeit des Kunden
Schwieriger zu beurteilen sind die Fälle, in denen der Dritte die von ihm geschuldete Leistung nicht erbringen will.Grundsatz:
Die bloße Erfüllungsverweigerung des Kunden schließt den Anspruch auf Provision für den Handelsvertreter nicht aus, solange es dem Unternehmer zuzumuten ist, die Leistung zu erzwingen. Im Regelfall ist der Unternehmer zunächst verpflichtet, seine Rechte einzuklagen, d.h. er muss seine Ansprüche gerichtlich geltend machen. Klagt der Unternehmer nicht, schuldet er dem Handelsvertreter die Provision .
Beispiel:
Handelsvertreter H ist bei einer Druckerei beschäftigt. H hat der Druckerei den Verleger X als Kunden vermittelt. H verlangt nun die entsprechende Provision aus diesem Geschäft. Der Unternehmer U verweigert die Zahlung mit dem Hinweis, dass X nicht geleistet habe. U glaubt an die vermeintliche Zahlungsunfähigkeit und verkauft die Forderungen gegen X an den Verlag M weiter in der tatsächlichen Höhe. Die abgetretene Forderung hat X nun bezahlt.
à In diesem Fall stand die Nichtleistung des Dritten nicht fest. Es bestand seitens des Unternehmers nur ein Glaube an die Nichtleistung. Insofern muss U dem H für das Geschäft Provision zahlen.
Es genügt also keineswegs, dass der Unternehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt (bei sorgfältiger Prüfung) annehmen konnte, der Kunde sei zahlungsunfähig und deshalb die Forderungen unter Nennwert veräußert.
Derartige Geschäfte macht der Unternehmer auf eigene Rechnung und eigenes Risiko.
· Haben die Bemühungen des Unternehmers Erfolg und kommt der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nach, steht dem Handelsvertreter aus dem betreffenden Geschäft ein ungekürzter Provisionsanspruch zu.
· Endet ein gerichtliches Verfahren mit einem Vergleich, berechnet sich die Provision des Handelsvertreters aus dem Betrag, der dem Unternehmer aufgrund des abgeschlossenen Vergleichs zufließt .
3.4. Die Provisionsrückzahlungspflicht
Entfällt der Provisionsanspruch wegen Nichtleistung des Dritten, sind bereits gezahlte Provision und Vorschüsse vom Handelsvertreter an den Unternehmer zurückzuzahlen. Die entsprechende Regelung findet sich in § 87 a Abs. 2 Halbs. 2 HGB. Es handelt sich hier um einen Vertragsanspruch des Unternehmers.Erlischt aufgrund der Nichtleistung nur ein Teil des Provisionsanspruchs entsteht nur ein entsprechender Teilrückzahlungsanspruch.
In der Praxis erfolgt die Rückzahlung bereits ausgezahlter Provisionen buchungstechnisch durch eine entsprechende Belastung des Provisionskontos des Handelsvertreters. Das Risiko, Provisionsrückzahlungen vom Handelsvertreter nicht erlangen zu können, liegt beim Unternehmer. Der Unternehmer begegnet diesem Risiko häufig durch die Vereinbarung einer Stornoreserve mit dem Handelsvertreter. Darunter ist ein bestimmter Geldbetrag des Handelsvertreters zu verstehen, der beim Unternehmer zur Verrechnung mit dessen Rückforderungsansprüchen hinterlegt wird.
3.5. Abweichende vertragliche Abreden
Die Frage nach der Abdingbarkeit der Fälligkeitsvorschriften der Provision beantwortet die Vorschrift selbst mit ihrem Absatz 5. Nach § 87a Abs. 5 HGB darf von der Regelung des Absatzes 2 Halbsatz 1 vertraglich nicht abgewichen werden.
Von der Bestimmung, dass der Provisionsanspruch des Handelsvertreters erst entfällt, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet, können keine Abreden zu Lasten des Handelsvertreters getroffen werden. Der Unternehmer kann also von dem Erfordernis des Feststehens der objektiven Nichtleistung des Kunden nicht abweichen und vereinbaren, dass bei Nichtleistung des Kunden nach der 1. Mahnung die bereits gezahlte Provision zurückzuzahlen sei.
Werden dem Handelsvertreter ungünstige, vom Gesetz abweichende Vereinbarungen getroffen, sind diese unwirksam.
Folgende Vereinbarung kann im Handelsvertretervertrag getroffen werden:
„Der Unternehmer ist dem Kunden gegenüber nur dann zur Erhebung der Zahlungsklage verpflichtet, wenn der Handelsvertreter dies ausdrücklich verlangt.“ (II. 3.3.)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de.
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Harald Brennecke
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Stand: Juli 2007
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
- Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts
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