Abwehrklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Eine Abwehrklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im folgenden AGB) schließt ihrer Natur nach alle Vertragsbedingungen der Gegenseite aus – auch sol-che, die die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vertragspartners lediglich er-gänzen. Denn durch eine allgemein gehaltene Abwehrklausel sollen grundsätzlich nicht nur widersprechende, sondern auch zusätzlich ergänzende Klauseln ausge-schlossen werden.
Abwehrklauseln im AGB-Recht sind zumeist ein praktisches Problem: Verkäufer und Käufer verwenden im Handelsverkehr jeweils ihre eigenen AGB und diese wider-sprechen einander! Der Widerspruch kann nur marginal sein oder auch wesentliche Teile der AGB erfassen.
Beliebte Abwehrklauseln sind beispielsweise: „Alle Bedingungen der Gegenseite werden abgelehnt, denen nicht ausdrücklich zugestimmt wird“. Oder auch: „Anders-lautende Bedingungen – soweit sie nicht in dieser Bestellung festgelegt sind – gelten nicht“.
Es stellt sich die Frage, welche Regelungen nun gelten, wenn die Vertragspartner bei Vertragsschluss einander widersprechende AGB’s - mit oder ohne Abwehrklauseln - verwenden.
Im ersten Schritt ist schon fraglich, ob bei Verwendung einander widersprechender AGB ein Vertrag überhaupt zustande kommt?
Davon kann zumindest dann ausgegangen werden, wenn die Parteien den Vertrag vollständig durchführen, oder auch bereits dann, wenn ein Partei ganz oder teilweise leistet und die andere Partei die Leistung ohne Vorbehalt entgegennimmt.
Geht man von einem wirksamen Vertragsschluss aus, so ist weiter fraglich, ob und inwieweit die widersprechenden AGB Vertragsbestandteil werden?
Der BGH suchte früher in diesem Zusammenhang die Lösung des Problems einan-der widersprechender AGB in Art. 19 CISG (so genanntes UN-Kaufrecht). Viele Län-der interpretieren einander widersprechende AGB in diesem Zusammenhang mit Hil-fe des Grundsatzes „last shot rule“; zu deutsch: Theorie des letzten Wortes. Diese Theorie stellt rein äußerlich darauf ab, wer als letzter seine AGB übersandt hat. Die-se letzten AGB habe der andere Teil dann durch Erbringen der Leistung oder Emp-fangen der Gegenleistung stillschweigend gebilligt.
Die Theorie des letzten Wortes führt in der Praxis oft zu zufälligen und für die Partei-en überraschenden Ergebnissen und ist daher heftiger Kritik ausgesetzt. Außerdem führt dies dazu, dass die Parteien ständig ihre AGB dem Vertragspartner übersen-den. Welche zuletzt übersendet wurden ist gleicht oftmals einem „Glücksspiel“. Zu-dem kann man kaum behaupten die Gegenseite habe die AGB „stillschweigenden gebilligt“, wenn die AGB eine Abwehrklausel enthalten.
In der neueren Rechtsprechung ist deshalb die Tendenz erkennbar, dass im Falle einer Kollision nicht einfach auf das „letzte Wort“ abgestellt wird, sondern statt der kollidierenden AGB dispositives, d.h. Gesetzes-Recht angewendet wird. Nach dieser – oft auch als „Restgültigkeitstheorie“ bezeichneten – Lösung, sollen die AGB, die einander nicht widersprechen, gültig bleiben, der Rest hebt sich gegenseitig auf. Die-se Lösung entspricht auch eher der gesetzlichen Konzeption des § 306 II BGB, wäh-rend die Theorie des letzten Wortes keine Stütze im nationalen Recht findet.
Sind die AGB des Verwenders, wegen fehlenden Einverständnisses des Kunden nicht Vertragsinhalt geworden, so heißt das nicht, dass der Vertrag als ganzer nicht zustande gekommen ist, wie das aus § 150 Abs. 2 BGB folgen könnte. Dass auch bei kollidierenden AGB regelmäßig ein Vertrag besteht, folgt bereits aus dem Rechtsgedanken des Art. 19 CISG (UN-Kaufrecht). Man kann sich also nicht auf ein Nichtzustandekommen berufen, wenn im Falle kollidierender AGB das Verhalten kei-ner Partei als Einverständnis mit der Geltung der AGB der jeweiligen anderen Partei angesehen werden kann, die Parteien aber dennoch ihren Vertrag ganz oder teilwei-se erfüllt haben. Durch solches Verhalten zeigt sich, dass die Parteien den Vertrag als wirksam ansehen und der Streit über die Geltung der AGB nicht derart wesentlich ist, dass die Existenz des Vertrags bedroht ist. An die Stelle der kollidierenden AGB tritt dann Gesetzesrecht (§ 306 Abs. 2 BGB) – nämlich § 154 S. 1 BGB oder - falls die Kollision nicht bemerkt wird - § 155 BGB.
Stand: 23.12.2007
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