Bankvertragsrecht – Teil 16 – Überweisung: Rechtsverhältnis und Widerruf
3.2.3. Rechtsverhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister
Der Empfänger des überwiesenen Geldbetrages steht mit „seiner“ Bank genau wie der Überweisungs-Auftraggeber in einem Zahlungsdienstvertragsverhältnis. Ihm steht gem. § 675 t BGB ein Anspruch auf Gutschrifterteilung auf sein Konto gegenüber seiner Bank zu. Die Gutschrift hat unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, durch die Bank zu erfolgen. Verletzt sie diese Pflicht, haftet sie ihrem Kunden aufgrund des Zahlungsdienstleistungsvertrages.
Beispiel
Herr Maier will seiner Tochter Erika 10.000 EUR überweisen. Diese hat ein unvergleichlich gutes Angebot für den lang ersehnten Erwerb eines Pkw erhalten: Sie kann einen Sportwagen, der am Markt sonst mindestens 12.000 EUR wert ist, für nur 10.000 EUR erwerben.
Herr Maier weist daher seine Bank, die T-Bank, an, von seinem dort geführten Konto 10.000 EUR abzubuchen und auf das Konto seiner Tochter bei der W-Sparkasse zu überweisen. Durch einen Fehler eines Mitarbeiters bei der W-Sparkasse werden nur 8.000 EUR auf dem Konto von Erika gutgeschrieben. Der Kaufvertrag wegen dem Pkw scheitert.
Hier ist Erika durch das Verschulden des Mitarbeiters bei „ihrer“ Bank ein Schaden in Höhe von 2.000 EUR entstanden. Ohne den Fehler hätte sie durch den Autokauf einen Gewinn von 2.000 EUR gemacht. Weil die Bank ihre Pflicht aus dem Zahlungsdienstleistungsvertrag mit Erika, ihrem Konto Überweisungen durch Dritte korrekt gutzuschreiben, verletzt hat, muss sie für den Schaden aufkommen.
3.2.4. Widerruf des Überweisungsauftrages
Soll ein Überweisungsauftrag vorzeitig beendet werden, tritt an die Stelle der Kündigung der Widerruf nach § 675 p BGB. Der Auftrag kann so lange widerrufen werden, wie er noch nicht dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zugegangen ist.
Beispiel
Herr Komer füllt einen Überweisungsträger zugunsten des Lieferanten X in den Räumen seiner Firma aus und schickt ihn gleich morgens per Briefpost an seine Bank. Am Mittag desselben Tages erkennt Herr Komer, dass überhaupt keine Forderung des X offen ist. Die Buchhaltung hatte vergessen die letzte Zahlung zu buchen. Er ruft daher direkt bei seiner Bank an und widerruft die Überweisung. Da in seinen Verträgen mit ihr keine besondere Formvorschrift für den Widerruf eines Überweisungsauftrages geregelt ist, ist dieser mündliche Widerruf wirksam.
Nachdem der Überweisungssauftrag dem Zahlungsdienstleister zugegangen ist, kann dieser grundsätzlich nicht mehr widerrufen werden.
Eine Ausnahme bestehen allerdings dann, wenn zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister ein bestimmter Termin für die Ausführung eines Zahlungsauftrags vereinbart worden ist. Dann kann der Nutzer den Zahlungsauftrag bis zum Ende des Geschäftstags vor dem zur Ausführung vereinbarten Tag widerrufen. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn der Bankkunde dies mit seiner Bank vereinbart hat.
Beispiel
Herr Komer nutzt das Zahlungsziel seiner Lieferanten stets vollständig aus und zahlt erst am letzten Tag der Frist. Die Forderung des X sollte spätestens am 15.01.2014 beglichen werden. Am 02.01.2015 weist er seine Bank an, den Betrag erst am 15.01.2014 zu überweisen. Am 14.01.2015 fällt Herrn Komer ein, dass er seinerseits einen höheren Anspruch gegen X hat und diesen verrechnen kann. Er ruft daher am 14.01.2014 bei seiner Bank an und widerruft die Überweisung für den 15.01.2014. Dieser Widerruf ist wirksam.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8.

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