Bilanzierung – Teil 16 – Bilanzierung der Vorräte
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6 Bilanzierung der Vorräte
Als Vorräte werden in der Bilanz die Vermögensgegenstände erfasst, die im betrieblichen Erstellungsprozess (Produktion und Verkauf) erworben, gegebenenfalls be- oder verarbeitet und veräußert werden.
6.1 Ausweis der Vorräte
Innerhalb der Vorräte wird in § 266 Abs. 2 B. I. HGB zwischen vier Positionen unterschieden:
- Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
- unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen
- fertige Erzeugnisse und Waren
- geleistete Anzahlungen
6.1.1 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sind Stoffe die im Rahmen der Produktion zum Verbrauch bestimmt sind. Rohstoffe gehen als Hauptbestandteile in das Produkt ein, z.B. Holz für die Möbelfertigung. Hilfsstoffe gehen als untergeordneter Bestandteil in das Produkt ein, z.B. Nägel, Schrauben. Betriebsstoffe, z. B. Schmierstoffe, Brennstoffe, gehen nicht in das Produkt ein.
6.1.2 Unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen
Unfertige Erzeugnisse und Leistungen sind selbst erstellte Produkte bzw. Dienstleistungen, die bereits einen Be- und Verarbeitungsprozess durchlaufen haben, aber am Bilanzstichtag noch nicht verkaufsreif sind.
6.1.3 Fertige Erzeugnisse und Waren
Fertige Erzeugnisse sind verkaufsreife, selbsterstellte Produkte. Bei Waren handelt es sich hingegen um von Dritten eingekaufte fertige Erzeugnisse die ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung weiter veräußert werden.
6.1.4 Geleistete Anzahlungen
Geleistete Anzahlungen sind Anzahlungen des Unternehmens an seine Lieferanten für Vorräte, die noch nicht geliefert worden sind. Es handelt sich hierbei faktisch noch so lange um eine Forderung gegenüber Lieferanten, bis er geliefert hat.
6.2 Ansatz der Vorräte
Bei den Vorräten handelt es sich um Vermögensgegenstände, für die grundsätzlich die gleichen Ansatzregeln gelten, wie für andere Vermögensgegenstände wie z.B. des Anlagevermögens. Das beutet, dass Vorräte abstrakt und konkret bilanzierungsfähig sein müssen.
Probleme in diesem Zusammenhang ergeben sich oft bei der persönlichen Zurechnung, da in der Praxis die Lieferung von Vorräten meist unter Eigentumsvorbehalt § 449 BGB erfolgt. Der Lieferant bleibt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung zivilrechtlicher Eigentümer, jedoch wird der Unternehmer wirtschaftlicher Eigentümer, sodass der Unternehmer die Vermögensgegenstände zu bilanzieren hat, § 246 Abs. 1 S. 2 2. HS HGB. Abweichendes gilt nur dann, wenn der Lieferant sein Eigentum geltend macht, dann kann der Unternehmer als wirtschaftlicher Eigentümer den Vermögensgegenstand nicht mehr bilanzieren.
6.2.1 Inventurverfahren
Inventurverfahren sind die körperliche Bestandsaufnahme des betrieblichen Inventars. Als Inventurverfahren kommen die
- Stichtagsinventur gemäß § 240 Abs. 1 und 2 HGB
- vor- und nachverlegte Inventur gemäß § 241 Abs. 3 HGB und
- permanente Inventur gemäß § 241 Abs. 2 HGB
in Betracht.
6.3 Bewertung der Vorräte
Bei der Bewertung der Vorräte wird unterschieden in
- Festbewertung gemäß § 240 Abs. 3 HGB,
- der Gruppenbewertung gemäß § 240 Abs. 4 HGB und
- der Verbrauchsfolgebewertung gemäß § 256 HGB.
6.3.1 Überblick
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden für alle Gegenstände des Umlaufvermögens und damit insbesondere für das Vorratsvermögen den Ausgangspunkt und gleichzeitig die Höchstgrenze der Bewertung. Entsprechend dem Vorsichtsprinzip wird dadurch der Ausweis unrealisierter Gewinne verhindert.
Für die Vorratsbewertung gilt in der Handelsbilanz das aus dem Imparitätsprinzip resultierende strenge Niederstwertprinzip. Danach müssen alle Wertminderungen am Abschlussstichtag durch außerplanmäßige Abschreibungen berücksichtigt werden, auch dann, wenn diese voraussichtlich nicht von Dauer sind. Zur Erfassung der Wertminderung dient dabei der aus dem Börsen- oder Marktpreis abgeleitete Wert oder - falls dieser nicht feststellbar ist - der beizulegende Wert, der sich aus Wiederbeschaffungs- oder Reproduktionskosten ergibt.
6.3.2 Zugangsbewertung
Vorräte sind gemäß § 253 Abs. 1 HGB zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um außerplanmäßige Abschreibungen, anzusetzen. Demnach sind gekaufte Vorräte auf Basis der gezahlten Anschaffungspreise und hergestellte Vorräte auf Basis der für die Produktionsfaktoren gezahlten anteiligen Anschaffungspreise zu aktivieren.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2016