Der mögliche Ablauf nach Entdeckung einer Steuerhinterziehung
1) Steuerfahndung
Nach der Aufdeckung einer Steuerhinterziehung durch das zuständige Wohnsitzfinanzamt wird das entsprechend örtlich zuständige Finanzamt für Fahndung und Strafsachen tätig. Dieses Finanzamt übernimmt die eigentliche Steuerfahndung. Am Anfang der Ermittlung steht häufig die Hausdurchsuchung beim Mandanten. Diese erfolgt natürlich unangemeldet. Zu beginn der Durchsuchung sollte der Steuerschuldner unbedingt die Durchsuchungsanordnung genau studieren und sich den Rahmen der Fahndung genau ansehen. Soweit der Steuerschuldner in dieser Situation mit den Anforderungen überfordert ist, sollte er sich anwaltlichen Rat holen. Wer in dieser Phase glaubt, durch ein umfassendes Geständnis der Fahndung zuvorzukommen um so den Vorwurf der Steuerhinterziehung aus der Welt zu schaffen, irrt. Zu diesem Zeitpunkt ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich.
Die Hausdurchsuchung endet regelmäßig mit der Beschlagnahme von Unterlagen, Computern und sonstigen Speichermedien. Der Hausdurchsuchung schließt sich die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen im Finanzamt an. Diese Auswertung nimmt je nach Umfang der Unterlagen eine lange Zeit in Anspruch. Die Auswertung schließt regelmäßig mit der Anzeige des Tatvorwurfs gegenüber dem Steuerschuldner. Je nach Sachlage gibt es in dieser Phase die unterschiedlichsten Handlungsalternativen für den Steuerschuldner und seinen Rechtsanwalt, der unbedingt vertiefte Kenntnisse im Steuerrecht haben sollte.
Regelmäßig bietet es sich an, bereits in dieser Phase mit den Finanzbehörden zu kommunizieren, seine Mitwirkung anzubieten und die Versuche zu starten, sich über eine Alternative der Widergutmachung zu unterhalten. Bei entsprechender Vorbereitung wird die spätere Verhandlung mit dem zuständigen Staatsanwalt erleichtert. Vereinzelnd kann die Abgabe an die Staatsanwaltschaft auch verhindert werden. Damit kommen wir zur nächsten Instanz, der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist die eigentlich anklagende Instanz. Auch hier empfiehlt es sich, ein sachliches Gespräch mit dem zuständigen Staatsanwalt oder der Staatsanwältin zu suchen. Bei überschaubaren Sachverhalten lässt sich teilweise an dieser Stelle eine Einstellung erreichen oder eine Beendigung durch einen Strafbefehl. Gelingt dieses nicht, kommt es zwingend zur Strafverhandlung. In dieser Verhandlung wird der gesamte Sachverhalt mündlich vorgetragen und erörtert. Grund hierfür ist das in Deutschland verankerte Mündlichkeitsprinzip. Danach darf nur in das in der Verhandlung mündlich verhandelte, später in die Entscheidung einbezogen werden. Der Prozess endet mit dem entsprechenden Strafurteil.
2) Vollstreckungsverfahren
Neben dem Strafprozess läuft die Vollstreckung des Wohnsitzfinanzamtes weiter. Viele unserer Mandanten sind überrascht, dass der Strafprozess und die Vollstreckung im Hinblick auf die hinterzogenen Steuern durch das Wohnsitzfinanzamt parallel laufen, dieser Ablauf ist hingegen nicht ungewöhnlich. Als staatliche Stelle schöpft das Finanzamt bei der Vollstreckung alle ihm gebotenen Rechte aus. Viele der Steuerschuldner empfinden dies als persönlichen Angriff durch die Vollstreckungsbeamten. Gleichwohl einige der Finanzbeamten bei der Vollstreckung sicherlich etwas diplomatischer und freundlicher auftreten könnten, so ist ihnen persönlich regelmäßig kein Vorwurf zu machen. Trotzdem sollte der Schuldner sich auch hier rechtlich beraten lassen.
Das Vollstreckungsrecht ist ein unübersichtliches Rechtsgebiet mit einigen Schranken und Vollstreckungshindernissen. Ohne rechtlichen Beistand versäumt der Schuldner häufig die Durchsetzung seiner eigenen Rechtsposition. Das vollstreckende Finanzamt ist nur zur Einhaltung der rechtlichen Grenzen verpflichtet, einen Hinweis auf weitergehende Rechte des Schuldners erteilt es nicht, ohne dass den Finanzbehörden dieses vorzuwerfen wäre. In dieser Phase ist darauf hinzuweisen, dass das Vollstreckungsrecht teilweise einen Wertungsspielraum eröffnet. Dieser Spielraum ist insbesondere bei selbstständig tätigen Schuldnern recht umfangreich. Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Finanzamt ist daher unumgänglich und kann helfen, besondere Härten durch die Vollstreckung für den Schuldner zu vermeiden.
Weiterhin ist zu bedenken, dass durch die Vollstreckung regelmäßig nicht nur der Schuldner selbst betroffen ist, sondern auch seine Familie. Den Finanzbehörden ist grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet auch gegen die Angehörigen vollstreckungsrechtlich vorzugehen, die unentgeltlich Zuwendungen von dem Steuerschuldner erhalten haben. Dieses sind regelmäßig die Ehegatten und Kinder des Steuerschuldners. Klassisch ist die Vollstreckung in das dem Ehegatten gehörende Eigenheim, dass jedoch aufgrund der nur geringfügigen Beschäftigung des Ehegatten ausschließlich durch das Einkommen des Steuerschuldners abbezahlt wurde.
Der hier nur skizzierte Ablauf eines Steuerstrafverfahrens zeigt die Vielschichtigkeit und Parallelität der Verfahren, die eine Steuerhinterziehung regelmäßig mit sich bringt. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass der Steuerschuldner als Betroffener zwar gewillt ist, "kreative" Ideen zu entwickeln, die seine Situation verbessern sollen, er durch die mit einander verknüpften Verfahren seine Situation dabei hingegen eher verschlechtert. So werden zum Beispiel gerne die Vereinbarungen mit dem vollstreckenden Finanzamt zum Gegenstand der Auflagen im Strafprozess gemacht. Wer somit glaubt, die Verfahren unabhängig von einander betrachten zu können und aus diesem Grund dem vollstreckenden Finanzamt den unbegründeten Kampf ansagt, verschlechtern unnötig seine Lage im Strafprozess und umgekehrt.
Stand: Nov. 2013
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Das Referat Strafrecht wird bei Brennecke Rechtsanwälte betreut von:
Harald Brennecke ist als Strafverteidiger, Anzeigenerstatter, Nebenklagevertreter oder Zeugenbeistand ausschließlich im Wirtschaftsstrafrecht tätig.
Er verteidigt bei Insolvenzdelikten wie Insolvenzverschleppung, Bankrottdelikten, Buchführungsdelikten, Gläubigerbegünstigung und Schuldnerbegünstigung sowie allen anderen typischen Straftaten im Insolvenzbereich wie Betrug oder Untreue. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kann er Rechtsfragen im materiellen Bereich in einer Tiefe aufbereiten, die für Richter und Staatsanwälte nicht immer leicht zu durchdringen ist.
Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz ist er im Bereich der UWG-Straftaten tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
Häufig kann bereits im Laufe eines Ermittlungsverfahrens durch fundierte Stellungnahme der Verdacht einer Straftat vermieden und die Einstellung des Verfahrens erreicht werden.
Der Umgang mit den erheblichen Datenmengen im Wirtschaftsstrafrecht erfordert spezielle Arbeitstechniken. Die vielschichtigen und tiefen rechtlichen Probleme der typischen wirtschaftsstrafrechtlichen Fragestellungen samt ihrer Verquickung mit insolvenzrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Themen erforderte fundierte Fachkenntnis der materiellrechtlichen Zusammenhänge und die Bereitschaft zu einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit dem konkreten Sachverhalt.
In den komplexe wirtschaftsstrafrechtlichen Sachverhalten ist eine umfassende strategische Orientierung und vollständige Durchdringung des Sachverhalts schon vor der ersten Stellungnahme entscheidend.
Rechtsanwalt Brennecke unterstützt auch Strafverteidiger durch rechtliche Zuarbeit im Hintergrund oder offene Begleitung in Bezug auf materiellrechtliche Themen.
Harald Brennecke hat im Wirtschaftsstrafrecht und angrenzenden Gebieten veröffentlicht:
- „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl. ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
- „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“, 2014, ISBN 978-3-939384-29-8, Verlag Mittelstand und Recht
- „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“, 2014, ISBN 978-3-939384-26-7, Verlag Mittelstand und Recht
sowie etliche weitere Veröffentlichungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht.
Weitere Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
- Compliance
- Insolvenzstraftaten
Harald Brennecke ist Dozent für Wirtschaftsstrafrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht bietet er Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzstrafrechtliche Risiken für Geschäftsführer
- Compliance im Mittelstand – Strafrisiken vermeiden durch kluge Unternehmensführung
- Insolvenzstrafrecht für Steuerberater und Sanierungsberater
- Geschäftsführerhaftung – Die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften: das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
- Insolvenzrecht für Steuerberater und Unternehmensberater
- Datenschutzstrafrecht
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:
Rechtsinfos/ Strafrecht/ StrafprozessrechtRechtsinfos/ Strafrecht/ Steuerstrafrecht
Rechtsinfos/ Steuerrecht/ Steuerstrafrecht
Rechtsinfos/ Prozessrecht
Rechtsinfos/ Wirtschaftsstrafrecht/ Steuerstrafrecht
Rechtsinfos/ Familienrecht