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Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 08 – Form und Dokumentation der Aufklärung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.2.3. Form und Dokumentation der Aufklärung

2.2.3.1. Form der Aufklärung

Eine Erfüllung der Aufklärungspflichten ist grundsätzlich formfrei möglich, also rein mündlich. Ausnahmen bestehen bei Options- und Termingeschäften (siehe 2.3.3.5. Options- und Termingeschäfte). Davon zu unterscheiden ist eine etwaige Pflicht, die Aufklärung zu dokumentieren.

2.2.3.2. Dokumentation der Anlageberatung

Die Bank ist verpflichtet, die Anlageberatung von Privatkunden zu dokumentieren. Die Dokumentation muss dem Kunden in der Regel vor dem Geschäftsabschluss ausgehändigt werden. Die Dokumentation spielt vor allem bei Beweisfragen und beim Vertragsschluss eine Rolle.

2.2.3.2.1. Beratungsprotokoll

Von der Beratung ist ein schriftliches Beratungsprotokoll zu erstellen. Dies dient als Schutz für den Anleger und soll helfen, die Beratungsqualität zu verbessern, da es im Falle einer Auseinandersetzung vor Gericht als Beweismittel herangezogen werden kann.

In das Beratungsprotokoll ist gemäß § 14 Abs. 6 WpDVerOV Folgendes aufzunehmen:

  • Anlass und Dauer der Anlageberatung und damiteinhergehend, ob die Initiative für die Beratung von der Bank oder vom Kunden ausging
  • für die Beratung maßgebliche Informationen überdie persönliche Situation des Kunden
  • Informationen über alle bei der Beratungangesprochenen Anlagen
  • wesentliche Ziele des Kunden und deren Gewichtung
  • im Gespräch erteilte Empfehlungen und
  • die wesentlichen Gründe für diese Empfehlungen.

Mithilfe des Beratungsprotokolls soll beurteilt werden, ob der Anlageberater sich genügend Zeit für die Beratung genommen hat und ob diese anleger- und objektgerecht erfolgt ist. Der Anlageberater muss es unterzeichnen und dem Kunden vor Vertragsabschluss aushändigen.

Berater versuchen oft, den Kunden dazu zu bringen, das Beratungsprotokoll ebenfalls zu unterzeichnen. Gesetzlich ist er hierzu nicht verpflichtet, doch wenn der Kunde unterschreibt, bestätigt er damit die Richtigkeit des Beratungsprotokolls. Da häufig komplizierte Ausdrücke und Vordrucke verwendet werden, versteht der Kunde selbst bei genauem Lesen oftmals nicht genau, was er unterzeichnet. Vor Gericht ist es in einem solchen Fall schwierig nachzuweisen, dass die Beratung anders ablief, als es im Protokoll dokumentiert ist.

Wurde die Anlageberatung mithilfe von Kommunikationsmitteln durchgeführt, die die Übermittlung des Protokolls vor dem Geschäftsabschluss nicht gestatten, so ist der Berater dazu verpflichtet dem Kunden das Beratungsprotokoll unverzüglich nach der Beratung zuzusenden. Erst nach Erhalt des Beratungsprotokolls kommt der Vertrag zustande, über den beraten wurde.

Auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden kann der Geschäftsabschluss schon vor Erhalt des Beratungsprotokolls zustande kommen. In diesem Fall hat der Berater dem Kunden ein Rücktrittsrecht einzuräumen, falls das Beratungsprotokoll fehlerhaft oder nicht vollständig ist. Das Gesetz gewährt dem Kunden zur Wahrnehmung des Rücktrittsrechts eine Woche ab Zugang des Beratungsprotokolls. Auf das Rücktrittsrecht und diese Frist hat der Berater den Kunden hinzuweisen.

Beispiel

Herr Vogel ruft bei seiner Bank an und lässt sich beraten. Im Laufe des Gesprächs empfiehlt ihm sein Berater einen Immobilienfonds. Herr Vogel möchte daraufhin
Anteile an diesem Fonds erwerben.
Ein Vertrag über den Erwerb der Anteile kommt erst zustande, wenn Herr Vogel das Beratungsprotokoll erhalten hat. Die Bank kann erst dann für Herrn Vogel die Fondsanteile erwerben, wenn sie sicher ist, dass der Kunde das Protokoll erhalten hat, z.B. indem Herr Vogel dies der Bank schriftlich bestätigt. Bis dahin kann sich der Kurs des Fonds ändern.
Da Herr Vogel aber die günstige Marktlage während des Telefonats nutzen möchte, bittet er seinen Berater, bereits jetzt Anteile an dem Fonds zu erwerben. Die Bank kann dem zustimmen. Sie muss Herrn Vogel aber darauf hinweisen, dass er nach Erhalt des Protokolls eine Woche lang von dem Geschäft mit dem Fonds zurücktreten kann, wenn das Protokoll nicht richtig oder nicht vollständig ist.

Beispiel

Herr Strauß lässt sich telefonisch von der Kölner Bank über Aktien beraten und gibt der Bank den Auftrag, Aktien der Elektro Ludwig AG zu erwerben. Da er nicht warten möchte, bis ihm das Beratungsprotokoll zugeschickt wurde, schließt er den Kaufvertrag bereits telefonisch ab.
Der Berater weist ihn darauf hin, dass innerhalb einer Woche ab Zugang des Beratungsprotokolls ein Rücktrittsrecht besteht. Zwei Tage später erhält Herr Strauß das richtige und vollständige Protokoll per Post.
Die Kölner Bank ist ihren Pflichten vollständig nachgekommen. Da das Protokoll richtig und vollständig ist, kann der Herr Strauß nicht zurücktreten.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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