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Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 27 – Entstehung und Besteuerung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


10 Entstehung und Besteuerung

Grundsätzlich berechnet sich die Umsatzsteuer gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung). In Ausnahmefällen wird eine Berechnung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) gem. § 20 UStG vom Finanzamt gestattet.

10.1 Sollbesteuerung

Die Sollbesteuerung ist die in § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG gesetzlich geregelte Regelbesteuerung. Danach entsteht die USt mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die steuerpflichtige Leistung ausgeführt wurde. Dies ist bei Lieferungen der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 und 7 UStG) oder bei Beförderungs- oder Versendungslieferungen (§ 3 Abs. 6 UStG) der Beginn der Beförderung oder der Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstandes an den Transporteur. Sonstige Leistungen sind im Zeitpunkt ihrer Vollendung (§ 3 Abs. 9 UStG) ausgeführt. Es kommt weder auf eine Rechnungserteilung noch auf die Vereinnahmung des Entgeltes an.

Diese Grundsätze gelten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG auch für Teilleistungen. Eine Teilleistung ist dann gegeben, wenn eine einheitliche Leistung in wirtschaftlich sinnvolle Teile aufgespalten werden kann und das Entgelt für einen solchen Leistungsteil gesondert vereinbart wurde. Die USt für die Teilleistung entsteht somit bereits in dem Veranlagungszeitraum in dem die Teilleistung vollständig ausgeführt wurde.

Demzufolge kann die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten dazu führen, dass der leistende Unternehmer die USt an das Finanzamt zu entrichten hat, obwohl der Leistungsempfänger die Rechnung noch nicht bezahlt hat, der Unternehmer also die USt vorfinanzieren muss.

10.2 Istbesteuerung

Bei Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) entsteht die Steuer gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1b UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (Istbesteuerung).

Die Istbesteuerung kann nur unter den Voraussetzungen des § 20 UStG und auf Antrag gestattet werden. Jedes Entgelt oder Teilentgelt wird bei der Istbesteuerung unabhängig von der Leistungsausführung zu dem Zeitpunkt der USt unterworfen, zu dem es vereinnahmt wird.

Beispiel
Herr S aus Karlsruhe ist Gewerbetreibender. Er hat im Jahr 2016 einen Gesamtumsatz in Höhe von 120.000 € erzielt.

  • Der der Gesamtumsatz von Herrn S im Vorjahr nicht mehr als 500.000 € gem. § 20 S. 1 Nr. 1 UStG betragen hat, kann für das Jahr 2017 einen Antrag auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten stellen.

10.3 Mindest-Istbesteuerung

Wird vor Ausführung der (Teil-)Leistung eine Abschlags- oder Vorauszahlung entrichtet so entsteht die USt gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 4 UStG bereits vor Leistungsausführung (Mindest-Istbesteuerung).

Der Hintergrund der Mindest-Istbesteuerung liegt darin, dass vorab vereinnahmte Umsatzsteuer möglichst zeitnah und nicht erst im Monat der Leistungsausführung an das Finanzamt abzuführen ist.

Ein Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung und umgekehrt ist möglich. In diesem Fall dürfen Umsätze jedoch nicht doppelt erfasst werden oder unbesteuert bleiben (§ 20 S. 3 UStG). Der VSt-Abzug bleibt von der Besteuerungsform unabhängig und wird bei einem Wechsel nicht berührt.

Bei unentgeltlichen Wertabgaben ist es unerheblich, ob der Unternehmer der Soll- oder Istbesteuerung unterliegt, da es kein Entgelt gibt. Die USt entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die unentgeltliche Wertabgabe getätigt wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG).

10.4 Steuerschuldner

§ 13a UStG bestimmt für die einzelnen Umsatzarten, wer Steuerschuldner ist. Im Fall einer entgeltlichen Lieferung oder sonstigen Leistung eines Unternehmers im Inland (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) trifft grundsätzlich den leistenden Unternehmer gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG die Steuerschuld. § 13b verlagert allerdings in bestimmten Fällen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger, so z.B. bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, bei Grundstücksumsätzen und bestimmten Bauleistungen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.


 

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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