Kreditvertragsrecht – Teil 08 – Sanierungskredit, Überbrückungskredit, Zahlungsaufschub, Finanzierungshilfe
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
1.2.8. Sanierungskredit und Überbrückungskredit
Ein Sanierungskredit soll die drohende Insolvenz eines Schuldners abwenden, wenn dieser (drohend) zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Der Sanierungskredit dient also der finanziellen Gesundung eines notleidenden Unternehmens, sodass das Unternehmen wieder leistungsfähig wird. Sanierungskredite werden für den Zeitraum von der Vorlage eines Sanierungsgutachtens über die Sanierungsphase bis zum erfolgreichen Abschluss der Sanierung (sog. turn around) gewährt und ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der Kreditgeber muss vor der Gewährung des Kredits ein Sanierungsgutachten eines objektiven branchenkundigen Wirtschaftsfachmanns einholen. Aus diesem Gutachten muss sich ergeben, dass nach einem bestimmten Sanierungskonzept Sanierungsfähigkeit besteht. Es muss prognostiziert werden, dass die Insolvenz abgewendet werden kann. Darüber hinaus muss der beabsichtigte Kredit zur Sanierung geeignet sein.
Hat die Bank keine offenen Forderungen gegen den Schuldner aus früheren Krediten, so kann von einem erlaubten Sanierungskredit (uneigennütziger Sanierungskredit) gesprochen werden. Die Bank erzielt über den Kapitaldienst hinaus keine Vorteile zu Lasten anderer Gläubiger.
Der Überbrückungskredit wird für die Zeit gewährt, die während der Ausfertigung und bis zur Vorlage eines Sanierungsgutachtens verstreicht. Der bestehende Liquidationsengpass soll dadurch überwunden werden.
Beispiel
Die L-GmbH kann ihre Verbindlichkeiten seit Monaten immer schwerer begleichen. Es steht fest, dass Zahlungsunfähigkeit und damit Insolvenz droht. Allerdings ist die Sanierung der L-GmbH geplant. Dazu sollen bestimmte Veränderungen in der GmbH vorgenommen, insbesondere Produktionsprozesse optimiert und modernisiert werden. Allerdings schafft die L-GmbH dies nur mithilfe eines Kredits. Die L-GmbH wendet sich nun an die T-Bank und beantragt unter Vorlage des Sanierungsplans einen Kredit. Die L-GmbH beauftragt einen externen und sehr bekannten Wirtschaftsprüfer, der den Sanierungsplan und die wirtschaftliche Lage der L-GmbH ausführlich prüft. Das Gutachten, das er erstellt, ergibt, dass die Sanierung der Gesellschaft tatsächlich erfolgversprechend ist. Die T-Bank kann der L-GmbH einen Sanierungskredit gewähren.
1.2.9. Zahlungsaufschub und sonstige Finanzierungshilfen
Finanzhilfen können außer in Form von Geldkrediten in Form von Zahlungsaufschüben und anderen Finanzierungshilfen gewährt werden. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass dem Darlehensnehmer keine Geldsumme gewährt wird, sondern dieser anderweitig bei seinen Zahlungsverpflichtungen unterstützt wird. Ist bei Verträgen über Zahlungsaufschüben oder sonstige Finanzierungshilfen der Finanzierungshilfen-Empfänger ein Verbraucher und der andere Vertragsteil ein Unternehmer, hat der Unternehmer erhöhte Informationspflichten zu erfüllen.
Ein Zahlungsaufschub gründet auf einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, nach der die Durchsetzbarkeit oder Fälligkeit einer Forderung, z.B. einer Zahlungsverpflichtung, auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben wird. Ein Aufschub muss nicht schon bei Vertragsschluss vereinbart werden, diese Vereinbarung kann zu einem beliebigen Zeitpunkt erfolgen. Der Zahlungsaufschub wird in der Regel gegen Entgelt eingeräumt.
Als sonstige Finanzierungshilfe gilt jede nicht als Darlehen oder Zahlungsaufschub einzuordnende zeitweilige Überlassung von Kaufkraft auf mittelbarem Weg.
In diese Kategorie sind Leasing- und sonstige Gebrauchsüberlassungsverträge einzuordnen, soweit sie Finanzierungselemente zugunsten des Verbrauchers beinhalten, z.B. Mietkäufe.
Beispiel
Herr Schröder hat bei Händler S ein Auto zum Preis von 15.000 EUR erworben; den Kaufpreis soll er am 15.09.2014 bezahlen. Wegen eines unvorhergesehenen Wasserschadens in seinem Haus muss Herr Schröder aber am 10.09.2014 fast all seine Rücklagen für Handwerkerrechnungen ausgeben. Mit dem Händler vereinbart Herr Schröder deshalb einen Zahlungsaufschub bis zum 15.11.2014. Dafür soll Herr Schröder monatlich 5 % des Kaufpreises als Zinsen an den Händler bezahlen, was die beiden schriftlich festhalten.
Hier liegt ein Zahlungsaufschub vor. Der Händler muss erhöhte Informationspflichten erfüllen, bevor er mit Herrn Schröder den Zahlungsaufschub schriftlich fixiert. Darüber hinaus muss er in dem Vertrag bestimmte Informationen, wie z.B. Name und Anschrift des Händlers, die Höhe des Zahlungsaufschubes, die Laufzeit oder die Zinsen, festhalten.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Dezember 2014