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Rücktrittsrecht in den AGB eines Leasingvertrags über eine noch anzupassende und zu implementierende Branchensoftware

Der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Wirksamkeit eines in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Leasinggesellschaft enthaltenen Rücktrittsrechts zu entscheiden.



Die klagende Leasinggesellschaft nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaft in Anspruch, die der Beklagte für Zahlungsverpflichtungen der inzwischen insolventen Leasingnehmerin, deren Geschäftsführer er war, geleistet hat. Leasinggegenstand des zwischen der Klägerin und der Leasingnehmerin am 23. Juni / 7. Juli 2005 abgeschlossenen Leasingvertrages war eine vom Lieferanten noch anzupassende und zu implementierende Branchensoftware mit einem Gesamtanschaffungswert von 400.000 €. Als spätester Fertigstellungszeitpunkt für die Software wurde der 30. Juni 2006 vereinbart. Die Vertragslaufzeit sollte erst mit der Abnahme des Leasinggegenstandes durch die Leasingnehmerin beginnen. In Ziffer 12. der dem Leasingvertrag beigefügten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease" (Fußnote) heißt es unter der Überschrift "Scheitern des Projektes":



"12.1 Sollte der Gegenstand (Fußnote) bis zum vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt nicht ordnungsgemäß erstellt und von dem Kunden abgenommen oder zuvor gleich aus welchen Gründen gescheitert sein, ist die Leasinggesellschaft berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten. (...)





Am 8. Juli 2005 und 10. August 2005 stellte die Lieferantin der Klägerin zwei Rechnungen für überlassene Lizenzen und für Projektleitung und Konzepterstellung in Höhe von insgesamt 96.384,11 € mit Mehrwertsteuer. Am 8. Juni 2006 stellte die Leasingnehmerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das am 30. Oktober 2006 eröffnet wurde. Mit an die Leasingnehmerin gerichtetem Schreiben vom 3. Juli 2006 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Leasingvertrag mit der Begründung, der späteste Fertigstellungszeitpunkt sei verstrichen, ohne dass die Abnahme erfolgt sei. Gleichzeitig nahm die Klägerin den Beklagten aus seiner Bürgschaft in Anspruch.



Das Landgericht hat die auf Zahlung in Höhe von 96.384,11 € gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die gegen das Urteil des Landgerichts von der Klägerin eingelegte Berufung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihren Zahlungsantrag weiterverfolgt.



Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der an die Lieferantin erbrachten Zahlungen und damit eine Haftung des Beklagten aus der Bürgschaft (Fußnote) zu Recht verneint hat und zutreffend davon ausgegangen ist, dass das der Klägerin in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeräumte Rücktrittsrecht und das Kaufund Erstattungsangebot des Leasingnehmers nach § 307 BGB unwirksam sind.



Bereits das in Ziffer 12.1 Satz 1 der AGB für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Erstellung und Abnahme der Leasingsache bis zum vertraglich vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt geregelte Rücktrittsrecht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 1 BGB unwirksam. Auch im unternehmerischen Rechtsverkehr muss ein vertraglich ausbedungenes Lösungsrecht vom Vertrag auf einen sachlich gerechtfertigten Grund abstellen. Ein sachlicher Grund kann zwar darin liegen, dass der Leasinggeber, der die Erstellung der Leasingsache über einen längeren Zeitraum vorfinanziert, seine Gegenleistung aber erst ab Beginn der Laufzeit des Leasingvertrages erhält, ein berechtigtes Interesse daran hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine endgültige Klärung herbeizuführen. Das rechtfertigt aber auch im unternehmerischen Verkehr nicht eine Klausel, die den Rücktritt auch für den Fall gestattet, dass der Leasinggeber selbst oder der im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Gebrauchsüberlassungspflicht als sein Erfüllungsgehilfe (Fußnote) tätige Lieferant die Verzögerung der Erstellung und Abnahme des Leasinggegenstandes über den vertraglich vereinbarten Zeitpunkt hinaus zu vertreten hat.



Darüber hinaus ist auch die von den Grundgedanken des Mietrechts in Verbindung mit der gesetzlichen Regelung der Rücktrittsfolgen in §§ 346 ff. BGB ganz erheblich zum Nachteil des Leasingnehmers abweichende Regelung in Ziffer 12.2 Sätze 1 bis 5 der AGB gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, so dass der Klägerin der darauf gestützte Zahlungsanspruch nicht zusteht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in den AGB der Klägerin vorgenommene Regelung der Rücktrittsfolgen dann wirksam wäre, wenn sie nur für den Fall gelten würde, dass der Leasingnehmer die Verzögerung der Erstellung und Abnahme des Leasinggegenstandes über den vertraglich vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt hinaus zu vertreten hat. Unangemessen und deswegen unwirksam ist die Regelung jedenfalls deswegen, weil sie auch die Fälle erfasst, dass der Leasinggeber selbst oder der im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Gebrauchsüberlassungspflicht als sein Erfüllungsgehilfe (Fußnote) tätige Lieferant die verzögerte Erstellung und Abnahme der Leasingsache zu vertreten hat. Die einseitige Zuweisung des Risikos der erfolgreichen Erstellung der Leasingsache an den Leasingnehmer verkennt darüber hinaus die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung hervorgehobene Stellung des Leasinggebers als Eigentümer und Vermögensinhaber der Leasingsache mit seiner sich daraus herleitenden Gebrauchsüberlassungspflicht, der sich der Leasinggeber insbesondere im Hinblick auf das Risiko der Insolvenz des Lieferanten nicht entziehen kann.



BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 - VIII ZR 258/07


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Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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