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Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 27 – Abschluss der Ermittlungen, Bußgeldverfahren

9.3.3 Abschluss der Ermittlungen

Bestätigt sich der Tatverdacht nicht, so stellt das ermittelnde Finanzamt das Verfahren ein. Gründe für eine Einstellung sind das Fehlen einer objektiven Steuerhinterziehung, eine objektive Verkürzung der Steuer, jedoch kein Vorsatz dazu, oder fehlende Schuldfähigkeit des Steuerpflichtigen. Außerdem kommen Verfahrenshindernisse als Grund einer Verfahrenseinstellung in Betracht. Verfahrenshindernisse sind die strafrechtliche Verjährung (siehe Kapitel 7) oder eine wirksam erklärte Selbstanzeige (siehe Kapitel 8). Es gilt der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten".(Fußnote)

Das ermittelnde Finanzamt in seiner Funktion als Staatsanwaltschaft kann gemäß § 398 Absatz 1 AO von der Verfolgung einer Steuerhinterziehung, bei der nur eine geringwertige Steuerverkürzung eingetreten ist oder nur geringwertige Steuervorteile erlangt sind, auch ohne Zustimmung des zuständigen Gerichts absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Als geringwertige Steuervorteile werden Beträge bis 500 € angesehen, geringe Schuld meint beispielsweise eine persönliche Notlage.(Fußnote) Eine solche ist z.B. anzunehmen, wenn der Täter am Existenzminimum lebt und zu erkennen ist, dass schon der geringe Hinterziehungsbetrag für ihn essentiell wichtig war.

Eine Einstellung mit Zustimmung des Gerichts und des Beschuldigten kann gemäß § 153a StPO erfolgen, soweit Auflagen erfüllt werden. Auflagen in diesem Sinne können (nichtabzugsfähige) Spenden oder gemeinnützige Arbeit sein, wobei dieses Vorgehen in der Praxis bei Beträgen bis maximal 5.000 € angewandt wird.(Fußnote)

Die Finanzbehörde kann die Strafsache jederzeit an die Staatsanwaltschaft abgeben. Die Staatsanwaltschaft kann sie jederzeit an sich ziehen, das heißt selbst ermitteln.

Bieten die Ermittlungen genügend Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, so beantragt die Finanzbehörde beim Richter den Erlass eines Strafbefehls, wenn die Strafsache zur Behandlung im Strafbefehlsverfahren geeignet erscheint; ist dies nicht der Fall, so legt die Finanzbehörde die Akten der Staatsanwaltschaft vor, vergleiche § 400 AO. Die Geeignetheit wird in der Praxis durch das Finanzamt anhand der Höhe der hinterzogenen Steuer festgemacht.(Fußnote) Bei einer hohen sechsstelligen Summe wird die Verhängung einer Geldbuße und damit die Möglichkeit eines Strafbefehls nach der Rechtsprechung schon kritisch betrachtet, bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe jedenfalls wird das ein Strafbefehlsverfahren als nicht mehr geeignet erachtet.(Fußnote) Außerdem muss für einen Strafbefehl die Sache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht einfach gelagert sein (In der Regel durch Geständnis des Beschuldigten).(Fußnote)

9.4 Das Bußgeldverfahren

Für das Bußgeldverfahren gelten den verfahrensrechtlichen Vorschriften des OWiG sowie nach § 410 AO ergänzende Vorschriften über das Steuerstrafverfahren. Für das Bußgeldverfahren sind folgende relevante Unterschiede im Vergleich zu einem Strafverfahren zu nennen:(Fußnote)

  • Das Finanzamt ist im Bußgeldverfahren nicht nur zuständig für das Ermittlungsverfahren, sondern auch für die Festsetzung der Geldbuße. Im Gegensatz zu einem Strafverfahren wird die Geldbuße nicht durch einen Richter verhängt.
  • Anders als im Strafverfahren gilt im Bußgeldverfahren kein Verfolgungszwang. Die Behörde kann im Rahmen ihres Ermessens von der Verfolgung absehen, auch wenn ein Tatverdacht besteht (In der Regel gilt hier ein Grenzwert von 500 €, außer bei Wiederholungstätern, genau wie beim Absehen von Strafe wegen geringwertiger Steuervorteile).
  • Gegen einen Bußgeldbescheid ist ein Einspruch des Bußgeldempfängers innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheids möglich. Wenn der Einspruch rechtzeitig eingelegt wird, erfolgt eine gerichtliche Hauptverhandlung, in der alle Beteiligten vor Ort gehört werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

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zum vorhergehenden Teil des Buches

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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