Unwirksame Schriftformklausel für Nachtragsaufträge
Sachverhalt:
Die Parteien streiten zum einen um verschiedene Nachforderungen in Höhe von 1.985.539,23 DM (EUR 1.015.190,10). Diese Nachforderungen sind nicht schriftlich beauftragt worden.
Der Auftraggeber vertritt die Auffassung, dass er aufgrund der fehlenden schriftlichen Vereinbahrung, diese Nachforderungen nicht bezahlen müsste. Er beruft sich auf die von ihm verwendete Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers sehen vor, dass dann, wenn Mehrleistungen über den vertraglich erteilten Auftrag hinaus erforderlich werden, der Auftragnehmer unaufgefordert ein Nachtragsangebot einzureichen hat. Nach dieser Klausel besteht ein Anspruch auf Vergütung erst dann, wenn der Auftraggeber dieses Nachtragsangebot angenommen und schriftlich bestätigt hat.
Entscheidung:
Der BGH (BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 53/03) versagt dieser Klausel die Wirksamkeit. Eine vom Auftraggeber gestellte Klausel in einem Bauvertrag, nach der jegliche Nachforderungen ausgeschlossen sind, wenn sie auf schriftlichen Zusatz- und Nachtragsaufträgen des Auftraggebers beruhen, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist nach § 9 AGBG unwirksam.
Ein derartiger Ausschluss aller sich aus der Erbringung von vertraglich nicht vorgesehenen Leistungen ergebenden Ansprüchen benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen. Ein Interesse des Auftraggebers an einer frühzeitigen Information über zusätzliche Kosten des Bauvorhabens rechtfertige zwar eine Anzeigepflicht, nicht jedoch den Ausschluss von Ansprüchen des Auftragnehmers.
Eine unangemessene Benachteiligung könne dann bejaht werden, wenn die gesetzlichen Ansprüche für zusätzliche oder geänderte Leistungen insgesamt ausgeschlossen werden. Die gesetzlichen Ansprüche stellen einen regelmäßig angemessenen Interessenausgleich für den Fall dar, dass vertragliche Ansprüche nicht gegeben sind.
Mit der uneingeschränkten Abbedingung wird gegen den wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Vergütungsregelung im Hinblick auf einen angemessenen Interessenausgleich hinsichtlich Leistung und Gegenleistung verstoßen. Hinzu kommt, dass der gesetzliche Anspruch von einer schriftlichen Vereinbarung abhängig gemacht wird. Da damit die schriftliche Vereinbarung die einzige Möglichkeit ist, einen Anspruch für den Auftragnehmer durchzusetzen, liegt eine unangemessene Benachteiligung vor.
Das Interesse des Auftraggebers an Kostenklarheit, Kostensicherheit und Vermeidung unliebsamer Überraschungen sowie von Auseinandersetzungen über die häufig umstrittenen Nachforderungen vermag nicht ausreichend zu begründen, dass der Auftraggeber die Leistungen ohne geldwerten Ausgleich behalten und nutzen kann. Denn letztlich sind diese Nachforderungen, wenn sie denn berechtigt sind, in vielen Fällen entweder auf nachträgliche Sonderwünsche des Auftraggebers, Änderungen der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, unzureichende Ausschreibung und Beratung oder auf eine nach Nutzerwünschen geänderte Planung zurückzuführen, die sich der Auftraggeber häufig zu eigen macht. Sie haben deshalb ihre Ursache regelmäßig im Verantwortungskreis des Auftraggebers.
Praxistipp:
Auch die Klauseln, die vertragliche Ansprüche von der Schriftform abhängig machen, sind unwirksam. Denn sie differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Ansprüchen. Vielmehr erheben sie die schriftliche Vereinbarung zur einzigen Möglichkeit, einen Anspruch durchzusetzen. Die darin liegende unangemessene Benachteiligung kann auch nicht durch eine geltungserhaltene Reduktion ausgeglichen werden.
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Stand: Oktober 2005
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