Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung - Teil 15 - Die relativen Schutzhindernisse: Verwechslungsgefahr wegen Ähnlichkeit der Zeichen und Waren oder Dienstleistungen
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Florin Brückner
wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.2.1.1.2. Verwechslungsgefahr wegen Ähnlichkeit der Zeichen und Waren oder Dienstleistungen
Der Begriff der Verwechslungsgefahr umschreibt den Beurteilungsmaßstab, welchen Abstand man zwischen zwei konkurrierenden Marken einhalten muss. Eine die Verwechslung begründende Ähnlichkeit liegt vor, wenn die betroffenen Verkehrskreise im maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektor annehmen, dass die Waren oder Dienstleistungen aus dem gleichen oder einem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen kommen.
Ab wann eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, ist oft sehr streitig und nicht ohne weiteres zu bestimmen. Deshalb empfiehlt es sich hier einen Fachmann zu Rate zu ziehen, da dieser die Rechtsprechung kennt, ein besseres Gefühl und einen besseren Überblick über dieses Gebiet hat.
Beispiel:
Die Beiden Zigarettenmarken „WELT“ und „WEST“ sind nicht verwechslungsfähig, da es sich um kurze Wörter handelt, bei denen schon ein Buchstabe eine Verwechslungen ausschließt.
Bei normaler Kennzeichnungskraft ist trotz Branchenidentität die Zeichenähnlichkeit zwischen "Telekom" und "01051 Telecom" zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.
Aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem 11. November 1997 in der Rechtssache C-251/95 heißt es,
„Je größer sich die Kennzeichnungskraft eines Zeichens darstelle, um so größer sei die Verwechslungsgefahr, bei einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren oder Dienstleistungen als Gesamtzeichen wirkt. Der Beurteilung, ob einem Element eine das Gesamtzeichen prägende Bedeutung zukomme, liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet, wobei allerdings die Denk- und Erfahrungssätze zu beachten seien.“ Aufbauend auf diesem Grundsatz sind allgemeine Aussagen, ab wann eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, sind schwer zu treffen.
Es gibt 3 Arten von Verwechslungsgefahr:
- Unmittelbare Verwechslungsgefahr
Das eine Zeichen wird fälschlicherweise für ein anderes gehalten, weil es aufgrund der Ähnlichkeit nicht auseinander gehalten werden kann oder vom Verbraucher nicht auseinander gehalten wird.
Beispiel:
Revian ist zu ähnlich mit der Marke Evian und die Benutzung kann so untersagt werden. - Mittelbare Verwechslungsgefahr
Die Zeichen können und werden auseinander gehalten. Sie werden aber wegen ihrer Ähnlichkeit oder weil das eine Zeichen als Abwandlung des anderen gesehen wird mit dem gleichen Unternehmen in Verbindung gebracht.
Beispiel:
„Evian naturelle“ wird man wohl auch mit „Evian“ verbinden und somit dürfte eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben sein. - Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
Bei dieser Art der Verwechslungsgefahr vermutet der Verkehr organisatorische, vertragliche oder ähnliche Verbindungen zwischen den Unternehmen. Dies wird durch die Ähnlichkeit der Zeichen herbeigeführt.
Bei der Feststellung der Verwechslungsgefahr spielen die Zeichenähnlichkeit, die Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit und die Kennzeichnungskraft des geschützten Zeichens, also der Marke, eine Rolle. Diese stehen in einer Wechselwirkung zueinander. Je ähnlicher die Produkte sind, umso mehr müssen sich die Zeichen unterscheiden. Dies gilt andersrum genauso.
Beispiel:
- Es können im Einzelfall gleiche Marken in unterschiedlichen Warenklassen existieren. Genauso können in der gleichen Warenklasse unterschiedliche Marken existieren. Je näher sich eins von beiden annähert, umso weiter muss das andere sich entfernen.
- Zwischen Schokolade und Schokoladenwaren einerseits und einem Milchdessert andererseits besteht durchschnittliche Warenähnlichkeit.
Die Ähnlichkeit des Zeichens ist abhängig von der bildlichen, begrifflichen oder klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen zueinander. Die Ähnlichkeit ist hierbei aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu betrachten. Es ist dabei folgendes zu beachten:
- Die Produkte werden selten gleichzeitig nebeneinander betrachtet, somit ist die Erinnerung an das Zeichen maßgebend.
Beispiel:
Sieht man zwei BMW Modelle nebeneinander sind die Unterschiede leicht wahrnehmbar, hat man jedoch nur ein Modell vor sich kann man manchmal aus der Erinnerung keine Unterschiede feststellen. - Der Verkehr nimmt das Zeichen normal im Gesamtbild wahr, somit ist dieses Gesamtbild zu bewerten.
- Die Gemeinsamkeiten sind von größerer Bedeutung als die Unterschiede.
Beispiel:
Zwei Marken haben einige Unterschiede sind aber in ein paar Punkten gleich, so ist hier wohl von einer ausreichenden Ähnlichkeit auszugehen.
Es ist außerdem die Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens zu beachten. Je höher diese ist, umso größer muss der Abstand vom Zeichen zum Produkt sein. Die Kennzeichnungskraft ist Produktbezogen festzustellen. Diese ist wiederum abhängig vom Freihaltebedürfnis und der Verkehrsbekanntheit des Zeichens. Daraus folgt, dass je höher die Verkehrsbekanntheit eines Zeichens ist, umso umfassender auch sein Schutzbereich ist.
Beispiel:
Coca-Cola kennt jeder, deshalb ist es schwer im Bereich Soft-drinks eine Marke anzumelden, die ähnlich aussieht oder ähnlich heißt.
Nach dem Gesetz soll schon die Gefahr miterfasst werden, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dies soll jedoch nur den Umfang der Verwechslungsgefahr näher bestimmen und keine Alternative dazu sein.
Beispiel:
Bei der Marke „die blauen Seiten“ ist die Gefahr einer Verwechslung im weiteren oder mittelbaren Sinne mit der Marke „die gelben Seiten“ hinreichend gegeben.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-22-9.
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Harald Brennecke
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Florin Brückner
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Februar 2010
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen.
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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:
- „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet im Bereich des Markenrechts folgende Vorträge an:
- Marken als strategischer Schutz des Unternehmenswerts
- Der Wert von Marken
- Markenschutz in Deutschland und Europa – wie weit ein Markenschutz sinnvoll ist
- Der Schutz von Domainnamen als Namensrecht und markenähnliches Recht
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