Einführung ins Urheberrecht - 23 - Der Urheber als Arbeitnehmer
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
5.8 Der Urheber als Arbeitnehmer
In diesem Kapitel soll die Konstellation, dass der Urheber ein Arbeitnehmer ist, im Vordergrund stehen. Bisher haben wir den Urheber als Prototyp betrachtet - als freischaffenden Künstler.
Der Fall des Urhebers als freischaffender Künstler ist heute jedoch die Ausnahme. Die häufigsten Anwendungsfälle des Urheberrechts betreffen Arbeitnehmer, die für ihren Arbeitgeber etwas erschaffen.
Ist der Urheber Arbeitnehmer hat dies insbesondere auf die Einräumung von Nutzungsrechten erhebliche Auswirkungen.
- Der Arbeitgeber trägt das Risiko, der Arbeitnehmer wird Urheber 5.8.1
- Der Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen, § 43 UrhG 5.8.2
- Verpflichtung des Arbeitsnehmers zur Einräumung von Nutzungsrechten 5.8.3
- Anbietungspflicht bei freien Werken? 5.8.4
- Zusätzlicher Vergütungsanspruch für den Arbeitnehmerurheber? 5.8.5
5.8.1 Der Arbeitgeber trägt das Risiko, der Arbeitnehmer wird Urheber
Der Arbeitgeber stellt das für das Erschaffen des Werkes notwendige Kapital zur Verfügung und trägt dennoch das volle Risiko seiner Verwertung.
Der Arbeitnehmer hingegen wird Urheber des Werkes, das er für den Arbeitgeber und in dessen Auftrag erstellt. Das Schöpferprinzip gilt uneingeschränkt, siehe Punkt 3.1.
Diese Situation ist für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber nachvollziehbarer Weise unbefriedigend.
Der Arbeitgeber will das Werk verwerten können. Der Arbeitnehmer will sicheren Lohn haben, den er vom Arbeitgeber nicht bekäme, wenn er das Werk alleine verwerten müsste oder auch nur könnte.
Mit § 43 UrhG regelt der Gesetzgeber dieses Verhältnis.
5.8.2 Arbeits- oder Dienstverhältnis, § 43 UrhG
Die Konstellation Arbeitnehmer-Arbeitgeber ändert nichts an der Situation, dass das Urheberrecht beim Urheber verbleibt und nicht übertragen werden kann, vgl. § 29 I UrhG. Daher muss sich der Arbeitgeber Nutzungsrechte nach den §§ 31 ff. UrhG einräumen lassen. § 43 UrhG schafft für den Arbeitgeber eine Erleichterung.
Nach § 43 UrhG sind die Vorschriften dieses Unterabschnitts anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt.
Die erste wichtige Aussage des § 43 UrhG ist, dass dieser die Anwendung der Regelungen der §§ 31 ff. UrhG bejaht. (Fußnote)
Zweitens ist zu beachten, dass § 43 UrhG nur für solche Werke gilt, die der Arbeitnehmer in Erfüllung seiner Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnisse geschaffen hat. Entscheidend ist welche Tätigkeiten vereinbart wurden. Auch können arbeitsrechtliche Bestimmungen für die Verpflichtung entscheidend sein. (Fußnote) Werkvertragliche und freie Dienstverhältnisse fallen nicht unter diese Regelung. Die von § 43 UrhG erfassten Dienstverhältnisse beziehen sich auf öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnisse von Beamten bzw. Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst.
Ist der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag verpflichtet, ein bestimmtes Werk zu erstellen, spricht man von einem Pflichtwerk. (Fußnote)
Eine Erfüllung einer Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis besteht auch, wenn das Werk in der Freizeit geschaffen wurde. Einzig entscheidend ist nur, dass ein Arbeitsverhältnis be-steht, das zur Erstellung derartiger Werke verpflichtet. (Fußnote)
Beispiel:
Arbeitnehmer X soll ein Musikstück komponieren. Da er sich abends kreativer fühlt, tut er dies nach Feierabend. Es handelt sich gleichwohl um ein Pflichtwerk.
Neben den sogenannten Pflichtwerken gibt es freie Werke. Freie Werke sind Werke, die der Beschäftigte nicht in Erfüllung, sondern nur bei Gelegenheit oder ganz außerhalb der Beschäftigung schafft. (Fußnote) § 43 UrhG ist nicht anzuwenden. (Fußnote)
Beispiel:
Arbeitnehmer X ist angestellter Softwarentwickler. Er komponiert ein Musikstück. Dies ist ein freies Werk.
Ein Werk, das der Arbeitnehmer in Erfüllung seiner Verbindlichkeit erschafft, ist also ein Pflichtwerk. Alle anderen Werke sind freie Werke. Nur für Pflichtwerke ist § 43 UrhG anzuwenden.
Zu freien Werken siehe weiter unter 5.8.4.
Wurde das Werk von einem Urheber in Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffen, finden gem. § 43 UrhG die §§ 31 ff. UrhG Anwendung.
§ 43 UrhG begrenzt dies auf die Fälle, soweit sich aus dem Inhalt oder nach dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt.
Der Arbeitsvertrag kann durch die Parteien so ausgestaltet sein, dass das Ergebnis der Tätigkeit des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber zustehen soll. Der Beschäftigte wird damit verpflichtet, die entsprechenden Nutzungspflichten einzuräumen.
In Arbeitsverträgen wird teilweise versucht zu vereinbaren, dass gewisse Regelungen der §§ 31 ff UrhG unanwendbar sein sollen. (Fußnote)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Urheberrecht“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Simon Hofmann, wissenschafticher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2011, ISBN 978-3-939384-12-0
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