Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers - Teil 40 – Verlustanzeigepflicht nach § 84 GmbHG
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
4.1.3 Verletzung der Verlustanzeigepflicht nach § 84 GmbHG
4.1.3.1 Allgemeines
Nach § 49 Abs. 3 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich die Gesellschafter zu informieren, wenn ihm bekannt wird, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Die Anzeige soll den Gesellschaftern ermöglichen, rechtzeitig Rettungsmaßnahmen einzuleiten und die GmbH vor der Insolvenz zu schützen. Neben den Gesellschaftern sollen auch die Gläubiger der GmbH vor Verlusten geschützt werden.
§ 84 GmbHG legt daher für einen Verstoß gegen diese Anzeigepflicht eine strafrechtliche Haftung des Geschäftsführers fest.
4.1.3.2 Unterlassen der Verlustanzeige
Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er die Anzeige unterlässt. Eine verspätete Anzeige ist ebenfalls strafbar. Die Anzeigepflicht beginnt dann, wenn der Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals eintritt, unabhängig von der Kenntnis des Geschäftsführers. Die Feststellung, ob eine entsprechender Verlust vorliegt, bestimmt sich nach den bilanzrechtlichen Vorschriften für die Aufstellung des Jahresabschlusses (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 84, Rn. 14).
Aufgrund seiner Pflichten die ihm als Geschäftsführer obliegen, muss er über die finanzielle Situation der GmbH informiert sein. Daher besteht eine Pflicht zur unverzüglichen Anzeige. Der Geschäftsführer darf nicht abwarten, ob ein Verlustausgleich innerhalb eines gewissen Zeitraums eintreten wird. Das Vorliegen einer konkreten Gefährdung bzw. eines konkreten Schadens bei den Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft ist nicht erforderlich.
Die Anzeige muss gegenüber allen Gesellschaftern erfolgen. Die Art und Weise der Anzeige ist nicht vorgeschrieben. So kann diese schriftlich, mündlich, elektronisch oder durch einen Boten erfolgen. Ob die Anzeige satzungsgemäß erfolgt ist, spielt dabei keine Rolle.
4.1.3.3 Vorsatz und Strafmaß
Der Geschäftsführer muss mit Vorsatz gehandelt haben. Er musste also den Verlust des Stammkapitals kennen und bewusst auf eine Anzeige gegenüber den Gesellschaftern verzichtet haben. In diesem Fall wird er gemäß § 84 Abs. 1 GmbHG mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Hat der Geschäftsführer lediglich fahrlässig gehandelt, wird er mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Fahrlässig handelt der Geschäftsführer insbesondere dann, wenn er den Verlust trotz entsprechender Erkenntnisfähigkeit nicht bemerkt, die Anzeige vergisst, oder davon ausgeht, dass der Verlust wieder ausgeglichen wurde.
4.1.3.4 Beispiele für eine Strafbarkeit nach § 84 GmbHG
- Bei der routinemäßigen Überprüfung der Finanzlage stellt Geschäftsführer A fest, dass mehr als die Hälfte des Stammkapitals verloren gegangen ist. Er ignoriert diesen Umstand da er glaubt, dass der Verlust bald durch neue Aufträge wieder ausgeglichen werden kann.
- Bei der routinemäßigen Überprüfung der Finanzlage stellt Geschäftsführer A fest, dass mehr als die Hälfte des Stammkapitals verloren gegangen ist. Da er aber zwei Wochen auf Geschäftsreise geht, zeigt er den Verlust erst 3 Wochen nach Kenntnis an.
- Geschäftsführer A erhält den aktuellen Finanzbericht. Er überprüft ihn jedoch nur oberflächlich und übersieht, dass mehr als die Hälfte des Stammkapitals verloren gegangen ist.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschafts- sowie Insolvenzrecht und Robin Bachmayer, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-29-8.
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Stand: Dezember 2014
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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