Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 19 - Anwendungsbereich der §§ 308,309 BGB
4.2. Anwendungsbereich §§ 308, 309 BGB
Jedoch sind die §§ 308, 309 BGB nicht auf alle AGB anwendbar. Ihr Anwendungsfeld richtet sich nach § 310 BGB.
4.2.1 Unternehmerischer Verkehr
Nach § 310 I 1 BGB finden die §§ 308 und 309 BGB u. a. auf AGB in Verträgen zwischen Unternehmern keine Anwendung. Eine Inhaltskontrolle findet nur nach § 307 I und II BGB statt. Wobei den Katalogen der §§ 308, 309 BGB eine Indizwirkung (siehe Glossar) zukommt. Gleiches gilt für AGB in Verträgen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen.
Einerseits dienen die §§ 308, 309 BGB dem Schutz der rechtsunerfahrenen Verbraucher. Von Unternehmern wird dagegen erwartet, dass sie über genügende Erfahrung verfügen um sich gegen derartige Klauseln zur Wehr setzen zu können, beispielsweise indem diese Klauseln in den Verhandlungen ausgeschlossen werden. Andererseits soll der unternehmerische Verkehr flexibler sein, sodass eine größere Bandbreite an Regelungen zugestanden wird.
Je größer die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Unternehmers vom anderen ist, desto stärker und umfassender ist der Schutzbereich des § 310 I, 2 BGB. Der besonders abhängige Unternehmer wird dann dem Verbraucher nahezu gleichgestellt, sodass ein Verstoß gegen die §§ 308, 309 BGB gleichfalls einen Verstoß gegen § 307 BGB darstellt. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist umso größer, je geringer die Verhandlungsmacht einer Partei ausfällt. Vergleichbares gilt, wenn der Unternehmer mit derartigen Geschäften nicht vertraut ist. Baut ein Personaldienstleister ein Bürogebäude, so ist dies oftmals ein einmaliger Vorgang, bei dem der Unternehmer nur über äußerst geringe Erfahrung verfügt. Hier gibt es einen verstärkten Schutzbereich der §§ 308, 309 BGB.
Sind bestimmte Klauseln des Vertrags nach §§ 308, 309 BGB unwirksam, jedoch üblich (Handelsbrauch nach § 346 HGB), so muss die Benachteiligung durch diese Klauseln besonders hoch sein, damit eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB eintreten kann.
Im Grunde gilt, dass Verstöße gegen die §§ 308, 309 BGB im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern zur Unwirksamkeit führen können; dies dann auf Grundlage des § 307 BGB.
4.2.2 Verbraucherverträge
Für AGB in Verbraucherverträgen gelten die Kataloge der §§ 308, 309 BGB uneingeschränkt. Nach § 310 III BGB findet sogar noch eine Verschärfung statt. AGB gelten als vom Unternehmer gestellt und die Prüfung nach §§ 307 ff. BGB kann auch erfolgen, wenn die Regelung nur einmalig, für diesen Zweck vorformuliert wurde. Zudem werden die den Vertragsschluss begleitenden Umstände stärker berücksichtigt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014,www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Dezember 2014