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Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 02 – Die Abgrenzung von Anlageberatung und Anlagevermittlung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Die Abgrenzung von Anlageberatung und Anlagevermittlung

Die Anlageberatung ist von der bloßen Anlagevermittlung zu unterscheiden. Denn bei einer Anlagevermittlung haftet der Vermittler grundsätzlich nicht für eingetretene Verluste der vermittelten Kapitalanlage.

Ein Anlagevermittler wird in der Regel von kapitalsuchenden Unternehmen beauftragt, Anleger zu finden, die Kapital investieren wollen. Er tritt gegenüber dem Anlageinteressenten selbstständig auf und verlangt vom Interessenten keine Bezahlung für seine Vermittlungstätigkeit. Bei erfolgreichem Vertragsschluss mit dem Anleger erhält der Vermittler seine Provision von seinem Auftraggeber. Aufgrund der Provision besteht ein erhebliches Interesse des Vermittlers daran, dass der Anleger sich für die von ihm angebotene Anlage entscheidet. Der Vermittler handelt also nicht neutral und kann den Anleger daher nicht objektiv beraten. Da der Vermittler aber vom Anleger kein Entgelt für seine Vermittlungstätigkeit erhält, kann und muss der Anleger damit rechnen, dass der Anlagevermittler ihm nicht neutral gegenüber steht. Der Vermittler haftet daher nicht auf Schadensersatz, weil er dem Interessenten nicht andere, evtl. bessere Anlagen präsentiert hat. Der Anlagevermittler ist dem Interessenten jedoch trotzdem zur richtigen und vollständigen Information bezüglich der Anlage verpflichtet. Er muss über alles aufklären, was für den Anlageentschluss des Anlegers von besonderer Bedeutung ist . Falls hier eine Fehlinformation erfolgt, haftet der Anlagevermittler.

Der Anlageberater hingegen soll für den Interessenten von vorne herein nicht nur bestimmte, sondern mehrere Finanzprodukte ins Auge fassen und den Interessenten über sie aufklären. Die empfohlenen Produkte hat er dabei an den Wünschen und Vorstellungen des Interessenten zu orientieren, die er zuvor in einem Gespräch ermittelt. Ein Anlageberater hat grundsätzlich kein Interesse am Abschluss eines bestimmten Geschäftes, sondern agiert im Bezug auf die möglichen Anlagen neutral. Der Berater hat die passenden Anlagemöglichkeiten herauszusuchen und seinen Anleger über die Anlage umfassend zu informieren. Der Anleger kann daher höhere Erwartungen an den Berater stellen als an den Vermittler. Denn bei einer Anlageberatung steht eine fachkundige Beratung und Bewertung der zur Verfügung stehenden Anlagen im Mittelpunkt und nicht der bloße Erwerb einer bestimmten Anlage. Der Berater nimmt also im Gegensatz zum Vermittler persönliches Vertrauen in Anspruch. Fanden Gespräche über eine Anlage mit einer Bank statt, ist fast immer von einem Beratungsvertrag auszugehen.

Beispiel

Herr Martin erhält eines Tages unangekündigten Besuch von Herrn Müller, der sich Herrn Martin als Vermittler von Immobilienfonds für die Heller-AG vorstellt. Er fragt, ob Herr Martin nicht Interesse an ein paar ganz besonders vorteilhaften Immobilienfonds hätte, was Herr Martin bejaht. Herr Martin bittet Herrn Müller herein und lässt sich von ihm einige Immobilienfonds der Heller-AG präsentieren, die Herr Müller als besonders erfolgversprechend und gewinnbringend anpreist. Gleich zu Beginn des Gespräches erklärt Herr Müller außerdem, dass er für das Gespräch mit Herrn Martin kein Geld von diesem verlangen wird.

Hier handelt Herr Müller eindeutig als Anlagevermittler. Er erweckt nicht den Anschein von Neutralität, sondern es wird deutlich, dass er für die Heller-AG tätig wird. Seine Aussagen haben außerdem werbenden und anpreisenden Charakter bezüglich ganz bestimmter Anlagen und er berät nicht über ein breiteres Spektrum. Weil Herr Müller auch kein Geld für die bloße Beratung bekommt, ist außerdem darauf zu schließen, dass er sich über Provisionen finanziert und daher ein Interesse daran hat, dass Herr Martin die präsentierten Fonds - und nicht etwas anderes - erwirbt.

Beispiel

Herr Maier möchte 10.000 € anlegen. Er erkundigt sich bei der Pfalz Bank über die Vor- und Nachteile von Fonds, weil er in solche investieren möchte. Der Mitarbeiter der Bank erläutert Fonds im Allgemeinen und klärt Herrn Maier über die Vor- und Nachteile auf. Dabei empfiehlt er ihm den Stadtrand Fonds, der den Vorstellungen des Herrn Maier entsprechen würde. Herr Maier gibt der Pfalz Bank den Auftrag, Anteile an dem empfohlenen Fonds zu kaufen.
Hier geht es um einen Beratungsvertrag, weil Herr Maier die Sachkunde der Pfalz Bank in Anspruch nimmt und auf ihrer Basis eine Anlageentscheidung trifft.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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