Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 03 – Die Pflichten bei der Anlageberatung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Die Pflichten bei der Anlageberatung
Anlageberater sind wie Anlagevermittler zur richtigen und vollständigen Informa¬tion verpflichtet. Die Anlageberater treffen aber darüber hinaus noch weitere Pflichten.
Diese Pflichten ergeben sich aus einem Beratungsvertrag. Im Folgenden wird dargestellt, wie ein solcher Beratungsvertrag entsteht und welche Pflichten den Berater treffen. Dabei wird auf Banken als typische Anlageberater Bezug genommen. Die vorgestellten Grundsätze gelten aber auch für andere Berater. Wenn für Berater, die keine Banken sind, Ausnahmen gelten, wird dies besonders aufgeführt. Ansonsten meint der Begriff „Bank“ immer auch „Berater“.
2.1. Beratungsvertrag
Ein Beratungsvertrag ist aus rechtlicher Sicht ein Dienstleistungsvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter (§§ 611, 675 BGB). Der Berater schuldet lediglich seine Dienste, aber keinen bestimmten Erfolg, der durch seine Tätigkeit erzielt werden soll. Deshalb geht es in einem Beratungsvertrag in erster Linie nicht um den Erwerb einer Anlage, sondern um die Beratung.
2.1.1. Vertragsschluss
Beratungsverträge kommen in der Regel durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Berater, bzw. der Bank und dem Interessenten zustande. Dies geschieht in der Bankenpraxis in aller Regel durch einen schriftlichen Vertrag. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung über den Abschluss eines Beratungsvertrages, kann ein solcher durch eine stillschweigende Übereinkunft zustande gekommen sein. Ein Vertrag, der auf einer stillschweigenden Übereinstimmung beruht, entfaltet die gleichen Wirkungen, wie ein schriftlich abgeschlossener Beratungsvertrag.
Eine stillschweigende Übereinkunft ist anzunehmen, sobald im persönlichen, telefonischen oder auch schriftlichen Kontakt für den Berater erkennbar wird, dass der Interessent die Sachkunde des Beraters in Anspruch nehmen will und die Äußerungen des Beraters zur Grundlage einer Anlageentscheidung machen wird. Mit anderen Worten: Sobald der Kunde Fragen stellt, die für den Berater erkennen lassen, dass der Kunde aufgrund der Antworten des Beraters eine Vermögensdisposition treffen wird, kann ein stillschweigender Beratungsvertrag zustande kommen, sobald der Berater antwortet. Dabei ist es unerheblich, ob der Kunde dem Berater ein Entgelt bezahlt oder ob der Kunde an den Berater oder umgekehrt heran getreten ist.
Beispiel
Frau Sommer möchte Geld anlegen und erkundigt sich bei Herrn Winter vom Bankhaus Müller nach verschiedenen Anlagemöglichkeiten. Herr Winter empfiehlt ein bestimmtes Wertpapier.
Hier ist zwischen Frau Sommer und dem Bankhaus Müller stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Kenntnis des Bankhaus Müllers über verschiedene Anlageformen war für Frau Sommer von Bedeutung und sie wollte das Wissen des Angestellten in Anspruch nehmen. Dies war für den Mitarbeiter des Bankhauses Müller, Herrn Winter, erkennbar. Frau Sommer macht diese Empfehlung zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung. Indem Herr Winter für das Bankhaus Müller die Beratung vornimmt, gibt er vor, sachkundig zu sein.
Somit sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Beratungsvertrages erfüllt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015