Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 24 - Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen
4.3.5 Nr. 5 – Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen in AGB
Pauschalierte Schadensersatzansprüche in AGB sind unwirksam, wenn ihr Umfang den zu erwartenden Schaden übersteigt oder die Klausel dem Vertragspartner den Nachweis eines geringeren Schadens nicht gestattet.
Da die Höhe des Schadensersatzes in AGB ohne Berücksichtigung des Einzelfalls angesetzt wird, müssen die Fälle, in denen die Pauschalierung Anwendung findet, genauestens geregelt sein.
4.3.5.1 Pauschalierung
Grundsätzlich ist nur das als Schadensersatz zu leisten, was tatsächlich als Schaden entstanden ist. Ein pauschalierter Schadensersatz schließt Berechnungsgrundlagen des Einzelfalls aus, sodass es zu einer Schadensbemessung nach dem in einer Mehrzahl von gleichartigen Fällen typischerweise entstehenden Schaden kommt. Der Gegenseite muss der Gegenbeweis ausdrücklich gestattet werden, dass ein Schaden oder eine Wertminderung gar nicht entstanden oder wesentlich niedriger ist, als die Pauschale.
4.3.5.2 Pauschale höher als der zu erwartende Schaden
Als Vergleichsmaßstab, ob der pauschalierte Schadensersatz zu hoch ausfällt, dient der branchenübliche Durchschnittsschaden in einem derartigen Fall. Hierzu bedarf es einer Schätzung eines fachkundigen Gutachters aus der Branche. Neben dem Durchschnittsschaden fließen andere Ausgleichsbeträge mit ein, wie Wertminderung oder entgangener Gewinn des Verwenders.
Der pauschalierte Schadensersatz ist dann zu hoch, wenn er im objektiv ermittelten typisierten Schadensfall zu hoch wäre. Dies gilt unabhängig davon, ob er im konkreten Einzelfall angemessen wäre.
4.3.5.3 Gegenbeweis in AGB
Die Erlaubnis zum Gegenbeweis muss ausdrücklich in der betreffenden AGB-Klausel enthalten sein („Der Gegenseite wird der Nachweis gestattet, dass ein Schaden oder eine Wertminderung überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale ist.“).
Für den Gegenbeweis reicht es nicht allein aus, dass ein geringerer Schaden entstanden ist. Er muss wesentlich geringer ausfallen. Als Grundregel gilt eine Abweichung um 10%. Wobei bei niedrigen absoluten Pauschalen (z. B. Mahnkosten) kann eine höhere Abweichung erforderlich sein, bei hohen absoluten Pauschalen eine niedrigere Abweichung genügen.
4.3.5.4 Unternehmerischer Verkehr
Nr. 5 besitzt Indizwirkung. Auch im unternehmerischen Verkehr gilt der Grundsatz, dass der Schadensersatz den Schaden ausgleichen, nicht jedoch den Geschädigten bereichern soll.
Der Ausschluss des Gegenbeweises ist im unternehmerischen Verkehr immer unwirksam (Fußnote). Es reicht jedoch aus, wenn der Gegenbeweis durch eine Klausel nur nicht ausgeschlossen wird.
4.3.5.5 Praxis
Als wirksam gelten im Neuwagengeschäft 15% des Kaufpreises beziehungsweise 20% im Gebrauchtwagengeschäft. Bei fabrikneuen Möbeln sind 25-30% des Kaufpreises noch als angemessen zu beurteilen.
Einen höheren Schadensersatz als der pauschalierte darf der Verwender nur fordern, wenn er sich dies in der Klausel ausdrücklich vorbehält.
Folglich sollte der Schadensersatz niedriger kalkuliert und der Vorbehalt auf einen höheren gemacht werden, als bei entgegengesetzter Vorgehensweise die Gefahr der Unwirksamkeit der Klausel zu tragen. Wird die Klausel unwirksam, ändert dies den Schadensersatzanspruch dem Grunde nach nicht (der nun auf gesetzlicher Grundlage gefordert werden muss in der tatsächlichen Höhe im Einzelfall), jedoch reduziert die Pauschale die Kosten der Rechtsdurchsetzung.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014,www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Dezember 2014