Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 17 – Aktien, Medienfonds
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.3.3.1.1. Aktien
Aktien sind Kapitalanteile an einem Unternehmen. Die Aktionäre sind Eigentümer der Aktiengesellschaft. Der Wert von Aktien richtet sich grundsätzlich danach, wie viel der Markt bereit ist, für eine Aktie zu bezahlen. Da diese Zahlungsbereitschaft des Marktes schwanken kann, können auch die Preise für Aktien im Laufe der Zeit beträchtlich schwanken. Der konkrete Preis ist von vielen Faktoren abhängig. Aktien können im freien Handel, also an Börsen gehandelt werden. Dort sind Aktien schnell und einfach verkäuflich.
Beispiel
Empfiehlt eine Bank den Kauf von Aktien, die (noch) nicht frei handelbar sind, muss sie darüber aufklären, dass die Aktien faktisch unverkäuflich sind. Der wirtschaftliche Wert der Aktie liegt in diesem Fall nahe 0 €, weil sie nicht verkauft werden kann.Falls diese Aufklärung nicht erfolgt, liegt eine Pflichtverletzung vor.
Dient die Anlage offensichtlich primär Spekulations- und nicht Anlagezwecken, so sind die Anforderungen an die Beratung geringer. Erkennt der Berater jedoch, dass eine solide Kapitalanlage angestrebt wird oder geht die Kaufinitiative für ein bestimmtes Wertpapier von der Bank aus, so muss er umfassend beraten und vor den Risiken warnen.
Beispiel
Die Sonder Bank empfiehlt ihrem Kunden, Herrn Bauer einen Aktienkauf auf Kredit. Sie muss Herrn Bauer auf das Risiko eines Kursverlustes hinweisen und darauf, dass sich in diesem Fall das Darlehen nicht aus den Einnahmen tilgt, sondern er in diesem Fall das Darlehen mit seinem sonstigen Vermögen tilgen muss.
Zu beachten hat der Berater außerdem die Anlagedauer. Bei kurzfristigen Anlagen und ausländischen Wertpapieren darf er aufgrund der anlegergerechten Beratungspflicht es grundsätzlich nicht unterlassen, auf das Risiko eines Kapitalverlustes hinzuweisen. Der Berater hat dem Kunden mitzuteilen, dass der ausländische Aktienmarkt schwerer als der deutsche überblickt werden kann, also Prognosen sehr ungenau sein könnten.
Beispiel
Die Kölner Bank empfiehlt Herrn Winter eine Anlage in türkische Aktien. Die Bank muss Herrn Winter über die bestehen Risiken hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in der Türkei und dem Wechselkurs aufklären, denn allein aufgrund einer Abwertung der türkischen Währung im Vergleich zum Euro ist ein Kapitalverlust möglich. Findet diese Aufklärung nicht statt, macht sich die Kölner Bank gegenüber Herrn Winter schadensersatzpflichtig.
Wenn der Kunde der Bank eine limitierte Order gibt, welche nicht gleich ausgeführt werden kann, muss die Bank den Kunden auf ein mögliches Preislimit hinweisen.
Zum Mitteilen von Insiderinformationen ist die Bank nicht verpflichtet. Dabei würde sie sich nach § 38 WpHG strafbar machen.
2.3.3.3.2. Medienfonds
Medienfonds dienen der Finanzierung von Medienproduktionen und sind grundsätzlich geschlossen. Das bedeutet, dass wenn das zur Erreichung des Ziels erforderliche Kapital zusammen gekommen ist, keine neuen Anleger mehr hinzukommen und die bisherigen Anleger ihr Geld nicht ohne weiteres zurückziehen können.Medienfonds wurden gerne als Steuerstundungsmodell genutzt. Gerade in den ersten Jahren erwirtschaften die Fonds regelmäßig hohe Verluste, welche teilweise bis zu 100 % von der Steuer abgesetzt werden konnten.
Die steuerliche Gestaltung wird aber mittlerweile von der Finanzverwaltung angezweifelt. Es laufen hierzu Verfahren vor den Finanzverwaltungen und den Gerichten. Dabei wird geprüft, ob die gewährten Steuererleichterungen rechtmäßig waren.
Der Anleger muss deshalb von der Bank darauf hingewiesen werden, dass das Steuersparmodell des vermittelten Medienfonds bisher noch nicht endgültig rechtlich akzeptiert ist. Bei bereits abgeschlossenen Verträgen, bei denen die Finanzverwaltung nun Steuern nachfordert, haben Anleger die Möglichkeit, allgemeine Fehler (z.B. keine Aufklärung über Provisionen) geltend zu machen.
Wenn die Bank bei der Anlageberatung die Anlage wegen Steuersparzwecken empfohlen hat, kann auch wegen einer solchen Falschberatung ein Schadensersatzanspruch bestehen. Dazu muss die Bank aber die Rechtslage schuldhaft falsch eingeschätzt haben (siehe 9.2. Fahrlässigkeit).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015