Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 19 – Swapgeschäfte
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.3.3.3. Swapgeschäfte
Swapgeschäfte sind im übertragenen Sinne Tauschgeschäfte (swap=Tausch). Beim Zinsswap wird z.B. eine variable Zinszahlung gegen eine fixe Zinszahlung ausgetauscht.
Beispiel
Herr Sommer hat bei der Karlsruher Bank ein Darlehen über 200.000 € mit einem marktabhängigem Zinssatz (z.B. 6-Monats-Euribor) zur Finanzierung seines Hauses aufgenommen.
Er möchte aber zur besseren Kalkulierbarkeit über die Laufzeit des Darlehens von 20 Jahren einen festen Zinssatz bezahlen.
Er kann deshalb mit seiner Bank vereinbaren, dass er - unabhängig vom ursprünglichen Darlehen - 5 % Zinsen auf 200.000 € über 20 Jahre an seine Bank zahlt. Im Gegenzug zahlt die Karlsruher Bank an Herrn Sommer über 20 Jahre den marktabhängigen Zinssatz.
Swapgeschäfte können kompliziert sein. Sie können aber auch als wirkungsvolle Mittel zur Absicherung gegen Zins- oder Währungsschwankungen eingesetzt werden. Je nach Ausgestaltung kann ein Swapgeschäft einem Glücksspiel ähneln.
Aufgrund der Pflicht zur objekt- und anlegergerechten Beratung hat der Berater deshalb auf die Einzelheiten der Anlage hinzuweisen und der Kunde sollte bereits Kenntnisse und Erfahrungen mit komplexen Finanzgeschäften haben.
Beispiel
Herrn Stark wird von der Bank Lustig ein hochkomplexer CMS Spread Ladder Swap empfohlen. Dabei ist das Verlustrisiko für Herrn Stark unbegrenzt hoch, für die Bank Lustig allerdings nur eingeschränkt. Die gegenseitigen Zahlungspflichten ergeben sich aus dem Verhältnis zweier marktabhängiger Zinssätze zueinander. Die Karlsruher Bank muss deshalb bei der Beratung dafür sorgen, dass Herr Stark den gleichen Wissensstand wie sie hat.
Selbst wenn Herr Stark Volkswirtschaft studiert hat, darf der Berater der Karlsruher Bank nicht davon ausgehen, dass Herr Stark deshalb das Produkt verstanden hat.
Bringt die Karlsruher Bank Herrn Stark nicht auf ihren eigenen Wissenstand, so dass er das Risiko überschauen kann, verletzt sie ihre Aufklärungspflicht und macht sich schadensersatzpflichtig.
Wenn ein Swapgeschäft von einer Bank mit einem negativen Marktwert eingestuft wird, hat sie dies unter Umständen offenzulegen. Bei einem negativen Marktwert wären Marktteilnehmer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur gegen ein Entgelt bereit, das Geschäft abzuschließen, weil der Markt hier ein Verlustgeschäft vermutet. Dies liegt daran, dass selbst bei einem ausgewogenen Vertrag die Abschlusskosten des Vertrages „erwirtschaftet“ werden müssen.
Wenn die Bank ein Swapgeschäft selbst konstruiert hat und danach von einem negativen Marktwert ausgeht, bedeutet das umgekehrt, dass die Bank für sich selbst einen positiven Marktwert annimmt. Wenn die Bank das Swapgeschäft abschließt, wird der Anleger einen negativen Marktwert haben und die Bank umgekehrt einen positiven. Der Markt würde die Bank als Gewinnerin ansehen. Daraus ergibt sich ein Interessenkonflikt der beratenden Bank. Denn der Verlust des Anlegers ist ihr eigener Gewinn. Die Bank hat deshalb über den negativen Marktwert aufzuklären.
Wenn die beratende Bank jedoch selbst nicht an dem Swapgeschäft teilnimmt, besteht diese Interessenkollision nicht. Auch andere Anlagegeschäfte können einen negativen Marktwert aufweisen, ohne dass darüber aufgeklärt werden muss. In einem solchen Fall liegt bei der Bank, die nicht selbst am Swapgeschäft teilnimmt, keine Interessenkollision vor. Sie muss deshalb nicht über den negativen Marktwert aufklären. Allerdings muss die Beratung im Übrigen wie sonst auch anleger- und objektgerecht sein.
Beispiel
Der Kunde Frei ist ein erfahrener Geschäftsmann. Er hat bereits einige Swapgeschäfte abgeschlossen. Diesmal möchte er einen spekulativen Währungsswap abschließen. Bei seiner Bank Moneytoo wird ihm der Money and Go Swap der Sonder Bank vorgestellt, der einen negativen Marktwert aufweist. Dies wird Herrn Frei nicht mitgeteilt. Die Bank Moneytoo hat damit ihre Aufklärungspflichten gegenüber Herrn Frei nicht verletzt. Eine Aufklärung über den negativen Marktwert wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Bank Moneytoo den Swap selbst ausgegeben hätte.
Ein negativer Marktwert entsteht unter anderem wegen der Abschlusskosten. Diese gehen jedoch an die Sonder Bank, nicht an die Bank Moneytoo. Da die Anlage ansonsten den Wünschen von Herrn Frei entspricht, ist die Beratung nicht zu beanstanden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:
- Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
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- Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
- Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
- Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
- Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
- Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
- Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
- Abwicklung von Leasingverträgen
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- Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
- Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings
Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
- Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
- Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
- Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
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