Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 15 – Rechtsnatur der Abmahnung, Anforderungen an die wirksame Abmahnung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Sandra Kuley
Bachelor of Laws (LL.B.)
3.2. Rechtsnatur der Abmahnung
Die Abmahnung ist eine einseitige geschäftsähnliche Handlung (Willensäußerung)(Fußnote). Eine Abmahnung, die neben der Aufforderung zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung zugleich ein Angebot zum Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrages mit Vertragsstrafenversprechen(Fußnote) enthält, ist als eine Willenserklärung im Sinne des § 145 BGB einzustufen(Fußnote).
Die Frage der Rechtsnatur ist bedeutend für die gestellten Anforderungen an den Zugang der Abmahnung und an den Nachweis der erteilten Vollmacht (3.3.1)(Fußnote).
3.3. Anforderungen an die wirksame Abmahnung
Der Abmahnende muss anspruchsberechtigt sein, um den Rechtsverletzer abmahnen zu können(Fußnote). Wird die Abmahnung nicht von dem Rechteinhaber, sondern durch seinen Vertreter ausgesprochen, bedarf es des Nachweises einer erteilten Vollmacht(Fußnote).
3.3.1. Abmahnbefugnis
Abmahnbefugt sind Mitbewerber ebenso wie Verbände und Kammern gemäß § 8 III Nr. 2 – 4 UWG.
In der Praxis verfasst das Abmahnschreiben nicht der Rechteinhaber selbst, sondern ein von ihm beauftragter Anwalt(Fußnote). Bei der Erklärung der Abmahnung ist es zulässig, sich vertreten zu lassen(Fußnote). Fraglich ist, ob § 174 BGB auf die Abmahnung analog (entsprechend) Anwendung findet. Gemäß § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Nimmt man eine analoge Anwendung des § 174 BGB an, dann wäre in Vertretungsfällen eine Abmahnung ohne Beifügung der Vollmachtsurkunde im Original, wirkungslos, wenn der Abgemahnte die Erklärung des Vertreters (des Anwalts) deswegen unverzüglich zurückweist(Fußnote).
Bezüglich der Anwendung des § 174 BGB werden zwei Fallkonstellationen unterschieden.
Wird neben der Abmahnung, wie üblich, ein Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages mitgeschickt, ist § 174 BGB nicht analog anwendbar(Fußnote).
Im Interesse des Schuldners ist es, die abzugebende Unterwerfungserklärung von der Vorlage einer Vollmachtsurkunde abhängig zu machen(Fußnote). Mittels der Urkunde kann das einzugehende Vertragsverhältnis vorher abgeklärt werden(Fußnote).
Erreicht den Abgemahnten eine isolierte Abmahnung ohne Angebot eines Unterlassungsvertrages (was allenfalls die Ausnahme sein dürfte), dann ist § 174 BGB entsprechend anwendbar und die Abmahnung könnte (nur unverzüglich) zurückgewiesen werden, wenn ihr keine Originalvollmacht beigefügt war(Fußnote). Schließlich entstehen für den Abgemahnten kraft Gesetzes materiell-rechtliche Folgen, wie ein Kostenerstattungsanspruch(Fußnote). Dieser ergibt sich aus § 12 I 2 UWG, wonach der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden kann, soweit die Abmahnung berechtigt ist.
3.3.2. Formerfordernis der Abmahnung
Die Abmahnung selbst unterliegt rechtlich keinem Formerfordernis(Fußnote). Sie kann mündlich wie schriftlich erteilt werden. In der Praxis wird die Abmahnung üblicherweise schriftlich oder zumindest in Textform (E-Mail oder Telefax(Fußnote)) verfasst(Fußnote). Dies empfiehlt sich aus den Gründen der vereinfachten Beweisbarkeit (3.5.1.)(Fußnote). Es wird häufig empfohlen, die Abmahnung als Einschreiben mit Rückschein zu versenden (§ 175 ZPO)(Fußnote).
Eine Zurverfügungstellung von Beweismitteln, wie eine Zeugenbenennung oder eine Beifügung von Belegen, bedarf es nicht(Fußnote).
3.3.3. Inhalt der Abmahnung
Eine Abmahnung enthält in der Regel:
- Vorwurf einer Rechtsverletzung 3.3.3.1.
- Angemessene Fristsetzung 3.3.3.2.
- Unterwerfungsvertrag 3.3.3.3.
- Androhung der Klageerhebung 3.3.3.4.
Mit dem Abmahnschreiben adressiert an den Rechtsverletzer wird eine Rechnung über entstandene Schäden, wie den Rechtsanwaltskosten des Abmahnenden, verschickt.
3.3.3.1. Vorwurf einer Rechtsverletzung
Die beanstandete Rechtsverletzung muss hinreichend genau beschrieben werden(Fußnote). Für den Abgemahnten muss deutlich werden, was ihm vom Abmahnenden in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgeworfen und was von ihm verlangt wird, um einen Rechtsstreit zu vermeiden(Fußnote). Es ist soweit nicht erforderlich, die Einzelheiten des Sachverhalts lückenlos darzustellen, sodass der Abgemahnte mittels der Abmahnung in der Lage ist, den behaupteten Rechtsverstoß rechtlich zu überprüfen(Fußnote).
3.3.3.2. Angemessenheit der Fristsetzung
Der Abmahnende fordert den Rechtsverletzer innerhalb einer angemessenen Frist auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, unter Androhung einer gerichtlichen Durchsetzung bei erfolglosem Fristablauf(Fußnote). Die Einschätzung, ob eine Frist angemessen ist, richtet sich nach der Lage des Einzelfalls(Fußnote). Grundsätzlich muss die Frist so bemessen sein, dass dem Abgemahnten ein ausreichender Zeitraum zur Prüfung und Entscheidung einschließlich der Beratung durch einen Anwalt bereit steht(Fußnote). Ab Zugang der Abmahnung ist eine Zeitspanne von sieben bis zehn Tagen als angemessen anzusehen(Fußnote). In Eilfällen kann diese Zeitspanne wesentlich kürzer sein, sofern die Abmahnung dann nicht entbehrlich ist.
Die Abmahnung entfaltet unschädlich einer zu kurzen unangemessenen Fristsetzung ihre rechtliche Wirkung(Fußnote). An die Stelle der unangemessenen kurz bemessenen Frist, tritt eine angemessene Frist, innerhalb derer der Abgemahnte auf die Abmahnung zu reagieren hat(Fußnote).
3.3.3.3. Unterwerfungsvertrag
Wenn von dem Rechtsverletzer eine Wiederholungsgefahr im Hinblick auf ein beanstandendes Verhalten ausgeht, dann wird er diesbezüglich zur Unterlassung und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung binnen einer angemessenen Frist aufgefordert(Fußnote). Üblicherweise ist dann der Abmahnung bereits ein Angebot (§ 145 BGB) einer vorformulierten Unterlassungserklärung zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages beigefügt, welches der Rechtsverletzer nur noch anzunehmen braucht(Fußnote). Es ist für die Wirksamkeit der Abmahnung unschädlich, ist die Forderung des Abmahnenden in seiner vorformulierten Unterlassungserklärung zu weitgehend oder verlangt er eine zu hohe Vertragsstrafe, sollte der Abgemahnte zuwider handeln(Fußnote).
3.3.3.4. Androhung der Klageerhebung
Der Abmahnende hat dem Abgemahnten zu erkennen zu geben, dass er bei Zurückweisung der Abmahnung oder Nichtabgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterwerfungsverpflichtungserklärung innerhalb einer angemessenen Frist eine Klage auf Unterlassen erheben bzw. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen wird(Fußnote).
Beispiel:
Eine missbräuchliche Abmahnung wird vom BGH vermutet, wenn der Abmahnende nach erfolgloser Abmahnung nur den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten, und nicht den Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend macht(Fußnote). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es dem Abmahnenden um den Verdienst der Abmahnpauschale ging. Dann kann das Gericht wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Abmahnung die Klage auf Zahlung der Abmahnkosten abweisen(Fußnote).
Der Wille andernfalls gerichtliche Schritte einzuleiten, ergibt sich in der Regel bereits aus den Umständen, daher bedarf es häufig keines ausdrücklichen Hinweises darauf(Fußnote). Mit Ankündigung eines gerichtlichen Verfahrens legt der Abmahnende sich nicht auf ein bestimmtes Vorgehen fest(Fußnote).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.
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Harald Brennecke
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Sandra Kuley
Bachelor of Laws (LL.B.)
Stand: Januar 2016
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
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- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
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Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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