Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 14 – Zweck der Abmahnung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Sandra Kuley
Bachelor of Laws (LL.B.)
3. Die Abmahnung
Mit der Registrierung eines Domainnamens und der Nutzung als Webseite können Markenrechte, Rechte an geschäftlichen Bezeichnungen (Unternehmenskennzeichen und Werktitel) oder Namensrechte verletzt sein. Im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren stellt die Abmahnung oder Verwarnung (Fußnote) eine deutlich kostengünstigere und einfachere Alternative dar(Fußnote), um solche Domainstreitigkeiten zu lösen.
Für den Domaininhaber und Webseitenbetreiber kann eine Abmahnung gleichwohl immer noch sehr teuer werden.
3.1. Zweck der Abmahnung
Mit einer Abmahnung richtet sich der Gläubiger (Rechteinhaber/Abmahnende) oder sein Vertreter wegen einer Zuwiderhandlung an den Schuldner (Domaininhaber/ Abgemahnter) mit der Aufforderung, binnen einer festgesetzten Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (3.1.2.) abzugeben(Fußnote).
Zweck der Abmahnung ist es, Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme der Gerichte einvernehmlich beizulegen(Fußnote).
Es werden sowohl die Interessen des Gläubigers als auch die des Schuldners vertreten:
- Streitvermeidungsfunktion 3.1.1.
- Warnfunktion 3.1.2.
- Kostenvermeidungsfunktion 3.1.3.
3.1.1. Streitvermeidungsfunktion
Der Abmahnende erlangt bei Abgabe der verlangten Unterlassungserklärung, ohne Gerichtsprozess, einen mit einer gerichtlichen Entscheidung vergleichbaren Schutz(Fußnote). Er vermeidet damit einen Rechtsstreit. Mit Hilfe der Abmahnung kann der Gläubiger weitere Verstöße unterbinden(Fußnote).
3.1.2. Warnfunktion
Dem Abgemahnten wird die Möglichkeit gegeben, den ihm drohenden Rechtsstreit abzuwenden, bevor ein Gericht angerufen wird(Fußnote). Der abgemahnte Domaininhaber wird auf einen begangenen Rechtsverstoß außergerichtlich hingewiesen und aufgefordert, die von ihm begangene rechtswidrige Handlung zukünftig zu unterlassen(Fußnote). Gleichzeitig wird ihm die Möglichkeit zur Beseitigung gegeben. Andernfalls droht ihm die gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs. Mittels einer einstweiligen Verfügung kann ein Unterlassungsanspruch vor einem Gericht innerhalb von 4 Wochen ab Kenntnis der Verletzung in einem Eilverfahren geltend gemacht werden(Fußnote). Später steht dem Verletzten weiterhin das Hauptverfahren offen.
Um einen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend zu machen, kann eine Unterlassungsklage vom Rechteinhaber eingereicht werden. Alternativ verschafft die einstweilige Verfügung dem in seinen Rechten Verletzten einen vorläufigen Rechtsschutz.
Während ein Klageverfahren mehrere Jahre andauern kann, kann eine einstweilige Verfügung durch das Gericht sogar ohne mündliche Verhandlung innerhalb weniger Tage ergehen. Daher ist die einstweilige Verfügung einer Klageeinreichung grundsätzlich vorzuziehen.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen werden in § 12 I UWG normiert.
§ 12 UWG: Anspruchsdurchsetzung, Veröffentlichungsbefugnis, Streitwertminderung
(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.
(2) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(3) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(4) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
1. die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2. die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3. der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(5) Der Antrag nach Absatz 4 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
Diese Regelung findet nicht nur auf das Wettbewerbsrecht Anwendung, sondern ist bedeutend für alle Bereiche, in denen ebenfalls die Grundsätze der Rechtsprechung angewandt werden(Fußnote). Hierunter fallen der gesamte Bereich des gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht sowie das Kartellrecht(Fußnote).
§ 12 I 1 UWG ist eine Soll- und keine Mussvorschrift(Fußnote). Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist eine vorangegangene Abmahnung oder Verwarnung des Beklagten vor Beantragung der einstweiligen Verfügung nicht gesetzlich vorgeschrieben(Fußnote). Folglich ist der Gläubiger rechtlich nicht dazu verpflichtet, den Schuldner vor der Einleitung des Verfügungs- oder des Hauptsacheverfahrens zu warnen bzw. vorher abzumahnen(Fußnote). Die Abmahnung ist damit kein „Muss“.
In der Regel dient die Abmahnung sowohl der Vorbereitung eines Hauptsache- als auch eines Verfügungsverfahrens(Fußnote).
Ein Hauptsacheverfahren entspricht einem Klageverfahren. Im Unterschied zum Hauptsacheverfahren müssen die Tatsachen im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft gemacht aber nicht bewiesen werden.
3.1.3. Kostenvermeidungsfunktion
Die Abmahnung hat sich aus Gründen der Kostenvermeidung besonders in der wettbewerbsrechtlichen Praxis durchgesetzt(Fußnote). Ohne vorherige Abmahnung riskiert der Gläubiger nämlich, dass er die gesamten Prozesskosten tragen muss(Fußnote).
Der nicht abgemahnte Schuldner kann nach Erlass der einstweiligen Beschlussverfügung den geltend gemachten Unterlassungsanspruch im Prozess sofort anerkennen (§ 93 ZPO)(Fußnote). Im Regelfall wird der Rechtsstreit dann so behandelt, als gäbe es keine Veranlassung zur Klage bzw. zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung(Fußnote). Für eine sofortige Anerkenntnis gibt der Beklagte gegenüber dem Kläger eine ausreichend gesicherte, vorbehalts- und bedingungslose Unterlassungsverpflichtungserklärung ab(Fußnote).
Alternativ könnte der Beklagte seinen Widerspruch gegen die Beschlussverfügung auf die Kosten des Verfahrens beschränken(Fußnote). Als Folge ergeht zwar ein Anerkenntnisurteil zugunsten des Klägers, gleichzeitig werden ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt(Fußnote). § 93 ZPO schützt damit den Schuldner vor übereilten Klagen(Fußnote). Der Gläubiger soll gehalten sein, sich außergerichtlich mit dem Schuldner zu einigen. Damit dient § 93 ZPO der Vermeidung von unnötigen Prozessen(Fußnote).
Der Gläubiger sollte daher abwägen, ob er den Schuldner vorab abmahnt oder nicht(Fußnote).
Anstelle einer sofortigen Anerkenntnis kann der nicht abgemahnte Schuldner sich unterwerfen, indem er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt(Fußnote).
Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Abgemahnte gegenüber dem Abmahnenden verbindlich dazu, ein bestimmtes Verhalten für die Zukunft zu unterlassen.
Damit entfällt die Wiederholungsgefahr, die Voraussetzung für die Klage auf Unterlassung ist(Fußnote). Auf diese Weise wird der Gläubiger zur Klagerücknahme oder zur Erklärung der Erledigung der Hauptsache gedrängt(Fußnote).
Mit Rücknahme einer Klage ist der Gläubiger [Kläger] gemäß § 269 III 2 ZPO verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Stimmt der Schuldner der Erledigung der Hauptsache zu, dann kann er auf diese Weise ebenfalls der Kostenlast entgehen(Fußnote). Dies ergibt sich aus §§ 91 a I 1 i. V. m. § 93 ZPO. Es ist davon auszugehen, dass das Gericht im Rahmen der Kostenentscheidung den Rechtsgedanken des § 93 ZPO heranziehen würde(Fußnote). Somit würden dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens ohne sachliche Prüfung auferlegt werden. Nur im Falle einer Nichtzustimmung zur Erledigung der Hauptsache, mit der Begründung - das ihm vorgeworfene Verhalten, wäre nicht rechtswidrig - kommt das Gericht noch zu einer sachlichen Prüfung(Fußnote). Bei begründeter Klage vor Abgabe der Unterwerfungserklärung, wird mit Feststellungsurteil ausgesprochen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist(Fußnote). Der Schuldner hat dann die Prozesskosten zu tragen.
Hat der Schuldner bereits eine Unterwerfungserklärung abgegeben, dann darf er keinen Kostenwiderspruch gegen die ergangene Beschlussverfügung einlegen(Fußnote). Schließlich bringt er gegen die Beschlussverfügung vor, dass es mangels einer Wiederholungsgefahr an dem Verfügungsanspruch fehle(Fußnote).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.
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Stand: Januar 2016
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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