Besteuerung Personengesellschaften – Teil 08 – Einzelheiten zum Sonderbetriebsvermögen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.3.3 Einzelheiten zum Sonderbetriebsvermögen
Bei der Behandlung des Sonderbetriebsvermögens gibt es noch Einzelheiten zu beachten.
4.3.3.1 Einzelbetriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen
Wirtschaftsgüter eines Mitunternehmers, die dieser unmittelbar einer gewerblichen Personengesellschaft zur Nutzung überlässt, an der er unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, sind unter den Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Beitrags zum Gesellschaftszweck Sonderbetriebsvermögen und zwar auch dann, wenn dieses Wirtschaftsgut bereits Einzelbetriebsvermögen eines eigenen Betriebs war.[1]
Beispiel
Bauunternehmer A unterhält einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Baubetrieb. Im Rahmen dieses Betriebes hat er vor drei Jahren einen Bagger für Ausschachtungsarbeiten gekauft. Da A in den letzten zwei Jahren keine Tiefbauaufträge erhalten hat, vermietet er den in der Bilanz seines Einzelunternehmens ausgewiesenen Bagger an die AB oHG, an der A als Gesellschafter beteiligt ist.
- Da Wirtschaftsgüter auch dann dem Sonderbetriebsvermögen der jeweiligen Personengesellschaft zugerechnet werden, wenn sie bereits vorher zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens gehört haben, wird der Bagger aus dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des A ausscheiden und in das Sonderbetriebsvermögen I des A in der AB oHG überführt. In dem Fall der Vermietung an die oHG, handelt es sich nunmehr um steuerliches Betriebsvermögen des A im Rahmen seiner Beteiligung bei der A und B oHG, handelsrechtlich hat die Einstufung als Sonderbetriebsvermögen dagegen keine Auswirkung. Daraus folgt, dass der Bagger im Beispiel weiterhin in der Handelsbilanz des Einzelunternehmens des A aktiviert bleibt.
Folge der Überführung des Wirtschaftsgutes ins Sonderbetriebsvermögen ist, dass die aus der Vermietung erwirtschafteten Erträge dem A nun als Gewinnbeteiligung aus seiner Beteiligung an der A und O oHG zufließen, dies kann ggf. gewerbesteuerliche Auswirkungen haben.
Eine weitere Auswirkung ist, dass durch die Überführung des Wirtschaftsgutes in das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft eine Einbeziehung dieses Sonderbetriebsvermögens in den Veräußerungsgewinn bei Anteilsveräußerung nach sich ziehen kann.
Veräußert A seine Beteiligung an der A und B oHG, handelt es sich um einen Veräußerungs- und Aufgabegewinn, der begünstigt besteuert werden kann, sowohl für den Fall, dass das Sonderbetriebsvermögen mit der Beteiligung veräußert wird, als auch für den Fall, dass das Sonderbetriebsvermögen ins Privatvermögen des A überführt wird. Bei Veräußerung des einzelnen Wirtschaftsgutes aus dem Einzelunternehmen des A würde eine begünstigte Besteuerung dagegen ausscheiden.
4.3.3.2 Einzelunternehmer als § 4 Abs. 3 EStG-Rechner
Besonderheiten können sich ergeben, wenn ein Einzelunternehmer im Rahmen seines Einzelunternehmens seinen Gewinn mittels Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
Beispiel
Der freiberuflich tätige Rechtsanwalt A ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Er ist gleichzeitig Mitunternehmer der gewerblich tätigen Handels oHG. Im Jahr 01 hat A für die oHG ein Rechtsgutachten erstellt und dafür ein Honorar in Höhe von 50.000 € abgerechnet. Bis zum Ende des Jahres 01 wurden von den 50.000 € Honorar 20.000 € an ihn ausgezahlt. Der A hatte aufgrund seines im Jahr 01 besonders hoch ausgefallenen Gewinns kein Interesse an einer Gesamtbegleichung dieser Forderung.
- Grundsätzlich ermittelt A als freiberuflicher Rechtsanwalt seine Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG, entscheidend kommt es danach auf den Zufluss des Geldes bei A in 01 an. Insoweit hätte A im Rahmen seiner Rechtsanwaltstätigkeit lediglich 20.000 € als Honorar zu erfassen.
Seiner Tätigkeit für die oHG ist jedoch nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu behandeln ist. Folglich sind seine Honorare gewerbliche Einkünfte aus seiner Beteiligung an der Handels oHG. Daraus folgt, dass nicht nur die bereits zugeflossenen, sondern auch die noch nicht zugeflossenen Honorare im Rahmen des Sonderbetriebsvermögens als Sonderbetriebseinnahmen des A zu berücksichtigen sind. Dies gilt zumindest dann, wenn die Handels oHG (was unterstellt werden soll) der Buchführungspflicht unterliegt und somit auch für den Sonderbetriebsvermögensbereich der Gesellschafter ein Betriebsvermögensvergleich durchzuführen ist.
Die noch nicht gezahlten Honorare sind mithin als Ertrag in der Sondergewinn- und Verlustrechnung des A bei der Handels oHG auszuweisen und somit bereits unabhängig vom Zufluss noch im Jahr 01 zu versteuern.
Das bereits ausgezahlte Honorar von 20.000 € ist im Rahmen der Sonderbetriebseinnahmen bei A zu erfassen, mit der Folge, dass es sich nicht um freiberufliche, sondern vielmehr um gewerbliche Einkünfte handelt und diese Einkünfte insoweit mit Gewerbesteuer belastet werden.
4.3.3.3 Schwesterpersonengesellschaften
Bei Schwesterpersonengesellschaften handelt es sich um Personengesellschaften, an denen ganz oder teilweise dieselben Gesellschafter beteiligt sind.
Sofern eine von zwei Schwesterpersonengesellschaften der jeweils anderen Gesellschaft Wirtschaftsgüter zur Nutzung zur Verfügung stellt, stellt sich die Frage, ob - wie beim Einzelunternehmen - eine Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen der Zurechnung zum überlassenden Betriebsvermögen vor geht.
In dieser Fallkonstellation hat der BFH die Zurechnungsproblematik zu Gunsten des eigenen gewerblichen Betriebsvermögens der leistungserbringenden Gesellschaft entschieden.[2] Daraus folgt, dass die von einer gewerblichen Personengesellschaft einer anderen gewerblichen Schwesterpersonengesellschaft überlassenen Wirtschaftsgüter nicht anteilig in das Sonderbetriebsvermögen der an beiden Gesellschaften beteiligten Mitunternehmer bei der nutzenden Gesellschaft übergehen, sondern das Betriebsvermögen vielmehr im Gesamthandsvermögen der überlassenden Gesellschaft bleibt.
Dieser Grundsatz gilt nach dem BFH selbst in den Fällen, in denen eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ausschließlich für die Schwesterpersonengesellschaft tätig wird, beispielsweise durch Vermietung an diese.[3]
Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Bedingungen das Wirtschaftsgut zur Nutzung überlassen wird. Eine Einschränkung erfährt die Rechtsprechung nur in den Fällen, in denen die leistende Personengesellschaft vom beherrschenden Gesellschafter lediglich zwischengeschaltet wird. In diesen Fällen soll der Vorrang des Sonderbetriebsvermögens auch im Fall von Schwesterpersonengesellschaften gelten.
Beispiel
Die gewerbliche ABC oHG vermietet ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück an die AB oHG.
- Das Grundstück bleibt Betriebsvermögen der ABC oHG und die gesamten Mieteinnahmen stellen gewerbliche Einkünfte der ABC oHG dar.
Die Rechtsprechung findet jedoch keine Anwendung auf mehrstöckige Personengesellschaften. Überlässt eine Obergesellschaft ein in ihrem Eigentum stehendes Wirtschaftsgut der Untergesellschaft zur Nutzung, so ist dieses Wirtschaftsgut Sonderbetriebsvermögen der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft.[4]
Für den Fall, dass die überlassende Gesellschaft vermögensverwaltend tätig ist, hat der BFH entschieden, dass die mittelbare Leistung eines Mitunternehmers über einen nichtgewerblichen Personenzusammenschluss immer der unmittelbaren Leistung gleichsteht. Die Rechtsprechung wird damit begründet, dass ansonsten der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt werden kann. Letztlich kann nur durch die Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen eine Gleichstellung der Gesellschafter mit einem Einzelunternehmen erfolgen.
Beispiel
Die AB Vermögensverwaltung GbR erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 02 erwirbt die AB Vermögensverwaltung GbR ein Grundstück, das sie der ABC Bau oHG zur Nutzung mietweise zur Verfügung stellt.
- Die vermögensverwaltende GbR hat kein Betriebsvermögen, so dass die Vermögensgegenstände jeweils anteilig den Gesellschaftern zuzuordnen sind. Die Zurverfügungstellung des Grundstücks wird als Sonderbetriebsvermögen für die Gesellschafter der AB Vermögensverwaltung GbR bei der ABC Bau oHG behandelt. Die Einkünfte aus der Vermietung werden mithin den Gesellschaftern A und B zugerechnet und dem entsprechend ermittelt. [5]
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Besteuerung Personengesellschaften“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6.
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Carola Ritterbach
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Monika Dibbelt
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Stand: Januar 2016
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
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Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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